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Die Stacheln schützen den Igel nicht vor dem Verlust des Lebensraums in der Stadt Zürich. Bild: PD

Igel-Alarm in Zürich

Von: Isabella Seemann

20. Oktober 2020

Stadttiere: Bevor die Igel in den Winterschlaf gehen, gibt es eine schlechte Nachricht zu vermelden: In der Stadt Zürich ist die Population der stacheligen Tiere in den letzten 25 Jahren markant geschrumpft.

Mit Anbruch der Dunkelheit raschelt es im Gebüsch, unter Hecken oder im Unterholz. Wer Glück hat, kann derzeit Igel auf Futtersuche beobachten, die sich ihren Vorrat für den Winterschlaf anfressen.

Noch in den 1990er Jahren waren die stacheligen Tierchen in der Stadt Zürich weit verbreitet. Grund für die «Landflucht» war, dass der Igel in den durchgrünten Wohnquartieren der Stadt abwechslungsreiche Nahrung und sichere Plätze für den Winterschlaf fanden. Denn aufgrund der Intensivierung der Landwirtschaft wurden die ländlichen Gebiete monotoner und strukturärmer. Doch jetzt zeigt eine von der Forschungsgemeinschaft SWILD im Projekt StadtWildTiere durchgeführte und kürzlich in der Fachzeitschrift Animals publizierte Studie erstmals, dass die Igel nun auch in der Stadt Zürich unter Druck geraten und der Bestand rückläufig ist.

Die Grundlagen der Studie sind die Daten aus zwei Citizen-Sci­ence-­Projekten: ein aktuelles Projekt der Beobachtungsmeldeplattform StadtWildTiere aus den Jahren 2016 bis 2018 und ein For­- schungsprojekt aus dem Jahr 1992. Damals wurde die Bevölkerung von Zürich mittels Meldekarten aufgerufen, Beobachtungen von Igeln zu melden. Zudem wurden Igel in zwei Untersuchungsgebieten mittels Telemetrie erforscht und anhand von Igelzählungen eine Populationsschätzung vorgenommen. Diese Daten wurden verglichen mit den neuen Untersuchungen im Rahmen des CitizenScience-Projekts StadtWildTiere, welches mit der Stadtbevölkerung Beobachtungen von Igeln auf der Meldeplattform stadtwildtiere.ch sammelt.

900 statt 1500 Igel

Im Jahr 2016 wurde zusätzlich die Verbreitung der Igel systematisch mittels Spurentunnel in der Stadt Zürich erfasst, unter Mithilfe der Bevölkerung. Spurentunnel sind eine gängige wildtierbiologische Methode, bei welcher plastifizierte Kartontunnel, bestückt mit Farbkissen und Papierstreifen, im Lebensraum der Igel aufgestellt werden. Läuft ein Igel durch einen Spurentunnel, hinterlässt er seine Fussabdrücke auf dem Papier. Die Spuren geben damit Aufschluss über das Vorkommen des kleinen Wildtiers. Zudem wurde 2017 die Bestandesgrösse mit der Fang-Wiederfang-Methode erfasst. Der Vergleich der Daten aus den zwei Citizen-Science-Projekten zeigt auf, dass die Igelpopulationen in den letzten 25 Jahren stark zurückgegangen sind: Die Bestandesgrösse in der Stadt Zürich hat sich um 40 Prozent reduziert, von rund 1500 auf weniger als 900 Igel, und das von Igeln bewohnte Stadtgebiet ging um 18 Prozent zurück.

Die Gründe für diesen markanten Rückgang sind zurzeit noch weitgehend unklar. Als Ursachen des Rückgangs könnten verschiedene Faktoren wie die zunehmende Verdichtung des städtischen Lebensraums, eine Abnahme der Artenvielfalt in Gärten, zunehmende Undurchlässigkeit des Lebensraums durch Strassen, Mauern und Zäune, der Einsatz von Pestiziden, eine Zunahme der Dachspopulation, der zunehmende Autoverkehr sowie Parasiten oder Krankheiten eine Rolle spielen. Die Ergebnisse sind besorgniserregend, da sie darauf hindeuten, dass Igel nicht nur auf dem Land, sondern auch in den Städten, wo die grünen Wohngebiete als Refugien für den Kulturfolger Igel galten, zunehmend unter Druck geraten. Die Forschungsgruppe plant weitführende Untersuchungen zur Klärung der Ursachen des Rückgangs.

Weitere Informationen: Beobachtungen von Wildtieren (möglichst mit Foto) können hier gemeldet werden:

www.stadtwildtiere.ch

 

 

 

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