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Setzte sich mehr als sein halbes Leben für sozial Benachteiligte ein: Ernst Sieber. Bild: swsieber

Die gute Seele der Armen ist nicht mehr

Von: SB/RED

22. Mai 2018

NACHRUF In der Nacht auf Pfingstsonntag ist Pfarrer Ernst Sieber im 91. Altersjahr verstorben. Der weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Pfarrer und Gründer der nach ihm benannten Sozialwerk-Stiftung hatte sich

über fünf Jahrzehnte für die Belange der Armen, insbesondere der Obdachlosen und Aidskranken, eingesetzt. SB/RED

Nicht nur predigen, sondern auch handeln. Nur wenige andere Geistliche haben dieses Motto so konsequent umgesetzt wie Pfarrer Ernst Sieber bei seiner Arbeit für die Armen. Durch die von ihm 1988 gegründete Stiftung Sozialwerk Ernst Sieber mit rund zwei Dutzend Angeboten und Einrichtungen – vom Brot-Egge bis zum Pfuusbus – konnte unzähligen Bedürftigen geholfen werden. «Diakonie und Verkündigung, Wort und Tat bleiben die wichtigsten Ausdrucksformen kirchlich-weltlicher Existenz. Je mehr sich un­sere Kirchen in dieser Welt um Menschen in Not kümmern, umso weniger brauchen sie sich um ihre eigene Existenz zu sorgen. Gesellschaft und Kirchen sind aufgerufen, die Solidarität mit den Schwachen zu leben. Insbesondere erneuern sich die Kirchen nur, wenn sie schwache und kranke Menschen in ihre Mitte nehmen», war Sieber überzeugt.

Bunker umfunktioniert

Dabei scheute der geborene Horgner auch vor unorthodoxen Methoden nicht zurück. Etwa als im Winter 1963 während der Seegfröörni wegen der Eiseskälte für die Obdachlosen Todesgefahr bestand. Kurzentschlossen «requirierte» Sieber damals den städtischen Bunker beim Helvetiaplatz und verwandelte diesen in ein Obdachlosenheim. Es war der Grundstein für Siebers Karriere als nationaler Armen- und Obdachlosenpfarrer, die in den 80er-Jahren ihren Höhepunkt erreichte, als Sieber das Drogenelend am Platzspitz und später am Lettenareal zu lindern suchte und dafür die sozialmedizinische Krankenstation Sune-Egge ins Leben rief.

Dabei begann Ernst Sieber seine berufliche Laufbahn erst als Bauernknecht im Welschland. 1950 erlangte er auf dem zweiten Bildungsweg die Matura. Er entschloss sich zum Studium der Theologie, das er 1956 mit der Ordination beendete. Nach seiner Amtszeit von 1956 bis 1967 in Uitikon-Waldegg wurde er 1967 Pfarrer in Zürich-Altstetten, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1992 tätig war. In den Jahren 1988 bis 1992 war er Dekan der Stadt Zürich, links der Limmat, und von 1991 bis 1995 Nationalrat der EVP.

Ernst Sieber verstarb in der Nacht auf Pfingstsonntag 91-jährig im Kreis seiner Familie. Sein Hinschied ist nicht nur für Verwandte und Freunde ein schmerzlicher und schwerwiegender Verlust, sondern für ganz Zürich. Mit ihm ist eine wohl unersetzliche Galionsfigur im Kampf gegen die Armut von uns gegangen.

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