mobile Navigation

Lifestyle

Druckfrisch: Bücher der Frühjahrsausgabe 2020 der Edition Unik. Bild: PD

Die Lust am eigenen Buch

Von: Ginger Hebel

18. Mai 2020

Schreibprojekt: Den ruhigen Frühling nutzten viele Zürcherinnen und Zürcher, um zu schreiben. Dank des Kulturprojekts Edition Unik halten 69 Personen jetzt ihr eigenes Buch in den Händen. 

end des Lockdowns beinahe still. Viele nutzten diese Zeit und schrieben sich Kummer und Sorgen, aber auch fröhliche Gedanken von der Seele. Die Zürcherin Hedi Merki Nadarajah hat sich ebenfalls an den Computer gesetzt und ihr eigenes Buch geschrieben – als Teilnehmerin der Edition Unik.

Vor gut fünf Jahren hat Frerk Froböse, Projektleiter beim Kulturunternehmen Heller Enterprises, das Zürcher Schreibprojekt ins Leben gerufen. Knapp 500 Bände stehen inzwischen im Regal. Zweimal jährlich finden Schreibrunden statt, in denen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre eigenen Geschichten zu Papier bringen. Eine spezielle Schreibsoftware führt in den drei Etappen «Erinnerungen sammeln», «Geschichten sortieren» und «Buch gestalten» zum Ziel. «Wir geben den Schreibenden keine inhaltlichen Vorgaben, wir lesen auch nicht mit, aber wir leiten sie und stehen ihnen bei inhaltlichen und technischen Fragen zur Seite», erklärt Frerk Froböse.

Alter, Abschied, Corona

Die Corona-Krise hat viele Menschen in ihrer Kreativität beflügelt. 69 Personen, von anfänglich 81 Teilnehmenden, haben in der aktuellen Schreibrunde ein Buch fertiggestellt. Hedi Merki Nadarajah hat die herausfordernden Zeiten genutzt, um in Ruhe auf ihr Leben zurückzublicken und Erlebtes festzuhalten. Ihren Erstling «Griessbrei» schrieb sie für ihre Tochter. In ihrem zweiten Buch «durezieh und abelahh» verarbeitet sie Themen, die sie bewegen – Pensionierung, Abschied, Corona. Auch ihre Hochzeitsreise vor 24 Jahren ins Tessiner Hotel Corona spielt darin eine Rolle. Bevor das Virus die Freiheiten der Menschen einschränkte, verstarb ihr Vater. «Nicht gemeinsam mit der Familie trauern und einander umarmen zu können, war sehr schwierig für mich», erzählt die 65-Jährige. Sie hat erfahren, was es bedeutet, plötzlich – aufgrund des Alters – zur Risikogruppe zu gehören und das Gefühl zu haben, sich nicht mehr frei bewegen zu dürfen. Doch sie hat für sich einen Weg gefunden, damit umzugehen. Nach einigen Wochen der Isolation nimmt sie jetzt wieder am Leben teil. Sie setzt sich auch wieder in die öffentlichen Verkehrsmittel – mit Maske.

 

In ihrem Buch schreibt sie über das Leben in ihrem Alter, die Pensionierung, über die Waldspaziergänge in Zeiten von Corona und stundenlange Telefonate mit ihren Bekannten. «Viele meiner Beziehungen wurden durch Corona neu belebt, auch wenn ich viele Leute nicht persönlich treffen konnte.» 17 Wochen bis zum Buch Hedi Merki Nadarajah arbeitete Vollzeit bis zur Pensionierung und zog ihre Tochter alleine gross. Im neuen Lebensabschnitt hat das Schreiben einen wichtigen Platz eingenommen. «Es ist wichtig, Kompetenzen zu haben, das macht den Einstieg in die Pensionierung leichter», ist sie überzeugt. Der Gedanke wächst, für das nächste Buch die Familiengeschichte ihres Vaters zu erforschen und damit den Blick in eine andere Zeit zu lenken. «Die Edition Unik gibt mir die Möglichkeit, mich mit anderen Teilnehmenden auszutauschen und bei Fachpersonen Rat zu holen. Die zeitliche Vorgabe ist zudem sehr motivierend.» Eine Schreibrunde dauert 17 Wochen – von der Idee bis zum leinengebundenen Buch.

Projektleiter Frerk Froböse freut sich, dass trotz Corona so viele Menschen an ihrem Buchprojekt festhielten und es zu Ende brachten. «Wir suchen keinen Bestseller-Autor, aber wir unterstützen Schreiblustige bei ihrer wertvollen Arbeit.»

Weitere Informationen: Die Zürcher Herbstrunde 2020 beginnt Mitte August. Die Teilnahme am Projekt kostet 550 Franken, zwei Buchexemplare inbegriffen. www.edition-unik.ch/anmeldung

www.edition-unik.ch

zurück zu Lifestyle

Artikel bewerten

Gefällt mir 1 ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare