mobile Navigation

News

«Tut das weh?»: Elisabeth Weber, Chefärztin der Klinik für Innere Medizin am Stadtspital Waid bei einem Untersuch. Bild: PD

Detektivin der Medizin

Von: Sacha Beuth

09. Februar 2021

LEBENSRETTERIN Als Chefärztin der Klinik für Innere Medizin am Stadtspital Waid sind in der Tätigkeit von Elisabeth Weber vor allem Wissen und Erfahrung gefragt. Doch manchmal braucht auch die 50-Jährige das nötige Quentchen Glück, um die Ursache einer lebensbedrohlichen Situation bei einem Patienten zu erkennen.

Die Aufgaben eines Chirurgen sind selbst Laien zumindest rudimentär bekannt. Doch was macht ein Internist beziehungsweise eine Internistin? Elisabeth Weber, Chefärztin an der Klinik für Innere Medizin am Stadtspital Waid, schmunzelt und antwortet mit einer Gegenfrage: «Kennen Sie die TV-Serie Dr. House? Ähnlich wie er müssen auch wir uns meist erst auf die Suche nach der Ursache für ein medizinisches Problem machen, ehe wir behandeln können. Wir sind quasi die Detektive der Medizin. In unsere Belange fallen alle Notfälle, bei denen nicht auf den ersten Blick klar ist, dass hierfür eine Operation nötig ist.»

Seit 2001 hat die 50-jährige Ärztin unzählige Patienten betreut und ist unzähligen Krankheitsbildern und -geschichten auf den Grund gegangen. Angefangen bei starken Kopfschmerzen bis zu akuter Atemnot. Nicht selten ist eine rasche und vor allem richtige Diagnose dann lebensentscheidend. In Erinnerung ist Weber dazu ein Vorfall mit einer etwa 45-jährigen Patientin, die mit schnellem Herzschlag und mit schlechten Kreislauf- und Blutdruckwerten in den Notfall geliefert wurde. «Es war sofort klar, dass sich die Frau in einem lebensbedrohenden Zustand befand. Sie wurde sofort in den Schockraum beordert und stabilisiert. Nach Untersuchung und kurzer Befragung der Patientin haben wir im Team überlegt, was dahinterstecken könnte», erzählt Weber. «Wir entschieden uns, sofort eine Computertomographie zu machen und nach einem Blutgerinnsel zu suchen – was wir dann auch in der Lunge fanden und sich somit dieser Schritt als richtige erste, lebensrettende Massnahme herausstellte. So konnten wir kurz darauf ein Medikament spritzen, welches das Gerinnsel auflöste. Innerhalb von einer Stunde hatte sich der Gesundheitszustand der Frau enorm gebessert.»

Der Patientin sei der Ernst der Lage dabei sehr bewusst gewesen. «Anschliessend hat sie sich bedankt und mich gefragt: Nicht wahr, ich habe Glück gehabt?». Weber kann dies nicht negieren, auch wenn die Internistin statt Glück lieber das Wort Intuition verwendet. «Am Anfang steht immer, sich ein möglichst genaues Bild vom Problem zu machen. Wann etwa begannen die Schmerzen? Wo genau tut es weh? Dann gilt es, die richtigen Schubladen – sprich: die richtigen Schlüsse – zu ziehen, wobei einem der Erfahrungsschatz dabei enorm hilft. Das ist meist matchentscheidend. Und der kleine Rest, der dann noch übrigbleibt, ist eben Glückssache oder Intuition.»

Sofortige Herzmassage

Hauptsächlich ein Glücksfall – nämlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein – war hingegen ein Ereignis, das Weber vor einiger Zeit bei einem privaten Ausflug ins Bündnerland erlebte. «Wir befanden uns mit Freunden in einem völlig überfüllten Postauto, als eine etwa 70-jährige Frau plötzlich zusammensackte und keinen Puls mehr hatte. Ich habe sofort den Chauffeur aufgefordert, das Fahrzeug anzuhalten und habe dann die Frau aus dem Postauto herausgezerrt und versucht, sie mit einer Herzmassage zu reanimieren. Anfangs hat sie nicht reagiert. Erst nach einer gefühlten Minute setzte mit einem Huster dann Atmung und Puls wieder ein und sie war gerettet. Sicherheitshalber haben wir sie dann natürlich trotzdem mit der Rega ins nächste Spital fliegen lassen.»

Es sind solche Momente, die Weber in ihren meist langen und kräftezehrenden Arbeitstagen emotionalen Auftrieb beziehungsweise Glücksgefühle verleihen. «Als Ärztin kann man seinen Beruf nach Feierabend nicht einfach so hinter sich lassen. Man nimmt die Nöte und Probleme seiner Patienten mit nach Hause. Umso schöner ist es dann, wenn man im Bewusstsein heimkehrt, dass man hat helfen können und die Angelegenheit ein glückliches Ende genommen hat.»

Persönlicher Glücksmoment

Rückblickend hatte ich im letzten Jahr viele Glücksmomente, darunter immer dann, wenn eine an Corona erkrankte Person die Intensivstation wieder verlassen konnte. Der grösste Glücksmoment war jedoch, als klar wurde, dass wir ein Vakzin gegen Corona haben und die Menschen impfen können. Elisabeth Weber, Chefärztin

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir 6 ·  
5.0 von 5

Leserkommentare

Keine Kommentare