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Interview

"Dort liegt Burkina Faso". Beauty-Expertin Bea Petri hat im westafrikanischen Staat eine Berufsschule aufgebaut.

«Burkina Faso ist meine zweite Heimat geworden»

Von: Sacha Beuth

12. November 2013

Sie wurde vom Champagner-Unternehmen Veuve Clicquot zur Schweizer Unternehmerin 2012/2013 gewählt und gilt schon seit Jahren als Koryphäe in Sachen Wellness und Beauty: Bea Petri. Doch die 58-jährige Inhaberin der drei Zürcher Schminkbar-Filialen bewegt sich nicht nur in der Welt der Reichen und Schönen, sondern kümmert sich als Präsidentin des Fördervereins Nas Mode auch um die Ärmsten der Welt. Soeben hat sie in Burkina Faso eine Schule eröffnet, in der junge Einheimische eine Berufsausbildung in den Bereichen Schneiderei, Kosmetik, Coiffure und Maskenbild erhalten.

Tagblatt der Stadt Zürich: Bea Petri, Sie sind gerade aus Afrika zurückgekehrt. Wie verlief die Eröffnung Ihrer Schule?

Bea Petri: Drei Jahre hatte ich Geld für das Projekt gesammelt. Nach diesem Kraftakt war es ein unglaublich schönes und emotionales Ereignis, endlich das fertige und vor allem funktionierende Schulgebäude zu sehen. Die Eröffnung war sehr feierlich, mit traditioneller Musik und Tanz. Die geladenen Gäste, Lehrer und Schüler freuten sich sehr. Beim Durchschneiden des Eröffnungsbandes konnte ich meine Freudentränen kaum zurückhalten.

Wieso braucht es in Burkina Faso eine Schule im Beautybereich? Haben die Einheimischen nicht ganz andere ­Sorgen?

Petri: Das ist die Frage, die mir in diesem Zusammenhang am meisten gestellt wird. Und eigentlich ist sie unnötig. Schönheit hat auch in ganz Afrika einen sehr hohen Stellenwert, und vor allem hat sie eine lange Tradition. Genau wie bei uns gibt es erfolgreiche Coiffeur- und Kosmetikshops an allen Ecken in dieser Stadt, und auch Schneiderateliers sind weit verbreitet. Ein gepflegtes Äusseres vermittelt den Frauen Würde. So haben in Burkina Faso selbst Strassenwischerinnen lackierte oder hennagefärbte Fingernägel. Kosmetik und Pflege hat ausserdem einen positiven Nebeneffekt auf die Gesundheit und Hygiene. Wir arbeiten mit dem Spital von Ouagadougou zusammen, das uns Patienten mit Akne, Ekzemen oder Fusspilz zur Behandlung schickt.

Das erklärt den Bedarf an Berufen im Bereich Kosmetik. Aber Maskenbild?

Petri: In Europa weiss kaum einer, dass auf dem afrikanischen Kontinent nach Indien am meisten Filme produziert werden. In Burkina Faso findet alle zwei Jahre die Fespaco, das grösste afrikanische Filmfestival, statt. Es gibt also auch für Maskenbildnerinnen Arbeit. Seit fünf Jahren betreuen wir die Maske des nationalen Fernsehens RTB. Rund 80 Prozent der Absolventen in allen drei Fachgebieten machen sich im Übrigen auf ihrem erlernten Gebiet erfolgreich selbstständig oder finden einen Job.

Welches sind die grössten Probleme, die Sie als Präsidentin des Fördervereins Nas Mode zu bewältigen haben?

Petri: In der Schweiz genügend Geld aufzutreiben, ist sehr anspruchsvoll. Burkina Faso ist sehr arm, und selbst die Grundnahrung ist teuer. Früchte und Gemüse sind Luxus, meist wird nur Reis, Pasta, Kartoffeln oder Hirse mit Sauce gegessen. So mussten wir auch das Angebot der Schulkantine aus Kostengründen anpassen. Wir ver­suchen nun, Produkte aus den umliegenden Orten zu beziehen. Das ist günstiger, und so profitiert auch die lokale Bevölkerung von der Schule.

Finanziert sich der Schulbetrieb allein aus Spenden?

Petri: Nein, er ist sogar zu etwa 75 Prozent selbsttragend. Von den Behörden erhalten wir keinen Rappen. In vielen Fällen werden die Kosten für einen Ausbildungsplatz von der Familie der Auszubildenden übernommen. Nur für die Ärmsten bezahlt unser Förderverein. Das sind jährlich etwa 11 bis 15 Jugendliche, was bei einer dreijährigen Ausbildung etwa 35 bis 40 Schüler ausmacht, die jährlich ­finanziert werden. Diese wähle ich persönlich bei Besuchen in ihren Familien aus. Das ist nicht einfach und geht unter die Haut.

Wie kam es zu Ihrem Engagement in Afrika?

Petri: 2008 hat mich die Schweizer Hilfsorganisation Swisscontact angefragt, ob ich in Burkina Faso unentgeltlich im Bereich Kosmetik und Maskenbild unterrichten wolle. Ich stimmte gerne zu, obwohl ich keine Ahnung hatte, was mich erwartete. So kam ich in die damals sehr bescheidene Nas-Mode-Schule von Safi Ouattara und war beeindruckt von ihrem Engagement und ihrer Persönlichkeit. Es war gegenseitige Sympathie auf den ersten Blick. Zugleich öffnete mir der Aufenthalt die Augen. Ich erkannte, wie gut es mir in der Schweiz geht. Nachdem ich einen Monat unterrichtet hatte, beschloss ich, mich auch künftig für Safi und ihre Schule einzusetzen. Mit meinem eigenen Geld habe ich eine erste Renovation bezahlt und zugleich den Förderverein gegründet. Inzwischen ist Burkina Faso meine zweite Heimat geworden.

Wie unterscheiden sich Unterricht und Unterrichtsrahmen von dem einer Schweizer Berufsschule?

Petri: Beim Unterricht selbst gibt es nur wenige Unterschiede. Allerdings ist das allgemeine Bildungsniveau in Burkina Faso tiefer, da viele Schüler nur wenige Jahre zur Schule gehen. Bei Nas Mode wird darum nicht nur Berufskunde, sondern auch andere Fächer wie Französisch gelehrt. Unterschiede bei den Rahmenbedingungen gibt es vor allem beim Arbeitstempo, welches in Afrika wegen der grossen Hitze verständlicherweise langsamer ist. Zudem erschweren Sand und Staub, die durch alle Ritzen dringen, die Bedingungen.

Sie reisen viel zwischen der Schweiz und Burkina Faso. Was macht Ihnen im jeweiligen Land am meisten Mühe, und auf was freuen Sie sich jeweils?

Petri: In Burkina Faso freue ich mich auf die fröhlichen Menschen, besonders auf Safi. Weniger erträglich sind Hitze und Malariaprophylaxe, die mich spürbar müde machen. Zurück in der Schweiz schätze ich das saubere Trinkwasser und das Bad in einer Badewanne. Gleichzeitig störe ich mich an der verbreiteten Unzufriedenheit und an teilweise masslosen Ansprüchen.

Nas Mode

Nas Mode wurde 2001 von Safi Ouattara in Ouagadougou, Burkina Faso, gegründet. Ihren Namen erhielt die Schule zu Ehren von Safis Onkel Nas, der ihr und ihren Geschwistern eine Berufsausbildung finanziert hatte. Wegen Platzmangels ist die Schule dieses Jahr in ein Gebiet ausserhalb der Stadt verlegt und am 26. Oktober eingeweiht worden. Sie nimmt nun rund 200 Schüler – meist junge Frauen – auf und beschäftigt 22 Lehrkräfte. Als Direktorin wirkt weiterhin Safi Ouattara. Weitere Infos zum Projekt sowie Hinweise für Spenden unter Tel. 044 383 11 87 oder www.nasmode.com.

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