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Unvergessene Momente: Ex-FCZ-Nationalspieler René Botteron (Mitte) steigt mit wehenden Haaren in die Luft für eine Ballabnahme mit dem Kopf. Noch heute mit 66 Jahren trägt er die Haare lang (Bild unten). Bilder: Keystone (Aufnahme um 1975 in Zürich) / Privat

Die goldenen Fussballerjahre

Von: Ginger Hebel

26. Juli 2021

Am 1. August feiert der FCZ seinen 125. Geburtstag. Der ehemalige Fussballstar René Botteron hat die erfolgreichsten Jahre des Stadtclubs geprägt. Bis heute lebt der FC Zürich von der Fantreue. 

Wilde, lange Haare, das Leibchen über der Hose. Der Ex-FCZ-Profi René Botteron galt mit seiner Frisur und seinem Spielstil als der auffälligste Schweizer Fussballer der Siebzigerjahre. Mit Köbi Kuhn, Rosario Martinelli, Fritz Künzli und Goalie-Legende Karl Grob erlebte er die Glanzzeiten des FC Zürich. «Wir waren eine Topmannschaft, verstanden uns gut, waren erfolgreich. Erfolg macht alles leichter im Leben», sagt der Ex-Nationalspieler. Unter Edi Nägeli (Besitzer der Läden Nägeli zum Tabakfass) erlebte der FCZ seine goldenen Jahre und holte sechs Schweizer Meistertitel und fünf Cupsiege. «Der FCZ ist der Verein, der mir alles ermöglicht hatte. Ich würde noch immer den Züri-Dress anziehen», sagt der heute 66-jährige René Botteron im Gespräch mit dem «Tagblatt».

Meistertitel nach 25 Jahren

Am 1. August 1896 wurde der FCZ von Kanti-Schülern und Mitgliedern der Lokalvereine FC Turicum, FC Excelsior und FC Viktoria gegründet. Bis in die Dreissigerjahre war der Club auch in Sportarten wie Rudern, Boxen und Leichtathletik tätig, bevor er sich ganz dem Fussball widmete. 1973 holte der FCZ den schnellen Glarner René Botteron. Für den Fussball schmiss der damals 19-Jährige die KV-Lehre. Er erinnert sich an die Fans, die in den Stadien den Schlachtruf «Bo-Bo-Botteron» riefen. «Ich war jung, es war ein schönes Gefühl.»

April 1977. Heimspiel im ausverkauften Letzigrund-Stadion, Europacup-Halbfinal gegen Liverpool. Eines der wichtigsten Spiele der FCZ-Geschichte. Durch ein Penalty-Tor von Peter Risi ging der FCZ 1:0 in Führung, verlor am Schluss aber mit 1:3. «Ein legendärer Match», resümiert Botteron. Die Fans und Fotografen liebten ihn für seinen Hippie-Stil. Noch heute trägt er die Haare länger, wenn auch nicht mehr ganz so lang wie früher. «Solange ich Haare habe, trage ich sie», sagt Botteron lachend.

Der Stadtclub hat Stars und Legenden hervorgebracht, darunter Köbi Kuhn als beliebten Nati-Trainer, der zwischen 1960 und 1977 für den FC Zürich spielte, aber auch Toptorschütze Fritz Künzli (220 Tore) sowie Goalie Karl Grob, der die erfolgreichsten FCZ-Jahre prägte. Alle drei verstarben im Jahr 2019. 1986 wurde Sven Hotz FCZ-Präsident und führte den Club durch die Krise. Zwei Jahre später stieg der FC Zürich in die Nationalliga B ab. Zwar gelang der Wiederaufstieg, die Zürcher verblieben jedoch im Mittelfeld. Zum Ende seiner 20-jährigen Amtszeit brachte es Sven Hotz mit seinem Verein doch noch zum Erfolg. 2006 wurde der FCZ nach 25 Jahren erstmals wieder Schweizer Meister.

Der 13. Mai 2006 bleibt für FCZ-Fans wie Michael Jucker als einer der schönsten Tage in Erinnerung. In der 93. Minute schoss Verteidiger Iulian Filipescu die Zürcher gegen den FC Basel zum Meistertitel. «Filipescu spielte nur zwei Jahre für den Club und erzielte kurz vor Abpfiff dieses eine Tor», erzählt Jucker. Der Sporthistoriker steht vor der Fanwand des FCZ- Museums an der Zürcher Werdstrasse, das er mit Luca Stoppa leitet. Immer wieder bringen Fans alte Trikots und Fanartikel vorbei. Das älteste Objekt ist das Trinkhorn, das sich der FCZ zu seinem allerersten Spiel am 30. August 1896 selber geschenkt hatte. «Der FCZ hat eine ungemeine Fantreue. Der Zusammenhalt macht den Club stark», sagt Jucker.

Für das 125-Jahr-Jubiläum haben sie Zeit und Herzblut investiert. Neben Aktivitäten organisieren sie eine Sonderausstellung mit unbekannten Fotografien aus der FCZ-Vergangenheit. «Im modernen Fussball kommen und gehen die Spieler. Was bleibt, ist die Geschichte und die Identität eines Vereins.»

Der FCZ investiert viel in den Nachwuchs. Den Grundpfeiler bildet die FCZ Academy, in welcher über 600 Talente ausgebildet und gefördert werden. Seit der Saison 2003 / 2004 konnten 40 Spieler in das Kader der 1. Mannschaft abgegeben werden. Spieler wie Blerim Džemaili, Admir Mehmedi, Josip Drmić, Ricardo Rodriguez und Nico Elvedi haben sich bereits im Ausland etabliert.

Botteron wechselte 1980 vom FCZ zum 1. FC Köln in die Bundesliga. 1982 stand er mit Standard Lüttich als erster Schweizer Fussballprofi in einem Finalspiel des Europacups. Fünf Jahre später beendete eine Knieverletzung seine Karriere. Bis letztes Jahr arbeitete er bei der Bank Dreyfus in Basel. «Nach dem Profifussball war das eine grosse Umstellung. Aber der Job hat mir viel Spass gemacht», sagt Botteron. «Jetzt, durch die Pensionierung, erlebe ich nochmals eine Veränderung. Es gibt auch langweilige Tage, aber es geht mir gut.» Den alten Zeiten trauere er nicht nach. «Was vorbei ist, ist vorbei.» Im Vergleich zu damals sind die Fussballer, die bei ausländischen Vereinen spielen, Stars mit Millionengagen. «Finanziell ist es heute sicher interessanter. Wer einsteigen kann, darf sich glücklich schätzen.» Trikots aus seinen Aktivzeiten besitzt René Botteron keine mehr. Er hat sie verschenkt und Tombolas zur Verfügung gestellt. Vergessen wird er die Zeit seines Lebens aber nie.

Kein FC Zürich ohne Fans

FCZ-Präsident Ancillo Canepa erlebt mit dem Stadtclub Erfolge und Niederlagen. Er spricht offen über seinen Herzensclub, die besten Spieler aller Zeiten, treue Fans und Integration.

125 Jahre FCZ: Was war für Sie als Präsident der grösste Moment?
Ancillo Canepa: Ich habe sehr viele emotionelle Momente erlebt. Auch ausserhalb des Spielbetriebes. Ein grosser Moment war die Qualifikation für die Champions League, als wir im ausverkauften Letzigrund das Eröffnungsspiel gegen Real Madrid bestreiten durften.

Spieler wie Köbi Kuhn, Fritz Künzli und René Botteron haben den FCZ geprägt. Botteron galt als auffälligster Fussballer der Siebziger.
Für mich persönlich ist René Botteron einer der besten Schweizer Fussballer aller Zeiten. Wir sind in etwa gleich alt, deshalb habe ich seinen kometenhaften Aufstieg vom Drittligaspieler zum Nationalspieler bewusst miterlebt. Heute pflege ich ein freundschaftliches Verhältnis zu ihm.

Sie kennen die internationale Fussballprominenz.
Es stimmt, ich habe sehr viele Prominente aus der internationalen Fussballgemeinde getroffen. Beeindruckt haben mich aber vor allem diejenigen, die ich im persönlichen Austausch als ausgesprochen sympathische und freundliche Menschen kennengelernt habe. Um nur einige zu nennen: Pelé, Franz Beckenbauer, Butragueno, Kalle Rummenigge, Uwe Seeler, Rudi Völler, Arsène Wenger, Amancio, Carnevale, Leonardo, Trapattoni.

Der FCZ blickt auf eine erfolgreiche Vergangenheit zurück. Aktuell ist er im Abstiegskampf angelangt.
Die Super League mit gerade mal 10 Vereinen und einem Modus, in welchem zwei Vereine absteigen können, ist extrem anspruchsvoll. Das Abstiegsrisiko beträgt 20 Prozent. Wir befinden uns im Umbruch. Das braucht Zeit, deshalb hoffe ich natürlich, dass ich in der kommenden Saison nicht laufend in den Tabellenrückspiegel schauen muss.

Freude und Verzweiflung: Wie kommen Sie mit diesem Wechselbad der Gefühle zurecht?
Mein persönliches Rezept: Im Erfolg nicht abheben und im Misserfolg nicht einbrechen.

Was würden Sie tun, wenn der FCZ nochmal Meister werden würde?
Dann würde ich mit meiner Frau Heliane und unseren Hunden in den Wald gehen und die Ruhe geniessen.

Sie führen den Stadtclub mit Ihrer Frau gemeinsam. Sind Sie immer gleicher Meinung?

Das wäre nicht gut. Wir diskutieren oft kontrovers, treffen aber am Schluss immer einvernehmliche Entscheidungen. Für uns ist wichtig, dass wir beim FCZ eine offene Diskussionskultur pflegen.

Wie wichtig ist Fantreue?
Sehr wichtig. Der FCZ hat in der Schweiz die meisten Fans, die den Club auch auswärts unterstützen. Ich war immer wieder erstaunt, wie viele Fans uns im Europacup zu den Auswärtsspielen begleitet haben. Selbst in Rumänien, Bulgarien, Weissrussland oder Zypern waren mehrere Hundert FCZ-Fans dabei.



Könnten Sie sich vorstellen, einem anderen Fussballverein vorzustehen?
Eine interessante Frage. Wie ich im Nachhinein vom leider viel zu früh verstorbenen Andi Rihs erfahren habe, wollte er mir das Präsidium der Young Boys offerieren. Auch ein anderer Super-League-Club, dessen Name ich hier aber nicht nennen möchte, habe über mich nachgedacht. Da mir aber zwischenzeitlich Sven Hotz das Präsidium meines Herzensclubs angeboten hatte, musste ich mir darüber keine Gedanken machen. Ich bin schon stolz, einem Club vorstehen zu dürfen, der seit 125 Jahren Stadtzürcher Geschichte schreibt.

Die Einbussen aufgrund entgangener Zuschauereinnahmen während der Pandemie sind gross. Lässt sich das Loch stopfen?
Seit einem Jahr haben wir praktisch keine ordentlichen Einnahmen mehr. Wir haben vom Bund ein Darlehen erhalten, das wir allerdings wieder zurückzahlen müssen. Kurzfristig lässt sich das Loch nicht stopfen, da müsste ein Wunder geschehen.

Der FCZ setzt sich stark für den Nachwuchs ein. Wie wird man Profi-Fussballer?
Talent allein reicht mit Sicherheit nicht. Wie in jedem anderen Beruf gilt auch im Fussball: Wer nicht bereit ist, hart zu arbeiten, nicht bereit ist, sich ständig weiterentwickeln zu wollen, hat keine Chance.

Viele Spieler haben einen Migrationshintergrund. Welche Rolle spielt Integration im Fussball?

Schon bevor ich Präsident war, hat mich beeindruckt, wie viele Spieler beim FCZ italienische, türkische oder slawische Namen aufwiesen. Der Fussball ist der grösste und der einzige gemeinsame Nenner, der es schafft, Menschen mit unterschiedlichstem Hintergrund national und international zu vereinen. Das sollten auch die Fussballkritiker und gewisse Politiker endlich anerkennen!

Was wünschen Sie dem FCZ?
Eine Mannschaft, die alles gibt, kämpft, nie aufgibt. Fans, welche die Leistung anerkennen und respektieren. Und natürlich auch Medien, die positiv über den FCZ berichten können.

Weitere Informationen:

FCZ-Fanshop und Museum,
Werdstrasse 21, 8004 Zürich
Offen: Di bis Fr 10–18.30 Uhr
Sa: 10–17 Uhr
Sonderausstellung:
www.fcz.ch/de/125-jahre-jubilaum

Der FCZ in Zahlen

42: 1. Mannschaft Männer/
Spieler und Staff
32: 1. Mannschaft FCZ Frauen/
Spielerinnen und Staff
450: Spieler Nachwuchs Academy und Letzikids
120: Spielerinnen FCZ Frauen Nachwuchs Academy und Letzikids
96: Spieler Senioren-Abteilung
68: TrainerInnen/Staff Nachwuchs Academy und FCZ Frauen
33: MitarbeiterInnen Geschäftsstelle, Fanshop, Museum

Die grössten Erfolge

1901/1902: Erster grosser Titel eines Schweizer Fussballmeisters.
1964: Im Europapokal der Landesmeister (heute UEFA Champions League) stiess der FCZ bis ins Halbfinale gegen Real Madrid vor.
1977: Vor über 30 000 Zuschauern empfing der FCZ das grosse Liverpool im Landesmeister-Halbfinale – und führte kurzzeitig sogar.
2006: Nach 25 Jahren wird der FCZ erstmals wieder Schweizer Meister.
2011: Im Letzigrund siegt der FCZ 6:0 gegen GC. Es ist der bislang höchste Derby-Sieg.
2018: 10. Schweizer Cupsieg
2018/2019: Qualifikation Sechzehntelfinale Europa League.

 

 

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