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Lifestyle

Das schönste an Weihnachten ist für Weihnachtshasser der Morgen des 27. Dezember. Bild: iStock

Die schlimmste Zeit des Jahres

Von: Jan Strobel

15. Dezember 2015

Weihnachten: Es gibt Menschen, die können die Festtage nicht ausstehen. Auch die Forschung befasst sich bereits mit diesen «Weihnachtshassern».

Wenn Katja M. durch das weihnachtliche Zürich läuft, ist das für sie keineswegs ein zauberhaftes Erlebnis. Im Gegenteil: Je weihnachtlicher es um sie herum wird, um so     schlechter wird ihre Laune: «Mir graut! Wenn es nur schon vorbei wäre! Geschenke kaufen, vollgestopfte Läden, das Dekorieren, diese doofen Tannenbäume, Verwandtenbesuche. Ich kann schon die Guetzli nicht mehr sehen, die seit Oktober in den Supermarkt-Regalen stehen. Eigentlich waren diese Feiertage auch nur als Kind schön.» Man könnte Katja M. so kurz vor dem grossen Fest als mieseptrige Spassbremse betrachten. Doch sie ist mit ihren Gefühlen keineswegs alleine. In Internetforen und auf sozialen Netzwerken ist der Hass auf Weihnachten ein Thema, das breit diskutiert wird. Auf Facebook haben sich diverse Weihnachtshasser-Gruppen gebildet. Was die User besonders aufregt ist der Kommerz und der Konsum, der an Weihnachten Urständ feiert. In der Öffentlichkeit allerdings wagt es kaum jemand, sich dem Weihnachtstrubel einfach zu entziehen. Gehasst wird vorwiegend im Stillen vor dem Weihnachtsbaum.

Auch die psychologische Forschung hat sich dieses spassbefreiten Phänomens in den letzten Jahren angenommen. Die Rede ist dort zum Beispiel vom so genannten «Weihnachts-Paradox»: Die nicht-materialistischen Werte des Christentums, die auch Menschen mit keinem religiösen Bezug verinnerlicht hätten, würden an Weihnachten auf den grössten Kommerztag des Jahres treffen, was unweigerlich einen Nährboden für Konflikte erzeuge. Studien legen nahe, dass dabei der bedeutendste Stressauslöser, der zündende Funke während der Feiertage, neben der finanziellen Situation die Familie darstellt. Andere Forscher sehen wiederum in den überzogenen Erwartungen an das Fest, befeuert vom Konsum, eine Quelle für Enttäuschung und Missstimmung.

Der Wunsch, sich all dieser Unbill entziehen zu wollen, ist für Psychonalaytiker Allan Guggenbühl durchaus berechtigt. Aber: «Weihnachten», so Guggenbühl, «konfrontiert einen immer auch mit sich selbst. Und viele möchten Konflikten einfach ausweichen. Wer sich entzieht, muss sich auch bewusst sein, dass er einen kollektiven, gesellschaftlichen Code verletzt und mit entsprechenden Reaktionen zu rechnen hat.» Weihnachten sei ein Ritual, das seine Wurzeln schon in vorchristlicher Zeit habe. «Das Schlemmen, der Genuss, das ausgiebige Feiern und Konsumieren - das sind wichtige Konzessionen an unsere niederen Instinkte. Und Geschenke stärken schliesslich seit jeher Beziehungen zwischen den Menschen.»

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echo@tagblattzuerich.ch

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Leserkommentare

Alfred Steiner - Ich bin froh,lebe ich in Asien. Hier ist nicht so viel Weihnachtsterror. Lustig finde ich es allerdings in Thailand, wo die Menschen 90% buddistisch sind und trotzdem wird gefeiert, alleine schon des Feierns willen.

Vor 8 Jahren 4 Monaten  · 
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