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Lifestyle

Hausmann oder Geldverdiener?

Von: Clarissa Rohrbach und Jan Strobel

24. September 2013

92 Prozent der Väter arbeiten Vollzeit trotz Kindern. Drei Männer erzählen, wie sie den Spagat zwischen Beruf und Familie schaffen. Heute Abend diskutieren im Kunsthaus Prominente darüber.

Grégoire Schuwey (46), Vater von Cléo (5) und Meret (10):

Er war derjenige, der unbedingt Kinder wollte. «Meine feminine Seite ist stark ausgeprägt», sagt Grégoire Schuwey dazu. Nun haben er und seine Frau Corinne zwei Mädchen, der Vater arbeitet 60 und die Mutter 50 Prozent. Anfangs war der Turn- und Sportlehrer noch zu 100 Prozent angestellt. «Ich merkte aber bald, dass ich das nicht wollte.» Weil Samstag und Sonntag einfach nicht ausreichten, um mich zu erholen und auch noch Zeit mit den Töchtern zu verbringen. «Damals musste ich am Mittag schlafen, um Energie aufzutanken.» Heute widmet er zwei Tage die Woche sich und seinen Kindern. «Es war schon immer klar für mich, dass ich mich um sie kümmern will.» Auf keinen Fall möchte Schuwey wichtige Momente wie Abendessen, ins Bett bringen oder Geburtstage verpassen. Er will erleben, wie seine Mädchen aufwachsen. Zuvor hatten Schuwey und seine Frau schon alles ausdiskutiert. «Es war vereinbart, dass wir beide arbeiten gehen.» Deswegen findet er, dass alle Väter das Recht auf eine Teilzeitanstellung haben. In seinem Umfeld gehen alle Väter ähnlich mit ihrer Rolle um. «Bekannte schätzen unser Modell», erklärt Schuwey. Auch wenn Vatersein nicht immer einfach ist. «Das Anstrengendste ist, immer wieder zu wiederholen, was sie erledigen müssen.» Wenn er die Nase voll habe, sage er gar nichts mehr und ziehe sich fünf Minuten zurück, um Gitarre zu spielen. In dieser kurzen Zeit kann er sich sammeln und auftanken. «Aber auch die schwierigen Momente sind toll, voller Emotionen. Es ist unsere gemeinsame Geschichte, die zählt.» CLA

Philipp Müller (31), Vater von Paulina (2½) und Julietta (45 Tage):

«Arbeiten und gleichzeitig Vater zu sein, bedeutet, dass viel los ist. Aber ich will viel», meint Phi­lipp Müller. Der 31-Jährige wünschte sich früh Kinder, weil er so mehr Energie für sie hat. Paulina kam vor zweieinhalb Jahren auf die Welt, als er und seine Freundin noch studierten. Die Eltern helfen seitdem finanziell. «Das ist ein grosses Pri­vileg, welches unsere Situation entspannt.» Vor fast drei Monaten wurde die zweite Tochter, Julietta, geboren. Im Unterschied zur ersten Tochter, bei deren Geburt Müller vier Monate zu Hause verbrachte, arbeitet er jetzt 80 Prozent als Leiter der Raumvermietung im Zentrum Karl der Grosse. Wenn er dann Sorgen vom Job ins private Leben mitträgt, gibt es manchmal Streit. «Ich liebe sowohl den Job als auch meine Familie und habe das Gefühl, mir fehle für beides Zeit.» Am Montag ist Müllers Vatertag, während die Partnerin studiert. Er macht den Haushalt, geht einkaufen und trifft Freunde. Zu Hause herumzusitzen, würde ihn und die Töchter langweilen. Drei Tage pro Woche verbringt die ältere Tochter in der subventionierten Kita. Falls in Zukunft seine Partnerin 100 Prozent arbeiten will, kann sich Müller vorstellen, die Kinderbetreuung phasenweise zu übernehmen. «Es braucht viel Kraft, aber das konservative Familienmodell finde ich einfach zu einseitig.» Denn Mann und Frau sollten sich sowohl dem Beruf als auch der Familie widmen können. «Wenn jeder sein Gärtchen hätte, wäre das vielleicht einfacher. Aber mit der Aufteilung von Haushalt und Kinderbetreuung können meine Partnerin und ich vieles gemeinsam aushandeln, und ich habe eine lebendige Beziehung zu meinen Kindern.» CLA

Romeo Coletta (42), Vater von Cristian (4):

«Ich möchte meinem Sohn Cristian meine Wurzeln weitergeben», sagt Romeo Coletta und bringt damit sein ganz persönliches Credo des Vaterseins auf den Punkt. Der Kern liegt in der Familie, im «Familiensinn», wie er präzisiert. «Die Familie ist der Motor, oder, wenn Sie wollen, das Benzin, das diesen Motor am Laufen hält.» Coletta und seine Frau leben ihrem Sohn Werte vor, die bereits ihre italienischen Eltern und Grosseltern mit Selbstverständlichkeit verinnerlichten: Der Vater ist zuerst einmal der Freund. Er hat aber auch eine klar umrissene Vorbildfunktion einzunehmen und ist für den Sohn naturgemäss eine starke Autorität, die die Richtung weist. Die Mutter wiederum ist der emotionale und gefühlsbetonte Mittelpunkt, der Geborgenheit vermittelt. «Als Familie bilden wir ein Team, das sich gegenseitig Kraft gibt. Wir decken uns den Rücken», schiebt Coletta nach. Er weiss, dass er gerade für gewisse urbane Schweizer ein traditio­nelles Elternbild vertritt. Er weiss auch, dass es für so manchen jungen Vater heute fast schon skandalös daherkommt, wenn er sagt: «Meine Frau hat als Hausfrau den schönsten Job der Welt, und sie liebt diesen Job. Wer das nicht verstehen kann, hat schlicht keinen Respekt vor ihren Entscheidungen.» Der Respekt untereinander ist es auch, der für Coletta eine gelungene Gleichstellung ausmacht. «Mit Geschlechtern hat das für mich einfach nichts zu tun.» Zurzeit arbeitet Coletta noch 100 Prozent als Chefeinkäufer bei einer Privatbank. «Da bin ich aber ziemlich an meine Grenzen gestossen», gibt er zu. «Darunter hat auch die Familie gelitten. Deshalb werde ich bald auf 80 Prozent reduzieren.» Vor kurzem hat sich Coletta eine teure Armbanduhr geleistet. «Diese Uhr soll Cristian einmal bekommen, und er soll sie an seine Kinder weitervererben.» JS

 

Podiumsdiskussion:

Was ist ein guter Vater? Einer, der viel Zeit mit den Kindern verbringt? Oder einer, der viel arbeitet und für finanzielle Sicherheit sorgt? Heute Abend diskutieren prominente Väter über ihre Rolle und ihr Engagement in Beruf und Familie.

Vortragssaal Kunsthaus, 18 Uhr, mit anschliessendem Apéro, Eintritt frei.

Podiumsgäste: Martin Vollenwyder (Alt-Stadtrat), Walter Leimgruber (Kulturwissenschaftler), Christian Traber (Gemeinderat), Stefan Kohler (Radiomoderator), Andreas Borter (Vizepräsident Männer.ch).

Weitere Angebote zur Vereinbarung von Beruf und Familie finden Sie unter www.stadt-zuerich.ch/gleichstellung

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