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Betteln in den ÖV: In Zürich wird in Tram und Bus gerne die hohle Hand gemacht – obwohl dies verboten ist. Symbolbild: SAG

Bettler fahren auf ÖV ab

Von: Sacha Beuth

13. Dezember 2022

Immer mehr echte oder vermeintliche Bedürftige scheinen in den öffentlichen Verkehrsmitteln trotz Bettelverbot die hohle Hand zu machen. Sehr zum Unmut von Fahrgästen. Gegenmassnahmen der VBZ fruchten offenbar wenig.

«Händ Sie e chli Münz?» Die Frage hat «Tagblatt»-Leser und VBZ-Nutzer M. B. (Name der Redaktion bekannt) letzte Woche nach eigenen Aussagen dreimal gehört, wenn er mit dem Tram zur Arbeit oder nach Hause fuhr. Und immer von anderen Bettlern. «Dass man auf der Strasse angegangen wird, daran hat man sich ja inzwischen gewöhnt. Aber nun wird man selbst in den öffentlichen Verkehrsmitteln dauernd belästigt.» M. B. ist mit seiner Einschätzung nicht allein. Weitere Leserinnen und Leser des «Tagblatts» haben das Gefühl, dass sich innert der letzten zwei Jahre Bettler vermehrt Tram und Bus aussuchen, um dort die hohle Hand zu machen. Nur, entspricht dies den Tatsachen? Und falls ja, ist dies ein neuer Trend oder vorab der kalten Jahreszeit geschuldet?

Nachfragen dazu bei VBZ, Stadtpolizei und Sozialdepartement führen zu keinem klaren Resultat. So schreibt etwa das Sozialdepartement, dass «sich keine grossen zahlenmässigen Veränderungen im Vergleich zu den Jahren vor Corona beobachten lassen. Allerdings scheint es, dass randständige Personen im öffentlichen Raum in der kalten Jahreszeit von der Bevölkerung tendenziell etwas mehr wahrgenommen werden als im Sommerhalbjahr». Interessanterweise weicht dies von den Beobachtungen der VBZ etwas ab: «Die Anzahl der festgestellten Fälle von Betteln im ÖV schwankt stetig und nimmt in der Regel eher im Sommer etwas zu. Auch in der Vorweihnachtszeit kann es eine Intensivierung geben. Genaue Zahlen erfassen wir aber nicht.»

Die Stadtpolizei Zürich unterscheidet in ihrer Statistik in Sachen Bettler-Verzeigungen nicht, ob im ÖV oder ausserhalb gebettelt wurde. Doch ergibt sich daraus immerhin, dass die Verzeigungen wegen Bettelei seit 2017 (599 Verzeigungen) allgemein wieder zugenommen haben, wobei 2021 ein Höchstwert von 1369 erreicht wurde (für 2022 bislang 769 Verzeigungen). Das gleiche Muster kann bezüglich der Anrufe wegen Bettelns bei der Einsatzzentrale festgestellt werden.

Kein Geld geben

Derweil betonen die VBZ, dass sie zu diesem Thema «fast keine» Beschwerden erhalten würden. Dass das Problem allerdings existiert, negiert man auch bei den Verkehrsbetrieben der Stadt Zürich nicht. «Fahrgästen, die sich in irgendeiner Art belästigt fühlen, raten wir, unsere Fahrdienstmitarbeitenden oder auch direkt die Polizei zu kontaktieren.» Dem schliesst sich die Stadtpolizei Zürich an und empfiehlt zudem, den Bettelnden kein Geld zu geben.

Laut Gesetz ist Betteln auf öffentlichem und privatem Grund zwar offiziell verboten. Aber im Bereich des öffentlichen Verkehrs handelt es sich um ein Antragsdelikt. Das heisst, die VBZ müssen zwingend einen Strafantrag stellen. Das wird nach eigenen Angaben auch getan, jedoch nicht konsequent: «Unsere Mitarbeitenden verweisen bettelnde Personen des Fahrzeugs und kontaktieren die Polizei – sofern sie sie bemerken und sofern der Betrieb es zulässt.» Genau hier dürfte der Hund begraben liegen. Wie die VBZ selbst schreiben, verlassen nach ihren Erfahrungen bettelnde Personen jeweils die Fahrzeuge rasch wieder. Sie sind also schon längst verschwunden, ehe die Tram- oder Buschauffeure reagieren können und ehe eine Polizeistreife vor Ort sein und die Fehlbaren büssen kann. Laut Angaben der Stadtpolizei werden auch keine flächendeckenden Kontrollen wegen Bettelei durchgeführt. So wundert es wenig, wenn Bettler auf die öffentlichen Verkehrsmittel abfahren.

Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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