mobile Navigation

News

Stimmen die Zürcher am 24. September Ja, kommt das Cabaret Voltaire in den Besitz der Stadt. Bild: Zürich Tourismus

Dada für immer

Von: Clarissa Rohrbach

29. August 2017

Cabaret Voltaire: Mit einem Immobilientausch will die Stadt das kulturelle Erbe des Dadaismus sichern. Am 24. September stimmen die Zürcher darüber ab.

«Das Cabaret Voltaire ist der Eiffelturm von Zürich.» Das hatte einst ein französischer Journalist gegenüber Alt-SP-Regierungsrat Markus Notter gesagt. Dieser brachte letzte Woche zusammen mit Nationalrätin Min Li Marti (SP) und Gemeinderat Markus Merki (GLP) vom Komitee Pro Cabaret Voltaire die Argumente für ein Ja an der Abstimmung am 24. September vor. Sein Anliegen: klarzumachen, wieso das Dada-Haus ein Ort der Erinnerung ist, über den die Stadt entscheiden soll. Er holt aus, erzählt von 1916, als Hugo Ball und seine Kumpanen die Kunstbewegung gründeten, die sich gegen die Normen auflehnte. Zürich war dabei zentral: Hier konnten die Künstler vor dem Krieg flüchten und sich entfalten. «Das Jubiläum letztes Jahr zeigte, dass kein anderes Zürcher Thema international so viel Aufmerksamkeit erregt.» Dass Touristen aus der ganzen Welt in ihren Reiseführern blätterten und durchs Niederdorf irrten, um das Cabaret Voltaire zu finden, sei das beste Beispiel dafür, dass dieses kulturelle Erbe geschützt werden müsse, meint Notter.

«Ein skandalöser Tausch»

Die Vorlage klingt einiges nüchterner. Es geht um einen Häusertausch mit der Eigentümerin Swiss Life. Diese soll die Liegenschaft an der Spiegelgasse 1 und ein Wohnhaus an der Engimattstrasse 17 im Kreis 2 der Stadt überlassen, bekommt dafür aber ein Wohn- und Geschäftsgebäude an der Rämistrasse 39 sowie das Areal mit dem Parkhaus Hallenstrasse in Riesbach. Die Stadt soll weiterhin die Miete des Cabaret Voltaire übernehmen, doch da sich diese durch die Umlagerung der Liegenschaft ins Verwaltungsvermögen von 313 000 Franken auf 212 000 Franken reduzieren würde, könnten die überschüssigen 100 000 Franken als Betriebsbeitrag an den Trägerverein des Cabaret Voltaire bezahlt werden. Dieser erhält seit 2004 keine Beiträge mehr. 

Zur Abstimmung kommt es, weil die AL das Referendum ergriffen hat. Diese bezeichnet den Immobilientausch als «skandalös». «Anstatt günstigen Wohnraum zu schaffen, lässt der Stadtrat zu, dass Swiss Life neue Luxuslofts baut», sagt Alt-Gemeinderat Niklaus Scherr (AL). Damit missachte man die Interessen der Mieter und treibe die Gentrifizierung des Seefelds voran. Auf dem bebaubaren Areal an der Hallenstrasse wäre es laut Scherr möglich, 15 bis 20 Dreizimmerwohnungen zu einer monatlichen Miete von 1500 Franken zu erstellen. Auch die SVP kritisiert den Deal. «Die Stadt wirft für dieses Hobby der Stadtpräsidentin ihre wohnpolitischen Grundsätze über den Haufen», meint SVP-Kantonsrat Roger Liebi. 

«Angesichts der Tatsache, dass Swiss Life die Liegenschaft nicht verkaufen will, ist dieser Tausch die beste Lösung», sagt Min Li Marti. Es sei nicht realistisch, an der Hallenstrasse gemeinnützigen Wohnraum zu erstellen, weil das Grundstück mit fast sieben Millionen Franken verschuldet sei. Zudem entstehe mit den sechs Wohnungen in der Enge ein kleines Plus an städtischen Wohnungen. 

Nein heisst Unsicherheit

Sollte die Vorlage beim Stimmvolk scheitern, wäre das Cabaret Voltaire weiterhin von Swiss Life abhängig. Das Problem dabei ist, dass bei Ablauf des Vertrages in vier Jahren die Miete steigen könnte. Diese müsste der Gemeinderat dann wieder gutheissen. Zudem würden die Betriebsbeiträge ausfallen, da diese mit dem Liegenschaftstausch verbunden sind. Cabaret-Voltaire-Direktor Adrian Notz meint dazu: «Dann müssten wir weiterhin versuchen, uns mit der Bar und Fremdmieten über Wasser zu halten.» Allerdings bleibe da wenig Kapazität für kulturelle Vorhaben. Die grosse Angst ist, den Immobilienstrategien ausgeliefert zu sein. Falls Swiss Life eine andere Nutzung des Hauses plant, müsste das Cabaret Voltaire ausziehen. Das wäre das Ende einer 100-jährigen Geschichte und des Eiffelturms Zürichs.

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir 1 ·  
5.0 von 5

Leserkommentare

Keine Kommentare