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Buchautor und Medienunternehmer: Roger Schawinski. Bild: Keystone

Die Sucht, immer der Allerbeste zu sein

Von: Jan Strobel

21. Juni 2016

Roger Schawinski: Wir sprachen mit ihm über sein neustes Buch «Ich bin der Allergrösste. Warum Narzissten scheitern».

Roger Schawinski, Sie schrieben ein Buch über das Scheitern von Narzissten. Weshalb gerade dieses Thema?
Ich bin darauf gestossen, als ich Lance Armstrong nach seinem grössten Fehler gefragt habe. Seine Antwort hat mich total verblüfft. Denn wegen seines extremen Narzissmus und seiner Hybris wurde aus dem wohl grössten Sportler unserer Zeit eine absolute Hassfigur. Da habe ich mich entschieden, diesem Phänomen intensiv nachzugehen.

In Ihrer Arbeit als Journalist und Unternehmer haben Sie es immer wieder mit Narzissten zu tun, die sich überschätzen. Wie gehen Sie mit diesen Menschen um?
Man versucht, sie zu durchschauen. Und wenn man kann, geht man ihnen völlig aus dem Weg. Aber für die, die von ihnen abhängig sind, ist es oft die Hölle.

Sie porträtieren im Buch unter anderen Lance Armstrong, Josef Ackermann und Sepp Blatter. Was ist die Gemeinsamkeit dieser Narzissten in ihrer Biografie des Scheiterns?
Da gibt es einige: die völlige Selbstüberschätzung, das Fehlen von Empathie, die Manipulation anderer, die Entourage von kritiklosen Bewunderern. Im Buch habe ich dies natürlich viel detaillierter dargestellt.

Braucht die Welt Narzissten? War dieses «Ich bin der Allergrösste» nicht immer auch ein Motor für innovative Geister, denken wir nur an Steve Jobs?
Absolut. Aber ich schreibe, dass ich es bedaure, dass diese grandiosen Visionäre sich im privaten Umfeld oft als – sorry - absolute Arschlöcher verhalten. Und Steve Jobs hat wegen seiner Sucht, in allem der Allerbeste zu sein, sogar seinen frühen Tod provoziert, weil er auch in medizinischen Dingen die Entscheidungen selbst treffen wollte.

Würden Sie sich selbst als Narzissten bezeichnen? Oder anders gefragt: Löste die Arbeit zu diesem Buch eine Selbstreflexion aus?
Eine Selbstreflexion ganz sicher. Und ich hoffe, dass dies auch bei den Lesern meines Buches geschieht. Da extreme Narzissten und Leute mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung im Gegensatz zu ihrem unmittelbaren Umfeld nicht unter ihrem Verhalten leiden, handelt es sich um ein äusserst komplexes Phänomen, das übrigens kaum therapierbar ist.

Roger Schawinski: «Ich bin der Allergrösste. Warum Narzissten scheitern», Verlag Kein & Aber, 224 Seiten, 24 Franken.
www.keinundaber.ch

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Leserkommentare

Christian Kaiser - Wir haben eine narzisstische Gesellschaft, in der jeder der Grösste, wenn auch nicht der Allergrösste, sein möchte.

Vor 7 Jahren 9 Monaten  · 
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