mobile Navigation

News

Blitzender Kübel: So sieht die neue mobile Radaranlage aus, die künftig auch auf dem Gebiet der Stadt Zürich eingesetzt wird. Bild: CES-Homepage

Blitzer im Tarnkleid

Von: Sacha Beuth

21. April 2023

Die Stadtpolizei Zürich tauscht dieses Jahr ihre mobilen Radaranlagen gegen ein neues Modell aus. Dieses gleicht äusserlich stark einem typischen Kunststoff-Abfallkübel, was für Unmut sorgt und rechtliche Fragen aufwirft.

Man muss schon genauer hinschauen, um im neuen Modell einer Walliseller Firma eine Radaranlage zu erkennen. Denn mit ihrem dunkelgrauen Anstrich, dem Handgriff und in ihrer Form gleicht sie stark einem Kunststoff-Abfallkübel. Die Tarnung ist beinahe vollkommen.

Nachdem in der Gemeinde Regensdorf ein solcher Blechpolizist bereits in Betrieb genommen wurde, soll die Radaranlage noch dieses Jahr auch auf dem Gebiet der Stadt Zürich zum Einsatz kommen. «Wir ersetzen damit die beiden bislang eingesetzten mobilen Geschwindigkeitsmessungs-­Anlagen auf Dreibeinstützen», erklärt Michael Walker vom Mediendienst der Stadtpolizei Zürich.

Unter Fischernetz versteckt

Das neue Design sorgte auf verschiedenen Onlineforen bereits für gehässige Reaktionen. Die Tarnung sei ein Beweis, dass es der Polizei nur um Umsatzsteigerung und nicht um Sicherheit gehe, lautete etwa ein Vorwurf. Zudem wurde grundsätzlich die Legalität von getarnten Radaranlagen in Zweifel gezogen. Dazu nahm man auch Bezug auf einen Fall, bei dem die Stadtpolizei Zürich vor zwei Jahren an der Uraniastrasse einen Blitzer unter einem Fischernetz und mit Abfallsäcken umgeben auf der Ladefläche eines Kleinlasters montiert hatte. Eine nähere Betrachtung lässt jedoch kaum Fragen nach der Rechtmässigkeit solcher Blitzer offen. «Es bestehen keine Vorschriften, wie Geschwindigkeitsmessgeräte beschaffen sein müssen – wenn eine Bauzulassung des Eidgenössischen Instituts für Metrologie METAS vorliegt, kann das Gerät eingesetzt werden», erklärt Anwalt Yann Moor, Experte für Verkehrsrecht bei Prof. Giger & Partner in Zürich. Dies ist laut Walker beim neuen Gerät der Fall. «Im Übrigen haben wir keinen Einfluss auf die Formgebung des Modells.»

Bezüglich des Einsatzes von mobilen Radaranlagen besteht eine breite Handhabe. Sogar (verhältnismässige) Gesetzesübertretungen sind bei der Geschwindigkeitsmessung erlaubt. In Dübendorf stellte die Polizei 2021 laut «Blick» einen Smart, in dem ein Blitzer eingebaut ist, in einem Bereich mit Parkverbot ab. Laut Moor eine völlig legale Praxis, «denn das Strafrecht kennt keine Schuldkompensation. Das gilt grundsätzlich auch bei Nachfahrmessungen mit zivilen Polizeifahrzeugen, die dafür ebenfalls die Geschwindigkeit übertreten dürfen». Wenn aber Blitzer auf privatem Grund abgestellt werden sollen, müsse die Polizei zuvor zwingend das Einverständnis des Eigentümers einholen.

Stapo-Mediensprecher Walker verweist darauf, dass mobile Radargeräte nur bei gezielten Massnahmen gegen Schnellfahrer und Raser getarnt würden. «So wurde im Fall der Uraniastrasse mit maximal 50 km/h das Gerät erst ab 66 km/h ausgelöst.» Auch würde man nur für kurze Zeit an einem Ort messen. Doch selbst in dieser Beziehung sind die Gesetzeshüter auf der sicheren Seite. «Es gibt rechtlich für die Messungen kein Zeitlimit. Nur eine Überwachung im Sinne einer durchgehenden Videoaufzeichnung wäre illegal», erklärt Moor.

Egal, ob getarnt oder nicht: Finanziell gesehen ist der Einsatz von mobilen Blitzern äusserst lukrativ. Der Smart in Dübendorf soll 2022 827 490 Franken in deren Stadtkasse gespült haben. Und eines der bislang genutzten mobilen Geräte in der Stadt Zürich hielt im Jahr 2021 16 013 Übertretungen fest, was Platz 5 von allen 89 festen, semi-stationären und mobilen Anlagen bedeutet.

Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare