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Asphalt statt Grünfläche: Der neugestaltete Vorplatz der SZU-Haltestelle Binz kommt im Quartier nicht bei allen gut an. Bild: GH

Binz-Bewohner vermissen das Grün

Von: Ginger Hebel

09. November 2021

Umgestaltung: Der Vorplatz der SZU-Haltestelle Binz wurde vergrössert und hindernisfrei gestaltet. Quartierbewohner befürchten, dass durch den Ausbau weiterer Haltestellen noch mehr Grünflächen verloren gehen. 

Das Wiediker Quartier Binz entwickelt sich rasant. Nicht alle Veränderungen kommen bei den Anwohnenden gut an. «Tagblatt»-Leser Paul Sieber lebt seit 45 Jahren im Quartier, in unmittelbarer Nähe der SZU-Station (Sihltal Zürich Uetliberg Bahn). Er ist ausschliesslich zu Fuss, mit dem Velo und ÖV unterwegs. «Je öfter ich an der Haltestelle Binz vorbeikomme, desto schmerzlicher empfinde ich die Verunstaltung des ehemals kleinen, lauschigen Pärkleins hinter dem Gleis.» Die Bänkli wurden rege genutzt, die damals noch existierende Hecke habe den Strassenlärm gedämmt. «Der Grossteil des Platzes besteht nach der Umgestaltung aus Asphalt. Wo bleibt das Grün?», fragt sich Sieber.

Der Wiediker Quartiervereinspräsident Urs Rauber kann die Kritik verstehen. «Es gibt tatsächlich viel Asphalt. Zum Glück ist aber noch ein Kiesplatz mit Bänken und Bäumen vorhanden.» Paul Sieber bedauert es, dass Grünzonen aus Wohnquartieren verschwinden, wo man doch wisse, dass Asphaltbelag für einen städtischen Hitzeinsel-Effekt sorgt. «Massnahmen zur Hitzeminderung wurden in diesem Projekt umgesetzt. Durch die Platzvergrösserung konnten – trotz schwieriger Ausgangslage unter dem Boden mit vielen Werkleitungen – zusätzlich 15 Bäume gepflanzt werden», sagt Evelyne Richiger vom Tiefbauamt Stadt Zürich. Verbesserungen seien die Kanalisierung des Regenwassers zu den Bäumen und das spezielle Baumsubstrat, das mehr Wasser speichern kann. «Zudem konnten durch die Aufhebung der Grasfläche sowie die Veränderungen im Strassenraum (Strasse verschmälert, Fussgängerstreifen versetzt) Massnahmen für die hindernisfreie Mobilität mit direktem Zugang zum Bahnhof umgesetzt werden», erklärt Richiger.

Gemäss Grün Stadt Zürich wurden bei der SZU-Haltestelle gute Voraussetzungen für die Bäume geschaffen, die dort gepflanzt werden. «Die Baumscheiben wurden so vorbereitet, dass die Bäume künftig mehr Raum für ihre Wurzeln haben», sagt Martina Bosshard. Grün Stadt Zürich setzt sich mit den Förderprogrammen «Mehr als Grün» und «Vertikalbegrünung» für die Biodiversität und die Hitzeminderung in der Stadt ein. Binz-Bewohner befürchten, dass aber auch die Grünfläche im Spickel Uetlibergstrasse-Bachtobelstrasse verschwinden wird. «Dagegen würden wir uns entschieden wehren», sagt Quartiervereinspräsident Urs Rauber. Das Tiefbauamt erklärt auf Anfrage, dass es Pläne gab, die Grünfläche in einen Parkplatz umzuwandeln, diese wurden jedoch verworfen. «Die Grünfläche bleibt bestehen. Sie soll zudem mit zwei neuen Bäumen ergänzt werden», sagt Richiger. In der Binz sind viele Flächen in Privatbesitz. «Das Naturschutzgebiet Binz ist eine ökologisch sehr wertvolle Fläche im Quartier. Dieses gehört drei privaten Eigentümerschaften, die in Koordination mit Grün Stadt Zürich zahlreiche Aufwertungsmassnahmen durchgeführt haben», erklärt Martina Bosshard.

Mehr Pendler, weniger Platz

Die Binz war einst eine Industriebrache. Mittlerweile sind hier viele Start-ups und Kreativunternehmen ansässig. «Dadurch wirkt das Quartier lebendig, das ist positiv», sagt Quartiervereinspräsident Urs Rauber. Der Bahnhof Binz ist an das S-Bahnnetz des Zürcher Verkehrsverbundes angebunden. Davon profitieren die Berufspendler. Mit der Linie S10 (täglich circa 18 000 Fahrgäste) erreichen sie den Hauptbahnhof Zürich in fünf Minuten. Aufgrund steigender Nachfrage müssen die SZU-Linien ausgebaut werden. «Bei der S4 wird mit einem Fahrgastwachstum von knapp 50 Prozent bis 2030 gerechnet. Bei der S10 ist der Anstieg mit zirka 25 Prozent im selben Zeitraum etwas geringer, aber dennoch beträchtlich», sagt Marco Graf von der SZU.

Das steigende Verkehrsaufkommen hat auch Einfluss auf die Haltestellen im Quartier. «Die Haltestelle Friesenberg genügt den Anforderungen des Behindertengleichstellungsgesetzes nicht mehr und muss ausgebaut werden», erklärt Marco Graf. Aufgrund fehlender Ausbaumöglichkeiten am bestehenden Standort wird eine neue Haltestelle unterhalb der Friesenbergstrasse – zwischen den Siedlungen Gehrenholz und Tiergarten – erstellt. Urs Rauber hofft, dass auch das Quartier in diese Pläne miteinbezogen wird. «Damit nicht der luxuriöse Ausbau im Vordergrund steht, sondern das Interesse der Bevölkerung.»

Die SZU erklärt auf Anfrage, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und eine nachhaltige Lösung zu realisieren. Marco Graf: «Leider aber ist die zukunftsgerichtete Sicherstellung der Mobilität im Stadtraum oft mit engen Platzverhältnissen verbunden und Landerwerb unumgänglich.»

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

 

 

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