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Gut zu wissen

Illustrer Gast: Regisseur Fedrico Fellini feierte am Küma. Bild: Willi Wottreng

Kaffeetante und Wederfischnochvogel

Von: Isabella Seemann

10. Dezember 2015

Künstlermaskenball: Der jährliche Küma ging in die Kulturgeschichte Zürichs ein.

Es gehört zum guten Zürcher Ton, sich leicht herablassend über die Fasnacht zu äussern. Dabei darf sich Zürich rühmen, einst Austragungsort der orgiastischsten Fasnachtspartys des Landes gewesen zu sein. Kurz nach dem Krieg, 1947, als Zürich noch eine strenge Kleinstadt und die Polizeistunde strikt auf 23 Uhr angesetzt war, organisierten Zürcher Künstler erstmals einen Maskenball, von Insidern «Küma» genannt. Bald wurde er zum gesellschaftlichen Grossereignis der Boheme und der Bourgeoisie. Künstler und Grafiker wie Alois Carigiet, der Zeichner des Schellen-Ursli, Gottfried Honegger oder Max Bill schufen die Plakate, gestalteten im Kongresshaus die Dekoration oder amteten als Juroren. Die Ballbesucher bastelten wochenlang an den Kostümen, streiften ihre zwinglianische Sprödigkeit ab und «gingen» als Blaues Wunder, Wederfischnochvogel, als Kaffeetante, Tennisball, als Tauchsieder oder als Yellow Submarine. Je skurriler und grotesker desto besser; mehr Dada als herkömmliche Fasnacht. Ordinäre Piraten und Burgfräuleins ab der Stange waren verpönt. 5000 Leute feierten jeweils im Februar drei Tage lang bis ins Morgengrauen ein freudetrunkenes Fest. Varlin, Frisch und Dürrenmatt kamen, sogar Federico Fellini mischte sich unter die Tanzenden. «Es herrschten Flirt und spielerische Erotik», berichtete ein NZZ-Reporter. «Nachher ist Zürich ein Jahr lang wieder nüchterne Stadt.» Mitte der 80er-Jahre ging den Küma-Organisatoren das Geld und der Schnauf aus. Zürich hatte sich gewandelt. Die 24-Stunden-Unterhaltungsgesellschaft setzte sich durch. Über den legendären Zürcher Künstlermaskenball ist im Elster-Verlag ein neues Buch erschienen von Willi Wottreng: «Einmal ­richtig spinnen können», Preis: 48 Franken.

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