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Gut zu wissen

Verbrecher wurden in Zürich entweder in den berüchtigten Wellenbergturm (im Bild) oder in das ehemalige Oetenbachkloster gesteckt. Bild: PD

Am Ende wartete das Schafott

Von: Jan Strobel

17. Juni 2014

Die Aufzeichnungen der Familie Beder erlauben einen Einblick in den bisweilen brutalen Zürcher Alltag zwischen 1620 und 1772 – ein Beispiel.

Für die 30-jährige Frau aus Altstetten musste der Moment irgendwann kommen, an dem für ihre gottesfürchtigen Mitbürger das Mass voll war. Denn die Dame hatte ihre Triebe einfach nicht unter Kontrolle, und so bekamen auch die Oberen in Zürich im Jahr 1734 Wind von der Sache. Die Sünde war gross, denn die 30-Jährige war «eine rechte stat und land hur», die ihrer «huren that» schon seit über zehn Jahren unentdeckt nachgegangen und Männer zum Ehebruch verführt haben soll. Hilfe oder gar Verständnis konnte die Frau natürlich nicht erwarten. Sie wählte deshalb eine proaktive Taktik und lieferte sich gewisser­massen gleich selbst der Gerichtsbarkeit aus. Reuig, geradezu selbstquälerisch, forderte sie «ihren verdienten Lohn» für die verruchte Tat. Statthalter Muralt liess die Einsichtige in den Oetenbach-Kerker werfen. Dort lieferte sie auch gleich bereitwillig einige Namen ihrer «Kunden». Die Männer wurden verhaftet und vorerst in den berüchtigten Wellenbergturm verfrachtet. Die eigentliche Demütigung folgte erst ein paar Tage später: Die Ehebrecher wurden bei helllichtem Tag und unter den Augen der Stadtbevölkerung durch die Stras­sen getrieben, heute würde man wohl von einem «Walk of Shame» sprechen. Am Ende erwartete die Männer das Schafott.

Nachzulesen ist dieser Fall in der Beder-Chronik, die jetzt im Chronos-Verlag zum ersten mal in einer buchstabengetreuen Transkription erscheint.                     

Sarah Biäsch, Silvia Klöti-Grob (Hg.): Die Beder-Chronik. Chronos-Verlag ­Zürich, 38 Franken.

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