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Lifestyle

Beni Frenkel ist Primarlehrer in Zürich.

"Der Sohn: Stubenrein"

Von: Beni Frenkel

21. Juli 2015

Letzten Samstag habe ich im «Tages-Anzeiger» ein verlockendes Wohnungsinserat entdeckt: 4,5 Zimmer mit Balkon für 3300 Franken. Für zürcherische Verhältnisse ist das nicht viel. Ausserdem: Die Wohnung hat viel zu bieten: GK, GS, WS und TU. Und dann liegt die Wohnung auch noch ganz in der Nähe der berühmten Mahmoud-Moschee (das ist die mit dem Minarett!).

«Oh, Allah, ich komme!», wollte ich schon jubeln, da las ich noch die letzten zwei Wörter: «Keine Kinder». Mist! Ich habe drei Kinder. Das ist gar nicht gut. Ob ich traurig bin? Schon ein bisschen. Andererseits lese ich solche Inserate nicht zum ersten Mal. Als Wohnungsaspirant habe ich in Zürich schlechtere Karten als ein kiffender Alki, der laute Musik liebt. Damit muss ich leben.

Dann habe ich aber weitergelesen. Unter «Gesuche» stellte sich eine Familie vor: «ruhige Familie (2 Erw., 1 Sohn 13 J.)». Ob die so eine Wohnung finden? Ich denke nicht. Um Kinder hassende Vermieter zu beruhigen, müsste man mehr machen: «Sehr ruhige Familie. Vater ist nie zu Hause, Mutter 50 Prozent in der Migros, sonst in der Küche. Der einzige Sohn (seine Mutter ist übrigens sterilisiert): stubenrein. Der Junge hört keine Musik und hat keine Freunde. Er liest den ganzen Tag Manga-Comics und hält sich fern von: Tabak, Alkohol und Mädchen. Er grüsst immer schön. Sein von Akne geplagtes Gesicht ist in ärztlicher Behandlung.»  So kommt man wenigstens unter die ersten 100 Bewerber.

Ich habe drei sehr laute Kinder. Die springen in der Wohnung herum. Das jüngste macht immer noch in die Windeln, das älteste wirft Wasserbomben auf die Strasse, und das mittlere singt «Happy Birthday!» auf der Toilette. So wird das nichts.

Was ist Ihre Meinung? Schreiben Sie uns: echo@tagblattzuerich.ch

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