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Blick ins Trauzimmer des Stadthauses: Die 15-Minuten-Trauungen wurden abgeschafft. Neu finden ganz kurze und halbstündige Zeremonien statt. Für den Zivilstandsbeamten Roland Peterhans ist sein Job eine Berufung.

3115 Trauungen und ein Nein

Von: Ginger Hebel

23. April 2019

Wer in Zürich heiraten will, kommt am Stadthaus nicht vorbei. 2400 Trauungen gehen hier jährlich über die Bühne. Zivilstandsbeamter Roland Peterhans traut verliebte Paare seit 23 Jahren.

Immer wieder hat sich Roland Peterhans vorgestellt, wie er reagieren würde, wenn eines Tages im schmucken Trauzimmer des Zürcher Stadthauses eine Braut oder ein Bräutigam bei der alles entscheidenden Frage Nein sagen würde. Eingetroffen ist der Fall der Fälle bei seinen Trauungen 22 Jahre lang nicht, bis vergangenen Herbst.

Das junge Paar sass vor ihm in den knallroten Sesseln, die Trauzeugen gegenüber, neben ihm die Dolmetscherin, im Rücken die versammelte Hochzeitsgesellschaft. Alle lachten vergnügt, dann fragte Roland Peterhans die Braut. Sie sagte Ja. Der Bräutigam hingegen zögerte. «Es ist normal, dass nicht sofort das Jawort fällt, besonders die Männer machen sich hin und wieder einen Spass daraus», erzählt Peterhans. Doch da kam nichts. Bis der Bräutigam fragte, ob er es sich nochmals überlegen könne. «Da wusste ich, er meint es ernst.» Betretenes Schweigen im Trauzimmer, eine Braut in Schockstarre. «Es war das erste Mal, dass im letzten Moment jemand doch nicht wollte.»

«Ähä» statt «Ja, ich will»

Der 55-Jährige arbeitet seit 23 Jahren als Zivilstandsbeamter im Zürcher Stadthaus und ist Präsident des Schweizerischen Verbands für Zivilstandswesen. Vor 40 Jahren machte er die Lehre auf der Gemeindeverwaltung im aargauischen Fislisbach, seine erste Amtshandlung war der Eintrag einer Geburt, «ein prägender Moment», wie er sagt. Sein Beruf sei vielmehr eine Berufung. Er fiebert und fühlt mit den Brautpaaren mit. Und ist bestrebt, jede Zeremonie anders zu gestalten und nicht immer dasselbe zu sagen. «Die Brautpaare sind fast immer sehr nervös, aber wir Zivilstandsbeamte sind es auch. Da sind so viele Emotionen im Spiel.»

Er erzählt von Bräuten, die vor Aufregung während der Trauung anfangen zu lachen. Dann legt er verständnisvoll eine kurze Pause ein, bis sich die Situation beruhigt hat. Er berichtet von Männern, die nur ein saloppes «Ähä» herausbringen, da müsse er strikt sein, «ohne ein deutliches Ja ist die Ehe nicht gültig.» Wieder andere würden ihren Willen gar noch unterstreichen, indem sie «Ja, ich will» sagen oder «Ja, von Herzen gern». Als er im Stadthaus angefangen hat, waren mehr Männer als Frauen im Amt, heute ist er in einem Team von 40 Zivilstandsbeamtinnen- und beamten als Mann beinahe der Hahn ihm Korb, «oder das Fossil, nach dieser langen Zeit», sagt Peterhans und lacht.

Es finden Zeremonien auf Deutsch und Englisch statt, denn nur bei einem Viertel aller Paare sind beide Schweizer, Multikulti-Ehen seien in Zürich an der Tagesordnung. Auch gleichgeschlechtliche Paare traut er häufig. Es heiraten viele schwangere Bräute und solche, die zum zweiten oder dritten Mal Ja sagen, «das Heiratsalter steigt kontinuierlich», beobachtet Roland Peterhans. Kürzlich hätte ein 80-jähriges Paar geheiratet, welches schon beinahe das ganze Leben miteinander verbracht hat, «dass sie diesen Schritt noch gemacht haben, fand ich rührend». Er selber traute sich im Alter von 48 Jahren. «Ich wollte nie heiraten, weil ich es nicht für nötig empfand.» Doch seine Partnerin habe sich eine grosse Hochzeit gewünscht. Die Ehe wurde nach 4,5 Jahren geschieden. Bereuen tut er nichts. «Tief in meinem Innern hat sich dadurch etwas auf positive Weise verändert.»

Zeremonie auf die Schnelle

Seit 1. April finden im Stadthaus keine 15-minütigen Trauungen mehr statt. Die Paare können neu zwischen kurzen 10-minütigen und Zeremonien von einer halben Stunde wählen, Fotos, Gratulationen und gegenseitiges Eheversprechen inklusive. «Viele heiraten heute nicht mehr kirchlich und wünschen sich daher eine festliche Zeremonie auf dem Zivilstandsamt.» Genauso viele gäbe es aber, die möglichst schnell alles erledigt haben wollen. «Eine Trauung ist nicht immer nur romantisch, oft ist der rechtliche Aspekt entscheidend.»

Seit 2009 kann man sich auch in der Masoala-Halle im Zoo, in der Weinschenke und im Zunfthaus zur Waag das Jawort geben, aktuell ist man auf der Suche nach weiteren Traulokalen. Es sei ein grosses Bedürfnis der Paare, freitags und samstags heiraten zu können.

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