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Lifestyle

Zwischen Genie und schönem Wahnsinn

Von: Isabella Seemann

19. April 2016

BÜCHER: 2016 feiert Zürich Conrad Gessner und Dada mit zahlreichen Jubiläumsveranstaltungen. Das Tagblatt stellt die passende Literatur dazu vor.

Der Da Vinci Zürichs

Urs B. Leu: «Conrad Gessner – Universalgelehrter und Naturforscher der Renaissance», Verlag NZZ Libro, März 2016, 48 Franken.

Hrsg: Urs B. Leu, Mylène Ruoss: «Facetten eines Universums – Conrad Gessner 1516–2016», Verlag NZZ Libro, März 2016, 34 Franken.

Als Conrad Gessner am 16. März 1516 in Zürich geboren wird, befindet sich die Welt im Umbruch. Kolumbus hatte die Neue Welt entdeckt, Gutenberg den Buchdruck erfunden, Kunst und Kultur setzen schöpferische Kräfte frei, die Wissenschaft erlebt eine Revolution. Freilich deutet nichts darauf hin, dass Conrad als Fünftes von acht Kindern eines Kürschners dereinst einer der grössten Universalgelehrten Europas werden sollte, «der Leonardo da Vinci der Schweiz», wie ihn sein Biograph Urs B. Leu nennt. Da das Familieneinkommen kaum ausreicht, kommt Conrad, dessen Wissensdurst sich schon früh bemerkbar macht, in die Obhut seines Grossonkels, eines Kaplans, der ihn fördert und Schulen besuchen lässt. Später studiert Gessner und wird Professor für Griechisch und Naturwissenschaften sowie Stadtarzt von Zürich. Europaweiten Ruhm erlangt Gessner aber durch drei Werke, die gewisse Zweige der Wissenschaft über Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte prägen: die «Bibliotheca universalis», eine Übersicht aller bis dahin bekannten hebräischen, griechischen und lateinischen Bücher, die «Historia animalium», ein monumentales und prachtvoll bebildertes Tierkundelexikon, sowie die «Historia plantarum» mit über 1000 Zeichnungen von Pflanzen. Gleichwohl sind die Pioniertaten des Universalgenies, das am 13. Dezember 1565 nur 49-jährig an der Pest verstarb, vielen Leuten nicht mehr bekannt. Dem drohenden Vergessen wirken zwei Ausstellungen im Landesmuseum und im Zoologischen Museum entgegen, sowie der dazugehörige Ausstellungsband, und vor allem die reich bebilderte Biographie des Historikers Urs B. Leu. Die Gessner-Biographie ist eine der schönsten und gelungensten Bild-Text-Monographien, die je über ein Schweizer Wissenschaftsleben erschienen sind. Die fabelhaften Zeichnungen machen neugierig, die klare Struktur verleitet zum Blättern, und die Texte animieren zum Weiterlesen.

Infos zum Conrad Gessner-Jubiläum: www.gessner500.ch

Frauen sind Dada

Hrsg. Christa Baumberger, Nicola Behrmann: «Emmy Hennings Dada», Verlag Scheidegger & Spiess, Sept. 2015, 49 Franken.

Hrsg. Ina Boesch: «Die Dada – Wie Frauen Dada prägten», Verlag Scheidegger & Spiess, 2015, 29 Franken.

Sie strandeten in Zürich, eine handvoll Künstlerinnen und Künstler auf der Flucht vor dem Krieg. Im Hinterzimmer eines Lokals an der Spiegelgasse 1 eröffneten sie ein Cabaret und kämpften mit ihren Waffen gegen den «Blutozean» des Ersten Weltkriegs, versuchten mit Kunst den Menschen vom Wahnsinn der Zeit heilen. Dada war die erste Kunstbewegung, die von Frauen mitgegründet wurde, in der Frauen nicht bloss Musen und Geliebte waren. Viele Dadaistinnen sind allerdings in Vergessenheit geraten. Zum 100-Jahr-Jubiläum zeigt das Museum Haus Konstruktiv die Gruppenschau «DADA anders», die sich den drei Hauptvertreterinnen der Bewegung – Sophie Taeuber-Arp, Hannah Höch und Baroness Elsa von Freytag-Loringhoven – widmet. Passend dazu erzählt das faszinierende Werk «Die Dada. Wie Frauen Dada prägten» die Geschichte der berühmtesten Protagonistinnen und vor allem auch der weniger bekannten Künstlerinnen. In den vielen Fotografien spiegeln sich die Laszivität und erotische Libertinage der Bewegung wider. Ein eigener Band hebt aus der Fülle bemerkenswerter Frauen die Grande Dame des Dada hervor, die schillernde Emmy Hennigs, Gefährtin und Ehefrau von Hugo Ball, Lebensfreundin von Hermann Hesse, Mitbegründerin des Cabaret Voltaire und Erfinderin des Worts «Dada» für die Kunstbewegung. Neben einer Auswahl an Fotografien und Dokumenten, liefert das Buch auch Zeugnis von den literarischen Qualitäten der herausragenden Performerin, der keine Leidenschaft fremd war. So schreibt sie: «Ich lebe im – Vielleicht. Ich bin die grosse Frage.»

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