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Die letzte Ruhe neben den geliebten Tieren finden
Von: Ginger Hebel
Abschied: Auf dem Friedhof Nordheim gibt es neu 120 Mietgräber für Mensch und Tier. Es ist der erste Ort in der Stadt Zürich, wo man sich offiziell mit Hund, Katz und anderen Haustieren beisetzen lassen kann.
Umgeben von blühenden Blumen und Grünpflanzen, ruhen Schnurrli, Tigi und Strolch, die geliebten Haustiere eines Stadtzürchers. Ihre Namen sind auf kleinen Stelen aus Eichenholz eingraviert. Eines Tages wird auch das Herrchen neben seinen Tieren die letzte Ruhe finden, in der Ewigkeit vereint.
Der Friedhof Nordheim – zwischen Affoltern und Unterstrass – ist der erste von neunzehn Stadtzürcher Friedhöfen, der Mietgräber für Mensch und Tier schafft. Neben Herrchen und Frauchen können bis zu drei Tiere pro Grab bestattet werden. «Es handelt sich aber nicht um einen Tierfriedhof, obwohl es viele Freiflächen auf Zürcher Friedhöfen geben würde, die für neue Bestattungsformen genutzt werden könnten», erklärt Bruno Bekowies, stellvertretender Leiter Zürcher Bestattungs- und Friedhofamt. «Mit dem neuen Themen-Mietgrab wollen wir Menschen die Möglichkeit geben, offiziell um ihre verstorbenen Tiere zu trauern und später neben ihnen bestattet zu werden», sagt Bekowies. 400 Tiere werden pro Woche in Deutschschweizer Tierkrematorien kremiert. Der Wunsch, würdevoll Abschied zu nehmen, sei in der Bevölkerung spürbar.
Für viele Menschen sind Tiere längst mehr als nur Lebewesen. Sie sind Freunde, treue Wegbegleiter und geschätzte Familienmitglieder, die das Leben oft über Jahrzehnte prägen. Nach reiflichen Überlegungen ist das Friedhof- und Bestattungsamt in enger Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Kirche und Tiere (AKUT) sowie der Stadt zum Entschluss gekommen, das Mensch-Tier-Grab zu eröffnen. «Die Möglichkeit, sich mit Tiergefährten bestatten lassen zu können, ist eine sinnvolle und berechtigte Geste für Menschen, die das möchten. Trauer ist etwas Individuelles und der eigene Weg, Abschied zu nehmen, sollte respektiert werden», sagt Dr. Eveline Schneider Kayasseh vom Verein AKUT. Dieser setzt sich für einen achtsameren Umgang mit Tieren ein und vermittelt im Zusammenhang mit dem neuen Mietgrab etwa auch Pfarrpersonen für private Abdankungsfeiern für Tierhaltende. «Wir registrieren eine gesteigerte Nachfrage von trauernden Tierhalterinnen und Tierhaltern, die seelsorgerische Gespräche wünschen», sagt Eveline Schneider Kayasseh.
In der Gesellschaft werde die Trauer um ein Tier oft bagatellisiert. «Es heisst rasch, ‹ach, das war doch nur ein Hund oder eine Katz!›. Doch in Wahrheit leiden viele Menschen stark unter dem Verlust ihres Haustieres.» 120 Mensch-Tier-Gräber stehen im Friedhof Nordheim zur Verfügung, liebevoll angelegt in einem Staudengarten, abseits der konventionellen Grabfelder. «Diese Abtrennung ist bewusst, um Gefühle von Menschen nicht zu verletzen, die sich an einem gemischten Grab mit Tieren stören», sagt Bruno Bekowies. Allerdings sei es schon länger möglich, sein Tier mit ins persönliche Grab zu nehmen, allerdings ohne Namensinschrift und ohne es öffentlich zu thematisieren.
«Suchen keinen Konflikt»
Ab Mietbeginn des Grabes können Tierurnen und Aschesäcke beigesetzt werden. Von Büsi, Hund, aber auch Pferd. Die Tiere müssen kremiert werden (in Tierkrematorien wie Dübendorf oder Seon, in der Stadt Zürich nicht möglich). Die Aschenmenge ist auf 1,5 Kilogramm limitiert. «Wir können kein Kadaver begraben, sonst holt es der Fuchs», sagt Bekowies. Häufig stirbt ein Haustier viel früher als sein Besitzer oder die Besitzerin. Während Urnen-Reihengräber nach der obligatorischen Ruhezeit von 20 bis 22 Jahren automatisch aufgehoben werden, können Themen-Mietgräber beliebig lang gemietet werden (Kostenpunkt: 2000 Franken für 20 Jahre inklusive Grabunterhalt).
Als im Jahr 2004 verschiedene Zürcher Zeitungen erstmals Todesanzeigen für Tiere ermöglichten, machte sich Entrüstung breit. «Geschmacklos» und «komplett daneben», fanden es die einen, «höchste Zeit» und «würdevoll» die anderen. Das Zürcher Bestattungs- und Friedhofamt ist sich bewusst, dass das neue Mensch-Tier-Grab polarisiert und die Meinungen spaltet. «Wir suchen den Konflikt nicht. Was wir aber wollen, ist, dem Menschen in seiner Trauer einen Ort anzubieten, wo er seinen Verlust verarbeiten kann. Bei uns steht das menschliche Bedürfnis im Fokus», betont Bekowies. Auch Hellseher Mike Shiva hat neben seinen Hunden auf dem Tierfriedhof am Wisenberg im Kanton Baselland – dem ersten Tierfriedhof der Schweiz – ewige Ruhe gefunden.
Tiere zu begraben und auf einem Friedhof zu betrauern, hat in den Augen von Eveline Schneider Kayasseh mit Vermenschlichung nichts zu tun. «Es geht um die Trauer des Menschen als Ausdruck der Bedeutung, die der Tiergefährte für das eigene Leben gehabt hat.» Sie ist überzeugt: «Auch Tiere haben eine Seele. Ein würdevoller Abschied kann ein wichtiger Teil der Trauerbewältigung sein».
Weitere Informationen:
www.stadt-zuerich.ch/themenmietgrab
www.arbeitskreis-kirche-und-tiere.ch
Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch
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