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Beim Einfahren in die Schlaufe zur Haltestelle Waidspital muss ein Bus (hier aktuell der 69er) einen Teil des Trottoirs «überwischen» können. Bild: SB

Der «Rand»-Stein des Anstosses

Von: Sacha Beuth

08. Januar 2019

Der geplante Neubau der 38er-Bushaltestelle Waidspital ist nicht behindertengerecht. Eine Einsprache dagegen wurde vom Stadtrat abgewiesen. Trotzdem setzen sich zwei SP-Gemeinderäte weiter für entsprechende Anpassungen ein.

Die Ausgangslage ist eigentlich klar. Laut der Verordnung über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderung müssen Neubauten behindertengerecht erstellt werden. Somit auch das Strassenbauprojekt Tièchestrasse, welches unter anderem eine komplett neue Bushaltestelle Waidspital vorsieht. Das bedeutet, dass zum Zweck des ebenerdigen Ein- und Aussteigens für Personen mit Rollstuhl oder Rollator die Randsteinkanten 22 cm hoch sein müssten. Für die Linie 69 ist dies auf dem entsprechenden Abschnitt geplant. Nicht aber für die Haltestelle Waidspital der Linie 38, die künftig in der Schlaufe anstelle der 69er-Haltestelle zu liegen kommt. Dort soll der Randstein nur 16 cm hoch sein. Nur können sich die Busse nicht auf diese Höhe absenken. Rollstuhlfahrer wären beim Ein- und Aussteigen auf eine Rampe und/oder die Hilfe einer Drittperson angewiesen.

Platz fürs «Überwischen»

Aus diesem Grund erhob die Schweizerische Fachstelle Hindernisfreie Architektur in Zürich am 16. Juli letzten Jahres Einspruch gegen das Projekt. «Die Buslinie 38 dient vorab Höngg, einem Quartier, von dem angenommen werden kann, dass dort viele ältere und somit überproportional mobilitätseingeschränkte Personen betroffen sind. Zudem hat sich das Waidspital gerade in der Geriatrie und Altersmedizin positioniert. Behindertengerechte Ein- und Ausstiege sind deswegen von hoher Wichtigkeit», erklärt Joe E. Manser, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Fachstelle und SP-Gemeinderat.

Am 14. November 2018 wies der Stadtrat jedoch die Einsprache ab. Und begründete dies mit den Projektierungsgrundsätzen nach kantonalem Strassengesetz (§ 14), bei denen zwar «die Bedürfnisse des öffentlichen Verkehrs, der Fussgänger, der Radfahrer sowie der Behinderten und Gebrechlichen angemessen zu berücksichtigen» seien, aber eben auch einzelne Grundsätze stärker als andere berücksichtigt würden. Und dann gebe es noch technische Schwierigkeiten. Im Projekt liegt die Haltekante selbst zwar in einer Geraden, doch benötigt ein Standardbus gemäss dem stadträtlichen Schreiben bei der Anfahrt eine bestimmte Strecke, die das Fahrzeug «überwischen», d. h. mit dem Chassis über das Trottoir hineinragen kann. Diese sei hier nicht lang genug. Auch nicht für eine Teilerhöhung der Haltekante, die die Fachstelle Hindernisfreie Architektur als Alternative vorgeschlagen hatte.

Für Manser und seinen Parteikollegen im Gemeinderat, Hans Jörg Käppeli, sind die Antworten unbefriedigend. «Wieso zieht der Stadtrat das Strassengesetz bei und nicht das übergeordnete Behindertengleichstellungsgesetz?» fragt sich Manser. «Zudem haben wir keine Unterlagen erhalten, mit denen wir die nachträglich erstellten Schleppkurven für das Überwischen überprüfen könnten», ergänzt Käppeli. Ebenso hätten sich in anderen Punkten Zweifel oder weitere Fragen ergeben, weshalb die beiden SPler kürzlich eine schriftliche Anfrage zur Erläuterung einiger Ungereimtheiten an den Stadtrat übergeben haben. Der hat nun bis zum 14. März Zeit zu antworten. «Dann entscheiden wir, was wir weiter unternehmen», betont Manser.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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