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Lifestyle

Der Chef des Brockenhauses: Ueli Müller führt das Geschäft seit sechs Jahren mit Freude und Engagement.

Bücher, Möbel, Kitsch

Von: Ginger Hebel

28. Juli 2014

Das Secondhand-Warenhaus an der Neugasse 11 feiert sein 110-Jahr-Jubiläum. Und es ist neuerdings auch eine Touristenattraktion für Japaner.

Es vergeht kein Tag, wo Geschäftsführer Ueli Müller nicht neugierig durch die Warenannahme geht und schaut, welche neuen Möbelstücke den Weg ins Brockenhaus gefunden haben. «Vintage-Kommoden oder Beizentische , die gehen blitzschnell weg.» Wer ein Stück ergattern will, braucht Glück – der Schnellere ist auch hier der Geschwindere.

Das Brockenhaus an der Neugasse 11 ist ein Secondhand-Warenhaus auf drei Stockwerken: Kleider, Bücher, Haushaltsartikel, Antiquitäten, Kitsch – von der Gabel bis zum Tisch. Wie vor 110 Jahren bekommt man hier noch heute gepflegte Ware zu einem guten Preis. Der Reinerlös kommt seit eh und je gemeinnützigen Institutionen zugute. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich aber auch vieles verändert – die Klientel und das Kaufverhalten. «Früher war das Brockenhaus für die Armen da, heute ist das ganz anders», sagt Ueli Müller. Heute kommen nicht mehr diejenigen, die hier einkaufen müssen, weil sie sich nichts anderes leisten können. Stattdessen stöbert Jung und Alt durchs Brockenhaus auf der Suche nach Originellem, das heraussticht aus dem Möbeleinerlei. «Kronleuchter sind sehr beliebt, gerade bei den Jungen, oder kleine Lampenschirmchen mit Stoff, die liegen im Trend.»

Auch die Ameise, der berühmte Holzstuhl von Arne Jacobsen, oder Stühle von Horgenglarus sind Objekte der Begierde. «Möbeltrends orientieren sich mittlerweile sehr stark an der Mode, gekauft wird nach Farben», erklärt Ueli Müller. Er selber wäre allerdings ein schlechter Kunde, denn er behält Möbel gerne möglichst lange. «Für mich werden sie mit den Jahren immer schöner.» Kürzlich war das japanische Fernsehen hier, seither fahren Busse voller Japaner vor dem Brockenhaus vor. «Sie schauen sich fasziniert um, fotografieren, sie haben Freude an unserem Haus, das freut auch mich.»

Noch heute holt das Brockenhaus gratis Möbel ab, die man nicht mehr haben möchte. «Jedoch nur Dinge, die wir verkaufen können. Ein Nussbaumbuffet mit Silberbesteckschublade, das kriegt man heute nicht mehr weg, das ist den meisten zu wuchtig, zu dunkel», sagt Ueli Müller. Wohnungsauflösungen seien eine heikle Sache. Manchmal nimmt er ein Möbel aus Respekt nur deshalb mit, weil er es nicht übers Herz bringt, es vor den Augen der Besitzer zu verschrotten. Über eine halbe Million Artikel gehen im Jahr über den Ladentisch, darunter 2500 Bücher – im Monat. Die Secondhand-Buchhandlung des Brocken­hauses ist eine der grössten der Stadt. Viele Leute kommen hierher, um in Ruhe zu lesen und an der Sirupbar einen Sirup zu trinken.

Am 1. August eröffnet die hauseigene Polsterei, wo man Möbel mit dem Lieblingsstoff beziehen oder reparieren lassen kann. Für Weihnachten ist sogar eine eigene Kollektion geplant, mit Stühlen und Biedermeiersofas aus bordeauxrotem Samt und Plüsch. Ueli Müller: «Altes Handwerk stirbt überall. Wir bauen es auf, mitten im Kreis 5.»

www.zuercher-brockenhaus.ch

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