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Weil Kleinkinder zu Hause bleiben, fehlen wichtige Elternbeiträge. Kitas haben finanzielle Probleme. Bild: Adobe Stock

Angespannte Lage in Kitas

Von: Ginger Hebel

04. Mai 2021

Betreuungskrise: Die finanziellen Einbussen gefährden Kitas massiv. Während der Pandemie betreuen viele Zürcher Eltern ihre Kleinkinder zu Hause. Jetzt schaltet sich die Politik ein. Sie will Schliessungen von Kitas aufgrund langfristiger Corona-Folgen verhindern und die Qualität bei der Kinderbetreuung aufrechterhalten. 

Vier von zehn Zürcher Haushalten beanspruchen eine familienergänzende Betreuung. In den letzten Jahren wurde in der Stadt ein breites Angebot an Kindertagesstätten aufgebaut. Während des Lockdowns wurden Eltern jedoch aufgefordert, ihre Kinder im Vorschulalter, wenn immer möglich, zu Hause zu betreuen. «Diesem Aufruf sind die meisten Familien auch gefolgt. Doch wenn die Elternbeiträge ausbleiben, ist das Überleben einer Kita unmittelbar und massiv gefährdet, weil die Betriebe kaum finanzielle Rücklagen haben», sagt der Zürcher Sozialvorsteher Raphael Golta.

Hohe Kita-Taxen

Nebenden rund 300 privaten Kitas, die 95 Prozent aller Kinderbetreuungsplätze in der Stadt Zürich ausmachen, gibt es zwölf städtische Kitas. Die Stadt gab im Jahr 2020 92,3 Millionen Franken für die familienergänzende Kinderbetreuung im Vorschulbereich aus. Von total 11 331 Betreuungsplätzen subventioniert die Stadt 4545 Plätze in privaten und städtischen Kitas. «Die Kita-Taxen sind schon jetzt für viele Familien zu hoch. Sie können sich die Fremdbetreuung schlicht nicht leisten», sagt die Zürcher SP-Kantonsrätin Monika Wicki. Die SP hat diesbezüglich im Kantonsrat am Montag ein dringliches Postulat eingereicht. Und sie fordert den Regierungsrat in einer Petition dazu auf, ein Massnahmenpaket zur Rettung der Zürcher Kitas aufzugleisen. «Kitas sind systemrelevant», betont Monika Wicki. Es sei wichtig, die bestehenden Strukturen zu erhalten und zu sichern, damit die Eltern nach der Pandemie wieder darauf zurückgreifen und arbeiten können. Die Zürcher Nationalrätin Min Li Marti ist überzeugt: «Wenn der Kanton nichts unternimmt, droht die endgültige Schliessung vieler Kitas. Dies würde den Kanton Zürich auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf um Jahre zurückwerfen».

Druck auf Kitas dauert an

Das Sozialdepartement Stadt Zürich hat in kurzer Zeit ein Finanzierungssystem aufgestellt, das die unmittelbare Liquidität der Kitas sichern konnte. Bereits Mitte April wurden die ersten Zahlungen an die Stadtzürcher Kitas geleistet. Insgesamt wurden 24,9 Millionen Franken vorfinanziert. Aufgrund der auf Bundesebene beschlossenen und durch den Kanton ausbezahlten Ausfallentschädigung für städtische Kitas konnte das Sozialdepartement die vorfinanzierten städtischen Mittel rückabwickeln. Per Ende 2020 sind bereits 21,5 Millionen Franken an die Stadt zurückbezahlt worden.

Weil sich die Pandemie weiterhin auf die Kitas in der Stadt Zürich auswirkt, will der Stadtrat von der Krise besonders betroffene Betriebe im Sinne einer Härtefallfinanzierung unterstützen. «Das begrüssen wir sehr – eine solche Regelung war nötig, umso mehr, als der pandemiebedingte Druck auf die Kitas noch andauern wird», sagt Estelle Thomet, Regionalleiterin Zürich von Kibe­suisse, Verband Kinderbetreuung.

Qualität erhalten

Genaue Zahlen zur Auslastung in den Kitas und vor allem auch zu den Auswirkungen der Pandemie gibt es nicht. Manche Eltern betreuen ihre Kleinkinder aus Angst vor einer Ansteckung derzeit lieber zuhause, andere arbeiten im Homeoffice oder haben Kurzarbeit. «Das fehlende Monitoring und die fehlende Unterstützung auf kantonaler Ebene ist nicht nachvollziehbar», findet Estelle Thomet. Bezüglich der stadteigenen Kitas kann das Sozialdepartement in puncto Auslastung keine Veränderungen wahrnehmen, die sich auf die Pandemie zurückführen liessen, erklärt Raphael Golta. Die Standorte seien unterschiedlich ausgelastet, dies sei aber schon vorher so gewesen.

Mit einer Finanzspritze allein ist es gemäss VPOD-Gewerkschaftssekretärin Martina Flühmann aber nicht getan. Sie ist zuständig für die Horte in der Stadt und die private Kinderbetreuung. «Die Zürcher Kitas sind stark unterfinanziert, und dies zulasten des Personals.» Problematisch seien auch die teilweise prekären Arbeitsbedingungen. «Es braucht mehr ausgebildetes Personal und verbindliche Qualitätsstandards, die am Kindswohl orientiert sind. Vor allem in Bezug auf den Betreuungsschlüssel (Relation Anzahl Fachperson zu Anzahl Kindern).»

Kibesuisse fordert, dass mindestens zwei Drittel der Mitarbeitenden, welche direkt mit den Kindern arbeiten, über eine pädagogische Ausbildung verfügen müssen. Dies sei nötig, wenn die Kinder bestmöglich in ihrer positiven Entwicklung begleitet werden sollen. Diese Forderung allerdings ist mit einem hohen Investitionsbedarf verbunden. Es sei wichtig und dringend, dass dabei auch der Kanton seine Verantwortung wahrnehme.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@taglattzuerich.ch

 

 

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