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Interview

Bruno Fässler will den Zürchern einen guten Service bieten. Bild: Nicolas J. Aeby

"Wegen der Steuerrechnung sollte niemand k.o. gehen"

Von: Andy Fischer

13. Februar 2013

Bis Ende März muss die Steuererklärung 2012 eingereicht sein. Wie geht man beim Ausfüllen am besten vor, welches sind die häufigsten Fehler, die die Zürcher dabei machen, warum überweisen einzelne Einwohner freiwillig ihr ganzes Vermögen dem Steueramt, und wie viele der geforderten Gelder muss sich die Stadt pro Jahr ans Bein streichen? Bruno Fässler, Direktor des Steueramts der Stadt Zürich, erklärts im grossen Interview.

Bruno Fässler, haben Sie Ihre Steuererklärung schon ausgefüllt?

Bruno Fässler: Nein, so schnell geht das nicht. Meine Frau ist selbstständig erwerbend – bis sie die Buchhaltung gemacht hat, brauchts noch ein Weilchen. So Ende März reiche ich sie aber ein.

Und Sie füllen sie natürlich eigenhändig aus.

Fässler: Ja. Und ich mach das sogar sehr gern. Dabei kann ich meine diesbezüglichen Fähigkeiten wieder auffrischen.

Und ein ganzer Samstag geht für diesen Krampf drauf.

Fässler: Also von einem Krampf kann keine Rede sein. Das Entscheidende ist, dass man die nötigen Unterlagen gut aufbewahrt und dann zur Hand hat. Ich brauche maximal eine Stunde.

Sie sind der oberste Steuervogt der Stadt. Was ist der Kick, den man bei dieser Arbeit hat?

Fässler: Was heisst schon Steuervogt? Raubritter! (lacht) Im Ernst. Bei der Arbeit geht es ja nicht nur um den Kick. Die Aufgabenstellung lautet: Wie kann ich den Einwohnerinnen und Einwohnern eine möglichst gute Dienstleistung gewährleisten, wie kann ich das Steueramt möglichst modern gestalten und gleichzeitig dem gesetzlichen Auftrag nachkommen? Das alles ist eine grosse Herausforderung.

Werden die Steuererklärungen mehrheitlich fristgerecht eingereicht?

Fässler: Grossmehrheitlich schon. Es gibt Rentner, die die Steuererklärung bereits einen Tag nach Erhalt tipptopp ausgefüllt abliefern.

Und wenn man es nicht so eilig hat, kann man ja immer noch eine Fristverlängerung beantragen.

Fässler: Immer mehr Steuerpflichtige machen Gebrauch von dieser Möglichkeit. Inzwischen sind es 45 bis 50 Prozent. Sehr viele davon sind Selbstständigerwerbende, die aus buchhalterischen Gründen die ordentliche Frist nicht einhalten können.

Wie sieht es mit der Zahlungsmoral aus? Wie viele «Kunden» müssen Sie im Durschnitt pro Jahr betreiben?

Fässler: Circa fünf Prozent der 235 000 Steuerpflichtigen. Aber Abschreibungen gibt es fast keine. Von 100 geforderten Steuerfranken werden über 99 Franken bezahlt. Ein sehr guter Wert.

Wurden Sie jemals vom Steueramt gemahnt?

Fässler: (lacht) Nein. Ich bezahle immer pünktlich.

Wenn jemand jetzt wirklich nicht zurechtkommt mit der Steuererklärung, darf er dann beim Steueramt anrufen und um Rat bitten?

Fässler: Unsere Mitarbeiter im Callcenter beantworten Fragen zu Steuerrechnungen. Bedürftige Steuerpflichtige, die Unterstützung brauchen, können sich unangemeldet am Schalter melden. Dort ziehen sie wie auf der Post ein Ticket – es kann dann aber sein, dass sie wegen grossen Andrangs nicht am selben Tag drankommen. Es gilt «first come, first serve». Wir beraten Jahr für Jahr Tausende Personen – und zwar völlig gratis.

Seit vergangenem Jahr gibts ja die sogenannte E-Steuererklärung. Welches sind die ersten Erfahrungen mit dieser Onlinevariante?

Fässler: Beim Pilotversuch im vergangenen Jahr haben ungefähr sechs Prozent der Steuerpflichtigen mitgemacht. Über die Hälfte war im Alter zwischen 26 und 35 Jahren. Wir rechnen mit einer starken Zunahme in den kommenden zwei Jahren.

Auf welche drei Punkte muss man vor Einreichen der Steuererklärung am meisten achten?

Fässler: Punkt 1: Nicht vergessen, die Steuererklärung oder die Freigabequittung zu unterzeichnen. Punkt 2: Die Belege zusammen mit dem Belegverzeichnis einreichen und Punkt 3: Falls die Steuererklärung noch von Hand ausgefüllt wird, am besten die Originalformulare verwenden, die das Steueramt zugestellt hat. Grund: Auf den Originalformularen sind verschiedene Daten aufgedruckt, welche die Verarbeitung erleichtern.

Das Steueramt ist ja fast schon auch eine Bank. Das heisst, wenn ich im Voraus zu viel einbezahle, kriege ich 1.5 Prozent Zins. Ein gutes Geschäft – die Banken bezahlen massiv weniger. Warum diese Grosszügigkeit?

Fässler: Wir sind froh, wenn rechtzeitig – oder sogar im Voraus – bezahlt wird. Aber es gab tatsächlich schon Personen, die uns als Bank missbrauchen wollten und ihr Vermögen in der Höhe von mehreren Hunderttausend Franken einbezahlten. In solchen Fällen bieten wir natürlich nicht Hand und senden das Geld ohne Zins sofort zurück.

Jemand hat sein Budget nicht im Griff und geht fast k. o, wenn die Steuerrechnung kommt. Was raten sie solchen Leuten?

Fässler: Also k. o. gehen sollte wegen einer Steuerrechnung niemand. Niemand sollte über seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit belastet werden. Das ist ein Verfassungsgrundsatz. Personen, die trotzdem Mühe haben, raten wir zu einem monatlichen Dauerauftrag. Wir haben das zwar nicht so gern, aber es ist immer noch besser, als in die Bredouille zu kommen.

Die Banken liefern nicht mehr so viel ab wie auch schon?

Fässler: Das ist so. Und solche Ausfälle kann man nie ganz auffangen. Aber positiv zu sagen ist, dass sich in Zürich immer mehr juristische Personen, also Unternehmen, ansiedeln. Seit 2009 stieg diese Zahl um 3000 auf 24 800 – ein toller Wert, der sich natürlich auch positiv auf die Steuereinnahmen auswirkt.

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