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Interview

TeleZüri-Boss Gilli: «Wir sind uns treu geblieben»

Von: Andy Fischer

23. Mai 2012

TeleZüri gehört zu Zürich wie das Grossmünster. Und dies seit bald 18 Jahren. Am 3. Oktober 1994 moderierte die heutige «10 vor10»-Frau Daniela Lager die erste Newssendung des von Medienpionier Roger Schawinski gegründeten Senders. TV-Boss Markus Gilli spricht im «Tagblatt»Interview über die gute alte Zeit, über Federn von toten Tieren und über die Zukunft des Privatsenders.

Tagblatt der Stadt Zürich: Markus Gilli, herzliche Gratulation. Ihr Kind wird bald volljährig.

Markus Gilli: Danke! Es kommt uns aber vor, als gäbe es den Sender schon viel länger.

Die sogenannten Fachleute gaben TeleZüri damals keine grossen Chancen. Fernsehen, so meinten sie, könne man nur in Leutschenbach machen.

Gilli: Für mich hat sich die Story einfach wiederholt. Genau dieselben Argumente hatte ich 15 Jahre vorher bei Radio 24 gehört. Das Projekt wurde als Kindergarten-Radio abgetan. Dann haben wir während der Jugendunruhen gezeigt, was wir auf dem Kasten haben.

Die Schwarzmaler behielten nicht recht. Der Sender gewann rasch die Gunst des Publikums. Wie erklären Sie sich den Erfolg?

Gilli: Wir sind uns treu geblieben. Wir machen, was wir können, und ganz einfach, was das Publikum von uns will.

Was auffällt: TeleZüri bleibt immer gleich. Man nehme eine Prise News, etwas Info, lösche das ganze mit einem Talk ab und fertig ist das TVMenü. Warum so fantasielos?

Gilli (energisch): Wir haben jede Menge Fantasie. Wir haben beispielsweise Swissdate durch Swissdinner ersetzt. Eine Sendung, die hervorragend ankommt. Am Format – da haben Sie recht – hat sich nicht viel geändert. Aber wir arbeiten an den Inhalten. Ein Züriinfo beispielsweise kommt heute völlig anders daher als noch vor ein paar Jahren. Ich wiederhole mich: Wir machen, was möglich ist. Wenn wir jetzt auch noch so etwas wie ein Dschungelcamp ins Programm aufnähmen, würde uns das finanziell zu sehr belasten. Dass wir die richtigen Entscheidungen treffen, zeigen die Zuschauerzahlen. Tag für Tag schalten sich rund 500 000 Zuschauer zu. Das ist ein enormer Wert.

TeleZüri ist so etwas wie ein Durchlauferhitzer für TV-Mitarbeiter. Daniela Lager, Eva Wannenmacher, Reto Brennwald, Sandro Brotz oder Urs Schnellmann waren gestern alle noch bei TeleZüri, und heute glänzen sie beim Schweizer Fernsehen. Es muss frustrierend sein, als Farmteam des staatlichen Gebühren-Kolosses zu fungieren.

Gilli: Die Abwanderung bei TeleZüri ist heute bedeutend kleiner als noch vor fünf Jahren. Aber dass wir immer wieder Spitzenleute ans SF verlieren, zeigt doch auch, dass wir hier einen guten Job machen.

Und was ist mit Ihnen? Seit 1999 sind Sie Programmleiter bei TeleZüri. Als Talker der Nation hats ja bestimmt auch mal das eine oder andere Angebot reingeschneit?

Gilli: Das ist schon so. Aber ich habe hier einen Traumjob. Viele meiner Kollegen sind entweder im Programm tätig oder amten in der Geschäftsleitung. Ich mache beides. So ein tolles Angebot konnte mir bisher noch niemand machen.

Drauf steht TeleZüri. Drinnen sind aber immer mehr Berichte und Reportagen aus der halben Schweiz. Wann taufen Sie TeleZüri in Tele Mittelland um?

Gilli: Das machen wir natürlich nie. Unser Konzept ist einfach. Wir berichten darüber, was in Zürich Gesprächsstoff ist. Das tut die Immunitätsdiskussion um Christoph Blocher genau so wie der schreckliche Carunfall im Wallis. Aber der überwiegende Teil unseres Inhalts bestreiten wir mit Themen aus der Region.

Wo haben Sie eigentlich ihre Bettdecke gekauft?

Gilli (lacht schallend): Sie erwarten bei Fischer Bettwaren?

Genau!

Gilli: Ich brauche tatsächlich demnächst eine neue Bettdecke. Und ich werde sie dann auch bei Fischer Bettwaren kaufen. Versprochen.

Es ist ja fast schon absurd. Da verspricht der ältere Herr im TV-Spot für seine Firma, dass er nur Federn von toten Tieren verarbeite und er wird mit dem absolut einfach gestrickten Filmchen zur wahren Kultfigur.

Gilli: Die Einfachheit und die Tatsache, dass er als Chef für seine Firma hinsteht, genau das ist der Erfolg dieser Werbung. Und der Spruch mit den Federn von den toten Tieren ist genial. Fischer hat einen grossen Erfolg mit dieser Werbung.

TeleZüri feiert diesen Herbst wie gesagt seinen 18. Geburtstag. Auch Ihr Sender kommt immer mehr unter Druck vom Internet. Wo steht TeleZüri in zehn Jahren?

Gilli: Die Distribution von Fernsehen wird sich stark verändern. Fernsehen wird mobiler. Man wird künftig nicht mehr nur einfach in den Tigerfinken daheim vor der Glotze sitzen, Chips essen und ein Bier trinken. Sondern schaut auch unterwegs. Darum werden wir unseren Webauftritt und unsere Apps massiv verbessern. In zehn Jahren wird es uns noch geben. Aber man wird uns auf verschiedene Arten empfangen.

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