mobile Navigation

News

Sportanlage Letzi: Menschen im Rollstuhl wie Islam Alijaj können die Treppen nicht überwinden. «Wir bleiben auf halber Strecke zurück.» Bild: GH

Ärgerliche Hürden

Von: Ginger Hebel

24. Mai 2022

Menschen mit Behinderungen haben nicht überall Zugang zu Sportanlagen. Betroffene finden das unfair und fordern Gleichberechtigung.

Gerne würde Islam Alijaj seinen achtjährigen Sohn alleine an den Fussballmatch begleiten. Nur Vater und Kind. Doch das geht nicht immer, denn: «Nicht alle Anlagen in der Stadt Zürich sind barrierefrei. Sporttreibende oder deren Angehörige mit Behinderungen haben keinen gleichberechtigten Zugang. Das ist unfair», findet Islam Alijaj. Der 35-Jährige ist zweifacher Familienvater und sitzt im Rollstuhl. Er lebt wegen Sauerstoffmangels bei der Geburt mit einer Zerebralparese, ist sprech- und körperbehindert.

Mit seiner Familie wohnt er in Albisrieden und würde gerne vermehrt die Sportanlage Letzi besuchen. Die Treppen der Steintribüne hindern Rollstuhlfahrende jedoch daran, direkt an den Spielfeldrand zu gelangen. «Menschen mit Behinderungen, die am Sportangebot der Stadt Zürich teilnehmen wollen, bleiben bei diesen Anlagen oft auf halber Strecke zurück», bedauert Alijaj. So seien beispielsweise Fusswege nicht überall bis hin zum Sportfeld für Menschen im Rollstuhl erschlossen. Das Café auf dem Sportplatz ist nur über eine steile Treppe erreichbar, ein Lift – Fehlanzeige! «Wenn meine Kinder etwas trinken wollen, muss ich als Vater unten warten. So geht es nicht nur mir, sondern vielen Menschen mit Behinderungen.»

Alte Anlagen im Nachteil

Das Sportamt der Stadt Zürich teilt auf Anfrage mit, dass Barrierefreiheit wichtig sei und insbesondere bei Neubauten oder Sanierungen diese bestmöglich umgesetzt werde. Ein Beispiel sei das Hallenbad Leimbach, das 2017 nach einer umfassenden Instandsetzung wiedereröffnet wurde. Im Baubewilligungsverfahren wird bei allen Neu- oder Umbauten die Hindernisfreiheit der Anlagen überprüft. Dies umfasst die Zugänglichkeit der Bauten wie auch die Benutzbarkeit (durch schwellenlose Zugänge oder Einstiegshilfen bei Schwimmanlagen). «Dass nicht alle bestehenden Anlagen vollständig barrierefrei gebaut sind, ist leider eine Tatsache und sehr bedauerlich», sagt Stefanie Süess vom Sportamt. Sie seien bestrebt, dass organisierte Gruppen wie Vereine, die auf barrierefreie Anlagen angewiesen sind, auch solche nutzen können. «Bei den Badeanlagen publizieren wir eine Liste zur Barrierefreiheit der einzelnen Anlagen, damit Personen einschätzen können, welche Anlagen geeignet sind und welche nicht», erklärt Süess.

Islam Alijaj findet es fraglich, dass der Massnahmenplan 2020–2022 zur Förderung der Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in der Stadt Zürich zwar Friedhöfe und Grünanlagen berücksichtigt, jedoch keine Ziele oder Angaben zu Sport- und anderen Erholungsanlagen enthält. «Hier besteht dringend Informationsbedarf.» Islam Alijaj hat trotz vieler Widerstände nie aufgegeben. Mit Tatkraft hat er einen Verein gegründet, der für die politische Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen kämpft. Im Februar dieses Jahres wurde der SP-Politiker in den Zürcher Gemeinderat gewählt. «Darauf bin ich stolz, weil ich mich jetzt aktiv einsetzen kann.»

Für Zürcherinnen und Zürcher ohne politische Mitsprache, alleinerziehende Elternteile und Menschen mit Behinderungen. Um sein politisches Amt gleichberechtigt ausüben zu können, ist er auf Assistenz angewiesen. Auf Menschen, die für ihn E-Mails schreiben, Telefonate führen und seine Statements im Rat vorlesen. «Zürich ist eine offene Stadt. Damit sich aber niemand ausgegrenzt und minderwertig fühlt, braucht es Gleichberechtigung. Mehr zahlbaren, barrierefreien Wohnraum und Behinderten-WCs. Aber auch verbesserten Zugang zu Sport- und anderen Erholungsanlagen.»

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare