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Interview

«Das Spektakel bei Art on Ice ist unerreicht»

Von: Sacha Beuth

02. Februar 2016

Denise Biellmann hat die Schweizer Eiskunstlaufszene und auch «Art on Ice» geprägt wie keine andere. Die 22. Ausgabe der Gala wird die 53-jährige Zürcherin als Zuschauerin im Hallenstadion (4. bis 7. Februar) verfolgen – mit nostalgischen Gefühlen, aber ohne Wehmut.

Denise Biellmann, 2003 gaben Sie Ihr letztes Gastspiel bei Art on Ice. Tun Sie sich nicht schwer damit, einfach nur zuzusehen, statt mitzumachen?

Nein. Ich könnte zwar leistungsmässig mithalten – den dreifachen Salchow habe ich immer noch drauf – da ich nach wie vor trainiere und in Shows auftrete. Aber bei Art on Ice ist es auch schön, einfach auf der Tribüne zu sitzen und die Darbietung zu geniessen. Abgesehen davon bin ich bei dieser ­Veranstaltung immer fehlerfrei gelaufen. Diese makellose Bilanz soll bestehen bleiben. Und ich will mein Nervenkostüm schonen.

Inwiefern?

Eine Show ist für mich wie ein Wettkampf. In Zürich, vor Heimpublikum, wollte ich immer eine besonders gute Performance liefern. Und darum war ich auch ­immer besonders nervös.

Können Sie sich noch an die Art-on-Ice-Premiere von 1995 – damals noch «Eiskunstlauf der Weltklasse» genannt – erinnern?

Oh ja, das war in Küsnacht und zugleich mein erster Auftritt an der Gala. Zu unserer grossen Freude kamen viel mehr Besucher, als wir erwartet hatten. Bald gab es keine freien Parkplätze mehr, es entstand ein ­Riesenchaos, und die Show konnte erst eine ­halbe Stunde später als geplant ­beginnen. Trotzdem war die Show ein voller Erfolg.

Sie sind an vielen internationalen Eisshows aufgetreten. Wie unterscheidet sich Art on Ice von diesen?

In der Vielfältigkeit des Programms und der ausgefalleneren Bühnentechnik. Oliver Höner und Reto Caviezel (die Organisatoren von Art on Ice, die Red.) ­haben grossartige Arbeit geleistet. Das Spektakel bei Art on Ice ist unerreicht.

Anders als bei Wettbewerben werden Eisläufer bei Art on Ice statt ab Band live von Musikern begleitet. Ein grosse Umstellung?

Durchaus, und zwar für beide Parteien. Es braucht viel Einfühlungsvermögen, damit die gemeinsame Darbietung funktioniert. Man muss bereit sein zu Änderungen.

Welcher Musiker hat Sie während Ihrer Art-on-Ice-Karriere am meisten beeindruckt?

Da gab es mehrere. Sicher einmal Chris de Burgh. Er ist nicht nur ein sehr unkomplizierter und sympathischer Mensch, sondern hat seinerzeit auch aus eigenem Antritt seinen Song «Lady in Red» so umarrangiert, dass meine Figuren auf dem Eis besser zur Geltung kommen. Auch Zucchero war auf und neben der Bühne toll. Und bei Montserrat Caballé hat mich ihr unglaubliches Stimm­volumen beeindruckt.

Wer sollte unbedingt noch für die Gala engagiert werden?

Robbie Williams wäre mein absoluter Wunschkandidat. Aber ich vermute, dass dessen Gage für Oliver und Reto zu hoch ist. Bei der aktuellen Ausgabe freue ich mich am meisten auf Jessie J.

Zurück zu Ihrem Fachgebiet. Inwieweit hat sich Eiskunstlauf in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten verändert?

Die einzelnen Darbietungen sind heute mit technischen Elementen vollgepackt. Dadurch leidet der künstlerische Teil. Es gibt mehr 3-fach-Sprungkombinationen, und der Wechsel an der Spitze erfolgt schneller. Die veränderte Benotung ist gerechter, wenn auch für das Publikum weniger attraktiv. Bei den Frauen war ich meiner Zeit voraus, es werden immer noch die gleichen 3-fach Sprünge gezeigt. Bei den Männern hingegen werden heute 4-fache gesprungen.

Auch die nach Ihnen benannte Biellmann-Pirouette sieht man heute selten sauber. Wem gelingt Sie nebst Ihnen gegenwärtig am besten?

National meiner Eiskunstlauf-Schülerin Alisha Frischknecht. International der Japanerin Mao Asada.

Stéphane Lambiel und Sarah Meier haben nach ihrem Rücktritt aus dem Wettkampfsport eine grosse Lücke im Schweizer Eiskunstlauf hinterlassen. Warum wurde diese bislang noch nicht adäquat gefüllt?

Einerseits weil wir nicht eine so grosse Auswahl an Talenten haben wie etwa die USA oder Russland. Andererseits weil es nicht nur Talent braucht, sondern das gesamte Umfeld stimmen und man vor gravierenden Verletzungen verschont bleiben muss. Als Trainerin ist es aber mein Ziel, meinen Schülerinnen und Schülern nicht nur die Begeisterung für den Sport zu vermitteln, sondern ein oder zwei von ihnen auch an die Spitze zu ­führen.

www.artonice.com

Zur Person

Denise Biellmann kommt am 11. Dezember 1962 in Zürich zur Welt. Mit 7 schlüpft sie das erste Mal in die Schlittschuhe und fängt sofort Feuer. Ein Jahr später gewinnt sie in Belgien bereits ihren ersten internationalen Wettkampf. 1979 wird sie EM-Dritte und holt an der Schweizer Meisterschaft ihren ersten von drei Titeln. An den Olympischen Spielen in Lake Placid (USA) 1980 wird sie in der Kür Erste (4. Schlussrang). 1981 gewinnt sie sowohl EM wie WM. Kurz darauf wechselt sie zu den Profis und wird dort in der Folge 11-mal Weltmeisterin. 1995 wird sie zur Schweizer Sportlerin des Jahrhunderts gewählt und 2014 in die World Figure Skating Hall of Fame aufgenommen. Heute tritt Biellmann immer noch in Shows auf und unterrichtet Eiskunstlauftalente auf der Dolder Eisbahn.

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