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Interview

«Jeder kann helfen, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen»: Stadtrat Andreas Hauri. Bild: Stadt Zürich

«Wir sind gut vorbereitet»

Von: Aufgezeichnet von Sacha Beuth

03. März 2020

Das Coronovirus bewegt Zürich. Statt in einer Persönlich-Kolumne nimmt Andreas Hauri als Vorsteher des Gesundheitsdepartements darum in einem Interview Stellung – und betont die Wichtigkeit der Hygienemassnahmen.

Die Zahl der Infizierten steigt immer mehr. Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern wurden untersagt. Eine Massnahme, die weder bei SARS noch der Schweinegrippe getroffen wurde. Wie bedrohlich ist die Situation für die Bevölkerung von Zürich?

Andreas Hauri: Im Moment hat der Bundesrat die besondere Lage ausgesprochen (Stand Dienstag, 9.30 Uhr, die Red.). Für die Stadt Zürich bedeutet dies: Wir sind gut vorbereitet, nehmen aber die Situation ernst. Ärztinnen, Ärzte und Pflegende in den städtischen Spitälern, Pflege- und Alterszentren und die Mitarbeitenden der Spitex leisten rund um die Uhr grossartige Arbeit, weshalb sie einen besonderen Dank verdienen. Dabei richten sie ihr Augenmerk auf diejenigen, die besonders gefährdet sind: die ältere Bevölkerung der Stadt Zürich. Sie braucht in diesen Tagen besonderen Schutz. Die Bedrohung in der Stadt Zürich ist vergleichbar mit der übrigen Schweiz. Falls die Situation bedrohlicher wird, werden Bund und Kanton kommunizieren.

Die Massnahmen und Empfehlungen zum Infektionsschutz wurde vom Bund, genauer dem BAG, festgesetzt. Was unternehmen die städtischen Behörden darüber hinaus, um die Bevölkerung zu schützen?

Häufiger von einem schweren Erkrankungsverlauf betroffen sind vorwiegend ältere Menschen und Personen mit einer chronischen Vorerkrankung (insbesondere Bluthochdruck, Herz- und Lungenerkrankungen, Diabetes oder Erkrankungen, die das Immunsystem beeinträchtigen). Wir haben deshalb Vorkehrungen getroffen und städtische Veranstaltungen für die ältere Bevölkerung vorübergehend abgesagt. Weiter empfehlen wir allen, die in den letzten 14 Tagen in einem betroffenen Gebiet im Ausland waren, für die nächsten zwei Wochen auf einen Besuch bei älteren und hochaltrigen Menschen abzusehen.

Müssten demzufolge Spitäler und Altersheime nicht schon jetzt abgeschirmt werden?

Es findet kontinuierlich eine Risikoabschätzung statt. Diese wird fortlaufend in allen Bereichen den Erfordernissen angepasst (bei Alters- und Pflegezentren, Spitälern und anderen Betrieben der Stadtverwaltung). Da sich die Situation laufend ändern kann, empfehlen wir die tägliche Information auf der Website des BAG. Sollte man private Besuche generell einschränken? Das BAG macht zurzeit keine solchen Handlungsempfehlungen. Aber jeder kann helfen, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Befolgen Sie die vom Bund empfohlenen Hygieneregeln: Gründlich Hände waschen, in Taschentuch oder Armbeuge husten und niesen, Hände schütteln vermeiden und bei Fieber und Husten zu Hause bleiben. Im Fall von Krankheitssymptomen wenden Sie sich telefonisch an Ihren Hausarzt oder an das Ärztefon des Kantons, Telefon 0800 33 66 55.

Was ist mit den ÖV? Hier kommen sich die Leute ebenfalls sehr nahe.

Die Stadt Zürich vollzieht auch beim ÖV die Empfehlungen des BAG und der Gesundheitsdirektion. Aktuell gibt es zur Benutzung des ÖV in der Schweiz keine Einschränkungen, dies kann sich aber rasch ändern.

Die Schulen bleiben vorerst offen, weil Kinder weniger gefährdet sind als ältere Personen. Was, wenn sich der Virus dort ausbreitet und dann an den Wochenenden an Grosi und Grosspapi weitergegeben wird?

Das BAG, der Kantonsärztliche Dienst und die Stadt Zürich berücksichtigen bei ihren Verhaltensempfehlungen die aktuellen Erkenntnisse der Infektionserkrankung. Kinder sollen ebenfalls die Hygienemassnahmen des Bundes befolgen und wenn möglich nicht von älteren Personen beaufsichtigt werden. Wir bitten die Eltern, ihre Kinder bei den Hygienemassnahmen zu unterstützen.

Gibt es einen städtischen Pandemieplan?

Ja, die Stadt Zürich hat einen Pandemieplan. Die Stadt muss in ihrer Funktion als dritte Staatsebene (neben Bund und Kanton) das Notwendige vorkehren, um die Bevölkerung zu schützen. Dazu gehört auch, dass vitale Service-Public-Dienstleistungen sicherzustellen sind. Zu diesen gehören zum Beispiel Sicherstellung der Strom- und Wasserversorgung, die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung oder Gewährleistung einer lebenserhaltenden medizinischen Versorgung. Die Stadt ist auch Arbeitgeberin und führt eigene Betriebe. In dieser Funktion muss die Stadt dafür sorgen, dass die einzelnen Dienstabteilungen ihren Betrieb so weit notwendig weiterführen können und Schutzmassnahmen für die Gesundheit der Arbeitnehmenden ergreifen.

Viele Leute tätigen Hamsterkäufe bei Lebensmitteln und besorgen sich massenhaft Schutzmasken und Desinfektionsmittel. Wie sinnvoll sind solche Aktionen?

Es ist nicht nötig, sich nun mit Lebensmitteln auf Vorrat einzudecken. Das BAG empfiehlt aktuell gesunden Personen kein Tragen von Hygienemasken. Das Tragen einer Maske kann ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen. Hygienemasken sollen in erster Linie verhindern, dass eine erkrankte Person andere Personen ansteckt (kollektiver Schutz).

Durch die Einschränkungen erleiden einige Branchen starke Einbussen. Werden diese durch die Behörden entschädigt?

Im Grundsatz sieht das Epidemie-Gesetz keine Entschädigungen vor. Unternehmen können Anträge auf Kurzarbeit stellen, zudem gibt es für KMU speziell ein Handout auf der Webseite des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco).

Wie geht es weiter? Kann man die Ausbreitung des Virus überhaupt in den Griff bekommen?

Infektionen durch Viren treten leider immer wieder auf. Diese können je nachdem lokal begrenzt bleiben oder wie im Fall von Covid-19 (Synonym für Coronavirus) die ganze Welt erfassen. Man weiss in der Zwischenzeit, dass die überwiegende Mehrzahl der Erkrankten die Infektion gut übersteht.

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