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Interview

Im Falle eines Blackout (hier in den USA) weiss er, was zu tun ist: Markus Meile ist Stabschef der städtischen Führungsorganisation. Bilder: PD

"Jeder sollte Vorräte für drei Tage haben"

Von: Clarissa Rohrbach

26. Januar 2016

Was wären die Folgen, wenn der Strom über mehrere Tage ausfallen würde? Und wie ist die Stadt dafür gewappnet? Experte Markus Meile erklärt.

Herr Meile, Sie diskutierten kürzlich an einem Kongress bei der Empa die Folgen eines Blackouts. Wie würde es in Zürich aussehen, wenn der Strom komplett ausfallen würde?
Markus Meile: Zürich, wie wir es kennen, käme zum Erliegen. Alles wäre dunkel, die Leute würden auf der Strasse herumlaufen, fast keiner würde mehr seiner Arbeit nachgehen können. Weil die Heizungen nicht mehr funktionierten, wäre es in den Wohnungen rasch kalt. Lahmgelegte Trams würden die Strassen blockieren, Autos würden im Stau stehen, weil die Ampeln ausgeschaltet wären. Läden wie Migros und Coop hätten ihre Türen geschlossen, da die Kassensysteme ausgefallen sind.


Was machen die Leute, die keine Vorräte zu Hause haben?
Sie könnten höchstens in den Quartierläden einkaufen. Aber nur solange das Bargeld reicht, denn die Bancomaten fielen ja ebenfalls aus. Deswegen sollte jeder, wie der Bund empfiehlt, einen Vorrat für mindestens drei Tage zu Hause haben. Ich glaube allerdings auch an Solidarität. Die Erfahrungen mit dem Hurrikan Katrina zeigen, dass sich in der Not Gruppen von Nachbarn bilden, die sich gegenseitig unterstützen.


Zürich hat 87 Notbrunnen. Würde also das Wasser ausreichen?

Ja, das Trinkwasser ist bei einem Black­out garantiert. 15 Liter Quellwasser pro Person und Tag könnten die Zürcher an den Notbrunnen holen. Nach spätestens ein bis zwei Tagen könnte man mit der Notstrom­anlage im Hardhof auch Grundwasser in die Häuser pumpen.


Bis die Pumpe aktiviert wird, kommt kein frisches Wasser in den Toilettentank. Würde die Stadt zu einer öffentlichen Kloake?
Wahrscheinlich würden viele ihre Notdurft draussen verrichten, und Zürich würde am einen oder anderen Ort übel riechen.


Ohne elektronische Geräte wäre man sicher abgeschottet.
Ja, die Kommunikation bricht zusammen. Da die Sendemaste kein Sig­nal mehr an die Handys schicken, könnte man seine Bekannten nicht kontaktieren. Man würde Informationen nur noch mit batteriebetriebenen Radios oder im Auto empfangen. Die Behörden würden an verschiedenen Orten in der Stadt «Infopoints» einrichten, um die Bevölkerung zu informieren.


Wären die Spitäler überlastet?
Es gäbe aufgrund der Dunkelheit und der Kälte vermutlich mehr Unfälle und Einweisungen. Die Spitäler sind zwar vorbereitet und verfügen über Notstromaggregate, trotzdem wäre die Hilfe nur reduziert möglich.


Wie kommt es zu einem Blackout?
Unser Strom wird in ein europaweites Netz eingespeist. Sind Angebot und Nachfrage nicht ausgeglichen, kommt es zu einem Spannungsabfall: Der Strom stellt ab. Grund dafür sind meistens Naturereignisse, zum Beispiel ein Sturm. Die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts ist aber sehr klein. Trotzdem hat der Krisenstab der Stadt Zürich dieses Szenario 2014 geübt. Zürich ist vorbereitet.

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