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Nach 49 Jahren steht der Familienbetrieb vor der Schliessung: Markus und Viktor Frech (rechts) im Lager ihrer Modesa. Bild: Beat Mathys / Berner Zeitung

Ein Ende mit Ansage

Von: Ginger Hebel

18. März 2019

Lädelisterben: Jetzt trifft es das Traditionshaus Stofftrucke bei der Sihlporte. Ende Juni gehen die Vorhänge zu. Auch die übrigen Filialen schliessen.

Die Stoffballen gehen weg wie warme Weggen. Die Verkäuferinnen der Stofftrucke bei der Zürcher Sihlporte haben alle Hände voll zu tun. Sie verkaufen aktuell drei- bis fünfmal so viel Waren wie gewohnt, Möbel- und Dekostoffe, Tülle, Vorhang- und Kleiderstoffe. Der Grund: Das Traditionshaus Modesa, in Zürich und Basel als Stofftrucke bekannt, schliesst Ende Juni.

Das Warenlager ist gross, alles muss raus. Rabatte von 50 Prozent ziehen noch einmal die Masse an. Auch die übrigen Filialen in Basel, Bern, Lausanne und Thun schliessen. Mitinhaber Viktor Frech hat immer geahnt, dass sie eines Tages kapitulieren müssen. Jetzt wird ein Schlussstrich unter knapp 50 Jahre Stoff- und Familiengeschichte gezogen. «Wir haben alles Mögliche versucht, aber nun müssen auch wir aufgeben.»

Sinkende Nähfreude

Im Sommer 1970 eröffnete Viktor Frech ein kleines Geschäft in Biel. Ein Jahr darauf kamen seine Brüder Markus und Andreas hinzu, mit ihrem Ersparten kauften sie Stoffballen um Stoffballen. Es folgten Filialen in Bern und Basel. Vorhang- und Stoffverkäuferinnen, Tapezier- und Dekorationsnäherinnen verkauften Kleiderstoffe in allen erdenklichen Variationen und Vorhänge nach Mass. Kunstwerke mit St. Galler Stickereien genauso wie Dekor- und Verdunkelungsvorhänge. Das Geschäft florierte.

Die Gebrüder Frech eröffneten weitere Filialen in der ganzen Schweiz. 2003 übernahmen sie in Zürich das Kleider- und Vorhanggeschäft der Firma C&A bei der Sihlporte, die Filiale wurde zum Zugpferd. Doch als zwei Jahre später das Warenhaus EPA auf der gegenüberliegenden Strassenseite dicht machte, versiegte der Passantenstrom schlagartig. «Das war sehr schlecht für unser Geschäft», erzählt Viktor Frech. Die Umsätze gingen zurück und mit ihnen die Freude der Kunden am Selbernähen. «Heutzutage wissen viele nicht mal mehr, wie man eine Nähmaschine bedient. Das Handwerk ist nicht mehr gefragt wie früher, und in den modernen Wohnungen wollen viele gar keine Vorhänge mehr», sagt Viktor Frech bedauernd.

Hinzu kam die wachsende Konkurrenz aus dem Internet und die Kauflust ausserhalb der Landesgrenzen. «Oft stellten die Kunden erst danach fest, dass die Stoffe und Vorhänge bei uns sogar günstiger oder zumindest nicht teurer gewesen wären als im Ausland», resümiert Frech. Die Umsätze sanken kontinuierlich und in den letzten zwei Jahren so drastisch, dass die Geschäftsleitung ihre Löhne auf ein Minimum reduzierte und teilweise sogar ganz darauf verzichtete. Jeder der Gebrüder Frech hatte sein eigenes Fachgebiet. «Wir arbeiteten 49 Jahre zusammen, ohne Streit und grössere Auseinandersetzungen», erzählt der 72-Jährige. «Wir hatten gehofft, das 50-Jahr-Jubiläum mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern feiern zu können, doch die Wirtschaftslage lässt es leider nicht mehr zu.»

43 Verkäuferinnen und ein Teilzeitchauffeur sind von der Schliessung der Stofftrucke in Zürich betroffen und verlieren ihren Job. Insgesamt teilen sich die Angestellten 20 Vollzeitstellen. «Es ist traurig, aber die Bedürfnisse der Konsumenten verändern sich, da kann man nichts machen. Wir sind dankbar, dass unsere Artikel so lange gefragt waren», sagt Viktor Frech.

Im Internet ist das exklusive Ladenlokal zur Miete ausgeschrieben. Kostenpunkt: 29 416 Franken im Monat. Der Totalausverkauf dauert noch bis zum 30. Juni.

Weitere Informationen: Modesa/Stofftrucke Damen- und Dekostoffe Löwenstrasse 2 (Sihlporte), Zürich Telefon 043 497 20 85

www.modesa.ch/Zuerich

 

 

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