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Interview

«Wie aus der Welt gekippt»: Satiriker-Duo Christoph Grissemann (l.) und Dirk Stermann. Bild: Udo Leitner

"Die Zürcher Zuschauer könnten auch Wiener sein"

Von: Jan Strobel

05. April 2016

Kabarett: Dirk Stermann und Christoph Grissemann sind das bekannteste Satiriker-Duo Österreichs. Am 21. April treten die beiden im Rahmen eines Österreich-Specials im Miller’s Studio auf.

Dirk Stermann, zusammen mit Christoph Grissemann kommen Sie mit Ihrem Programm «Für die Eltern was Perverses» ins Miller’s Studio. Welche Perversionen werden Sie dem Zürcher Publikum zumuten?
Stellen Sie sich vor: Meine Eltern, die ich abgrundtief hasse, steckten mich in ihrem Safari-Park in ein Tierkostüm. Sie zwangen mich dazu, in diesem Kostüm aufzutreten. Jetzt räche ich mich an ihnen.  Meine Kindheit war also ziemlich traumatisch. Und auch Christoph Grissemann hat mit seinen Traumata zu kämpfen. Er spielt zum Beispiel einen neurotischen Hobby-Pantomimen, der niemandem vertrauen kann und seine Mutter quält.

Klingt nicht nur pervers, sondern auch völlig grotesk.
Natürlich ist das pure Fiktion. Im Kern geht es in unserem Stück um zwei Männer, alte Fernsehstars, die jetzt als Nachbarn in ihren Eigenheimen vor sich hinleben, am Rande des Nervenzusammenbruchs. Sie erwarten nichts mehr. Ihr Leben ist belanglos geworden. Sie führen eine Existenz, die wie aus der Welt gekippt wurde. Das Stück öffnet die Tür ins Alltagsleben dieser beiden Figuren und auch in die Abgründe des Showgeschäfts. Für dieses Stück haben wir unser Duo  zum Trio erweitert. Oliver Welter von der österreichischen Rockband Naked Lunch gibt den lebenden Plattenspieler.

Glauben Sie, dass das Zürcher Publikum diese absurde Komik goutieren wird?
Wir treten ja immer sehr gern in Zürich auf. Dabei stellen wir jedes Mal fest: Die Zürcher Zuschauer könnten auch Wiener sein. Es gibt tatsächlich keine grossen Unterschiede. Wobei es natürlich auch sein kann, dass in Zürich nur Wiener in unsere Vorstellungen kommen. Dann sähe die Sache wieder etwas anders aus. 

Als Aussenstehender hat man manchmal das Gefühl, die Österreicher treibe eine dunkle Lust am Abgründigen und Perversen. Der Wiener Talkmaster Hermes Phettberg liess sich in einer Sendung fesseln und auspeitschen. Die Künstler der Wiener Aktionisten arbeiteten mit Tierkadavern. Andererseits kommt Österreich wieder zuckersüss daher – mit Mozart und Sissi. Erklären Sie uns dieses Land.  
Ich denke, eine wichtige Rolle spielt in Österreich der Katholizismus, der tief in unserer Kultur verwurzelt ist. Du kannst herumferkeln und danach einfach zur Beichte gehen. Und dann kommt noch die Sprache dazu. Bei einem Österreicher klingt selbst das Perverse und Abgründige noch melodiös und irgendwie hübsch. Erstaunlich finde ich, wie wenig Schweizer und Österreicher voneinander wissen. Es gibt zum Beispiel auch nur wenig Schweizer Kabarettisten, die in Österreich auftreten. Es ist, als ob uns der Arlberg trennen würde. Vergessen wir einmal Vorarlberg, das Bundesland gehört ja eigentlich sowieso zur Schweiz. 

Mit der Schweiz ging Ihr Duo ja nicht immer zimperlich um. In Ihrer Satireshow «Willkommen Österreich» bezeichneten Sie das Land einmal als «Schurkenstaat», «Asylantenhölle», «Drogenmoloch» und «den Irak Europas».
Das war 2008, anlässlich unserer gemeinsamen Fussball-EM. Die Reaktion der Schweizer war dabei grossartig. Als Revanche schlug der «Blick» mit einer Österreicher-Witz-Attacke zurück. Das hatte Format.

Stermann & Grissemann
Dirk Stermann (50) und Christoph Grissemann (49) bilden das bekannteste Satiriker-Duo Österreichs. Seit 1991 treten sie gemeinsam mit eigenen Bühnenprogrammen auf und betreiben daneben verschiedene Sendungen in Radio und Fernsehen, seit 2007 zum Beispiel die Satire-Late-Night-Show «Willkommen Österreich» auf ORF 1. Dabei sorgen sie immer wieder
für Kontroversen. Nachdem die Satiriker etwa den verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider persifliert hatten, kam es zu Morddrohungen gegen sie.  

Für die Schweizer Premiere von «Für die Eltern was Perverses» verlosen wir 3 x 2 Tickets. Mail an: gewinn@tagblattzuerich.ch. Wo: Miller’s Studio, Seefeldstrasse 225, 8008 Zürich. Wann: Donnerstag, 21. April, 20 bis 22 Uhr. Weitere Vorstellungsdaten: www.millers-studio.ch  

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