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Der junge Tiertrainer Ivan Frédéric Knie ist im aktuellen Circus-Programm sehr präsent. Bild: Boekhaus

Die Pferde bedeuten ihm alles

Von: Ginger Hebel

16. Mai 2023

Die achte Generation ist am Start: Der 21-jährige Ivan Frédéric Knie ist im neuen Zirkusprogramm sehr präsent. Der Tiertrainer übernimmt immer mehr Verantwortung rund um die Betreuung und den Transport der Pferde. Auch seine Geschwister Chanel und Maycol jun. stehen mit Eifer in der Manege. 

Chanel rennt mit nassen Haaren und Hoodie durch die Zeltstadt und sucht Schutz im Wohnwagen. «Es rägnet», sagt sie lächelnd und setzt sich auf die braune Ledercouch neben ihren grossen Bruder Ivan. In wenigen Stunden werden sie in ihre glitzernden Bühnen-Outfits schlüpfen und das Knie-Publikum verzaubern. Wie fast jeden Tag. Mit Ivan (21), Chanel (12) und Nachzügler Maycol jun. (5) steht bereits die achte Generation der Knie-Dynastie in der Manege.

Im neuen Programm ist Ivan, Sohn der artistischen Direktorin Géraldine Knie, sehr präsent. Der junge, feinfühlige Tiertrainer zeigt eine harmonische Darbietung mit seinen 30 weissen, braunen und schwarzen Araberpferden, die zu den edelsten und zugleich ältesten Pferderassen der Welt zählen. «Die Pferde bedeuten mir alles», sagt der 21-Jährige. Einige Tiere sind bald 30 Jahre alt und somit deutlich älter als er selber. «Ich bin mit ihnen aufgewachsen, kenne sie in- und auswendig, ihre Stärken und Schwächen.» Anfang 2020 hat er sechs braune Araberpferde zu sich geholt. «Ich wollte unbedingt meine eigene Pferdetruppe aufbauen und trainieren.» Mit Gefühl kümmert er sich um seine Schützlinge. Er übernimmt zunehmend mehr Verantwortung rund um die Betreuung und den Transport der Tiere, trainiert und beschäftigt sie jeden Tag. «Diese Konstanz ist entscheidend, damit eine enge Bindung zu den Pferden entsteht.» Die Leidenschaft für Pferde hat Ivan von seinem Grossvater Fredy Knie jun. und seiner Mutter Géraldine geerbt. «Die Tiere haben aus mir einen geduldigeren Menschen gemacht.»

Morgens um acht beginnt das Pferdetraining in der Manege, danach gehts in den Stall und auf die Weide beim Albisgüetli. «Bewegung ist wichtig, damit sie fit und gesund bleiben.» Die Liebe zu den Pferden teilt auch Schwester Chanel. Vor zehn Jahren feierte sie an der Hand ihres Opas ihr Manegen-Debüt. Seither war sie immer wieder mit verschiedenen Darbietungen zu sehen, mit Lamas, Ponys, Tauben. Und jetzt als Reiterin auf ihrem Lieblingspferd Laureus. Mit zwölf Jahren reitet sie bereits die Hohe Schule. «Es macht mir so viel Spass.» Sie liebt das Scheinwerferlicht. Auch das Tanzen hat sie für sich entdeckt. Eifrig lernt sie neue Choreografien von den Profi-Tänzerinnen.

Schule hat Priorität

Auch Géraldine Knie und ihr Mann Maycol erholen sich kurz im Wohnwagen und bereiten sich mental auf die nächste Vorstellung vor. Sie sind beide sehr stolz auf ihre Kinder und unterstützen sie, wo sie nur können. Familienzusammenhalt bedeutet ihnen alles. «Wir arbeiten und leben zusammen. Da fliegen auch mal die Fetzen. Aber nach fünf Minuten vertragen wir uns wieder», sagt Ivan und blinzelt seiner Schwester zu. Während der Spielzeit in Zürich leben die Knies beim Albisgüetli. Privatsphäre geniessen sie in ihren eigenen Wohnwagen. Gegessen wird aber stets gemeinsam wie in einer grossen italienischen Familie. Meistens steht Opa Fredy am Herd. «Er kocht wunderbar und macht es gerne, nicht so wie ich», sagt Ivan und lacht.

Seit 1938 sind die morgendlichen Tierproben in der Zirkusmanege und im Winterquartier öffentlich zugänglich. «Die Tiere sind sich ans Publikum gewöhnt», betont Ivan. Im Knie gilt der Grundsatz: «Lass das Pferd Pferd sein.» Als erfahrener Tiertrainer beherrscht Fredy Knie jun. die Kunst, das Vertrauen zu jedem Pferd individuell aufzubauen und zu entwickeln. Auch seinen jüngsten Enkel Maycol jun. macht er mit den Pferden vertraut. Der Fünfjährige tritt zum zweiten Mal im Knie auf. Früher fand er vor allem Traktoren toll, jetzt auch Ponys. Ivan bewundert ihn für seinen starken Willen. «Er möchte unbedingt auftreten und hat für sein junges Alter eine unglaubliche Disziplin, die nicht einmal ich damals hatte.» Die grossen Geschwister leben dem Kleinen vor, was es heisst, in der Manege aufzutreten und Freude zu haben. Alle seien stolz, dass die langjährige Familientradition fortgeführt wird.

Chanel drückt in dieser Saison als einziges Kind im Zirkus die Schulbank. Unterrichtet wird im Zirkuswagen. Die Zwölfjährige geniesst den Privatunterricht, auch wenn sie es schön fand, in früheren Jahren zusammen mit anderen Zirkuskindern in die Schule zu gehen. Ihr Lieblingsfach: Geometrie. Sie besucht den Unterricht und trainiert im Anschluss. «Die Schule hat immer Priorität, so war es schon bei mir; das ist unseren Eltern wichtig», sagt Ivan. Der kleine Maycol besucht den zirkuseigenen Kindergarten. Die Manege ist in seinen Augen ein grosser Spielplatz.

Starker Zusammenhalt

Chanels Handy klingelt. Sie antwortet auf Englisch. «Im Zirkus wachsen wir mehrsprachig auf, das ist ein grosser Vorteil», sagt Ivan. Mit seinem Vater spricht er Italienisch, mit der Mutter meistens Deutsch, mit den Artisten Englisch und Spanisch. Wenn er nicht auf der Bühne steht, dann macht er gerne Sport, am liebsten spielt er Tennis und Fussball und trifft sich mit Freunden in Zürich. «Beziehungen zu pflegen, ist mir wichtig.» Auf der aktuellen Tournee mit dabei, aber nur in Zürich und im Abendprogramm, ist der deutsch-­türkische Comedy-Star Kaya Yanar. Géraldine Knie ist als artistische Direktorin zuständig für die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler. Ivan ist ein bekennender Kaya-Fan und hat seiner Mutter von ihm vorgeschwärmt, «es ist toll, dass es geklappt hat und er bei uns auftritt», freut sich Ivan.

Die Jungen sehen ihre Zukunft im Zirkus. Sie wollen in erster Linie das tun, was ihnen Freude bereitet. Sie sind im Chapiteau gross geworden und kennen nur dieses Leben im Rampenlicht, vor Publikum und mit Applaus. «Wir haben alle nie einen Zwang gespürt, sondern leben diese Begeisterung für die Zirkuswelt», sagt Ivan. Die Familie Knie legt Wert auf abwechslungsreiche Nummern, neuartige Technologien und moderne Licht- und Soundeffekte, um das treue Publikum immer wieder aufs Neue zu begeistern und auch jüngere Leute für den Zirkus zu gewinnen. Noch bis 4. Juni gastiert der Circus Knie in Zürich auf dem Sechseläutenplatz, bevor er weiterzieht durch die Schweiz. 24-mal wird während der aktuellen Tournee das rund 6000 Kilogramm schwere Chapiteau auf- und abgebaut. Ivan: «Wir alle packen mit an. Wir halten zusammen.»

Weitere Informationen: Der Knie gastiert noch bis 4. Juni auf dem Zürcher Sechseläutenplatz. Am Montag, 22. Mai findet um 19.30 Uhr eine Zusatzshow statt. In dieser wird auch der Comedian Kaya Yanar zu erleben sein. Tickets und Vorstellungen: www.knie.ch

 

 

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