mobile Navigation

News

Die Pandemie belastet junge Leute psychisch. Jungparteien fordern daher einen besseren Zugang zu Betreuungsangeboten. (Bild: AdobeStock)

Corona hat Träume auf Eis gelegt

Von: Christian Saggese

26. Januar 2021

Die Probleme der jungen Leute während der Pandemie werden oft auf das «fehlende Partymachen» reduziert. Das ärgert Jungparteien. Die Konsequenzen seien viel schwerwiegender. 

Die Pandemie ist allgegenwärtig, und doch wird kaum darüber gesprochen, welche Auswirkungen diese schwierige Zeit auf Jugendliche und junge Erwachsene hat. Falls doch, zielen die Kommentare meist in eine Richtung: «Die Jungen sollen nicht so jammern, wir konnten auch nicht täglich Party feiern!», ist oft im Internet zu lesen.

Das ärgert die Junge GLP Züri. In einer Medienmitteilung weist die Partei darauf hin, dass rund ein Drittel aller 14- bis 24-Jährigen wegen der Pandemie unter schwer depressiven Symptomen leide. Das liege aber nicht etwa nur an fehlenden Freizeitmöglichkeiten, sondern auch daran, dass sie bereits in der Lehre Lohnkürzungen erfahren müssen, Jobs zur Finanzierung des Studiums verloren gehen und die Jungen im Wissen leben, dass die Tilgung der Schulden, die die Regierung derzeit aufbaut, auf ihren Schultern liegt.

Angst vor der Zukunft

Auch andere Zürcher Jungparteien zeigen sich auf Anfrage enttäuscht darüber, wie die Probleme der Jüngeren grösstenteils ignoriert werden, egal ob diese sozialer oder wirtschaftlicher Natur sind. «Wir bleiben zu Hause, obwohl die Pandemie für uns weniger gefährlich ist», sagt Fabio Wüst, Co-Präsident der Jungen Mitte Zürich. Und fügt hinzu: «Solidarität ist richtig und wichtig, darf aber nicht nur einseitig sein.»

Insbesondere die aus der Pandemie resultierenden psychischen Probleme sind es, die den jungen Politikern Sorge bereiten. Anna Luna Frauchiger, Co-Präsidentin der Juso Stadt Zürich, weiss: «Schlafstörungen, Erschöpfungsgefühle und Ängste haben besonders bei jungen Erwachsenen zugenommen. Das ist nicht vernachlässigbar.»

Einerseits entstünden diese Effekte wegen der fehlenden sozialen Kontakte: «Die Jugendzeit ist sehr wichtig für die eigene Identitätsfindung», sagt beispielsweise Bettina Fahrni, Präsidentin der Zürcher Jugendfreisinnigen: «Und dazu zählen auch das Reisen, der Ausgang und das Präsenzstudium. Diese kurzfristigen Probleme werden teilweise auch langfristige Auswirkungen haben.» Tobias Adam, Co-Präsident Junge EVP Zürich, pflichtet ihr bei: «Die Pandemie hat viele unserer Träume auf Eis gelegt oder zum Platzen gebracht, wie eine Ausbildung oder ein Austauschsemester.»

Grösstenteils sei es die ungewisse berufliche Zukunft, die belastet, sind sich alle Jungparteien einig. Viele Jugendliche hätten letztes Jahr ihre Lehrstelle verloren, so Anna Luna Frauchiger (Juso): «Gleich zu Beginn der beruflichen Karriere aus dem System zu fallen, ist hart.» Bei der Aus- und Berufsbildung im Homeschooling habe sich zudem gezeigt, wie die Corona-Pandemie bestehende soziale Ungleichheiten verstärkte. «Wer daheim nicht unterstützt wird, hat grössere Mühe, mit dem Unterricht von zu Hause aus mitzuhalten.»

Bettina Fahrni (Jungfreisinnige) befürchtet, dass die aktuellen Entwicklungen zu weniger Lehrstellen und mehr Jugendarbeitslosigkeit führen wird. Gleichzeitig sagt Nicolas Rasper, Präsident der Jungen SVP West/Stadt, «wird ein riesiger Schuldenberg angehäuft, welchen die Jugendlichen in Zukunft abbauen müssen. Bereits die staatliche Altersvorsorge ist stark überschuldet – auch dieses Problem wird den Jungen angehängt. Langfristig drohen höhere Steuern sowie höhere Arbeitnehmerabzüge».


Politik muss zahlen

«Die Politik muss finanzielle Mittel bereitstellen sowie Beratungsangebote stärken und ausbauen», fordert Tobias Adam (Junge EVP). Delio Zanovello, Co-Präsident Junge Grüne Zürich, ist gleicher Ansicht. Und hat konkrete Vorschläge, die darauf zielen, den Jungen auch in dieser wirtschaftlichen Schieflage den Eintritt in die Berufswelt zu vereinfachen. So müsse, dieser Meinung ist auch die Juso, der Zugang zu Stipendien für Aus- und Weiterbildungen erleichtert werden. Kinder und Jugendliche, die im Fernunterricht nicht mit dem Stoff mitkommen, sollten Anrecht auf kostenlose Nachhilfe haben, um die Lernrückstände aufholen zu können. Ebenso fordern die Jungen Grünen einen wissenschaftlich begleiteten Versuch zur Einführung eines Grundeinkommens.

Seitens Juso wird der Ausbau des psychologischen Betreuungsangebots an den (Hoch-)schulen verlangt. Dort gebe es derzeit teils lange Wartelisten bei den Psychologen. Und wer sich keine private Betreuung leisten kann, sei gezwungen zu warten, auch bei psychologischen Notfällen. «Das ist inakzeptabel. Jeder soll sich eine angemessene seelische Unterstützung leisten können.» Es brauche hierfür eine Erweiterung der Grundversicherung, damit psychologische Dienste auch ohne Zusatzversicherung bezahlt werden können. Die Jungen Grünen fordern gar, dass der Zugang zu psychologischer Unterstützung kostenlos wird, zumindest solange die Massnahmen gelten. Zanovello: «Wichtig ist es auch, mit einer Präventionskampagne die jungen Leute zu erreichen, um eine Enttabuisierung von psychischen Problemen zu schaffen, damit sie ihre Gefühle bereits im eigenen Umfeld und später auch mit einem Psychologen teilen.»

Einig sind die Jungparteien darin, denjenigen, die ihre Lehrstelle oder ihr Praktikum verloren haben oder nicht antreten konnten, eine Alternative anzubieten und sie nicht einfach fallen zu lassen.

Nicht vergessen dürfe man aber auch nicht die Geflüchteten, so die Jungen Grünen. Für diese seien mehr Angebote bei der Online-Nachhilfe sowie eine kostenlose psychologische Betreuung von enormer Bedeutung: «Da sich die schlechten Bedingungen in Not- und Asylzentren unter der Coronakrise weiter verschärfen, treffen sie die Schulschliessungen und das Verbot externer Besuche besonders hart.»

Lockdown beenden

Nicolas Rasper (Junge SVP) fordert, dass der Lockdown sofort beendet wird und der Bundesrat sich wieder auf die vulnerabelsten Bevölkerungsgruppen konzentriert. Auch die Jungfreisinnigen sind für eine rasche Öffnung, um den wirtschaftlichen Schaden zu minimieren. Fabio Wüst (JM) wünscht sich klare Regeln und eine klare Kommunikation seitens der Regierung. Die Ungewissheit, wie es mit den Schulen weitergeht und ob nächste Woche schon wieder eine Schliessung droht, erhöhe den Stressfaktor für die Jungen enorm.

«Wirtschaft, Alters- und Pflegeheime, Gewerkschaften – alle lobbyieren für mehr Rücksicht in der Pandemie. Doch wer lobbyiert für unsere Generation?», fragt sich Thomas Hug (Junge GLP).

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare