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Der Charakter eines Jugendlichen kann sich nach dem Konsum von illegalen Gewaltdarstellungen einschneidend verändern. (Symbolbild: ClarkandCompany)

Gefährlicher Konsum

Von: Christian Saggese

18. August 2020

Immer mehr Jugendliche werden wegen dem Besitz illegaler Pornografie und Gewaltdarstellungen verzeigt. Der Konsum solcher Videos kann schwerwiegende Auswirkungen haben, weiss Medienpsychologe Gregor Waller. 

Es sind erschreckende Zahlen, die die Oberjugendanwaltschaft kürzlich veröffentlichte. Noch nie wurden im Kanton Zürich so viele Jugendliche wegen dem Besitz und der Weiterverbreitung von illegaler Pornografie und Gewaltdarstellungen verzeigt (siehe Box). Die Rede ist aber nicht nur von fiktiven Horrorfilm- oder Softpornoszenen. Vielmehr sind es reale Aufnahmen von Suiziden, Tierquälerei oder Videos mit tierpornografischem Inhalt, die bereits unter 12-Jährigen die Runde machen.

Warum aber sehen sich Jugendliche freiwillig solche Videos an, die selbst Erwachsene überfordern? Damit beschäftigt sich Gregor Waller, Co-Leiter der Fachgruppe Medienpsychologie bei der ZHAW: «Oft dürfte der Grund der Reiz des Verbotenen sein, eine Art Mutprobe, um die eigenen Grenzen auszuloten.» Viele Jugendliche könnten es auch noch gar nicht richtig einschätzen, dass sie gerade eine illegale Tat ausüben und generell ein Tabu der Gesellschaft brechen: «Je nach Persönlichkeit sind sie nach dem Konsum dermassen aufgewühlt, dass sie die Videos, ohne gross nachzudenken, an Gleichaltrige schicken, um zu sehen, ob diese den gleichen Ekel verspüren. Oder sie wollen einfach ihre Kollegen damit schockieren.» In neun von zehn Fällen seien es laut Studien übrigens Buben, die sich solche Videos anschauen, weiss Waller.

Suchtgefahr besteht

Unterschätzt werde auch, welche kurz- und langfristigen psychologischen Probleme der Konsum dieser illegalen Medien mit sich bringen kann: «Natürlich spielt hier die Persönlichkeit des Jugendlichen ebenfalls eine wichtige Rolle. Doch Studien zeigen, dass solche Aufnahmen teils nicht mehr aus dem Gedächtnis gelöscht werden können. Sie lösen einen Schock aus, ein Trauma, insbesondere Kinder können danach teilweise tagelang nicht mehr richtig schlafen. In einigen Fällen findet ein sozialer Rückzug statt. In sehr seltenen Fällen kann ist auch zu einer Verhaltenssucht kommen. Dann zum Teil mit dem Effekt, dass der konsumierte Inhalt stets extremer wird.»

Wie weit können solche Aufnahmen einen Jugendlichen aber abstumpfen, sprich, dass für ihn, als Beispiel die gesehene sexuelle Gewalt, zur Normalität wird? Waller: «Studien zeigen, dass bereits beim Konsum legaler Pornografie einige Jugendliche die Szenen zum Vorbild nehmen, dadurch freizügiger werden und dementsprechend höhere Erwartungen an ihr Gegenüber haben. Ob dies bei illegaler Pornografie noch exzessiver wird, darüber gibt es derzeit keine verlässliche Quelle.»

Auf Verhaltensänderungen achten

Zeigt der Nachwuchs Verhaltensänderungen, sollten die Eltern ihr Kind unbedingt darauf ansprechen. Generell sei es in der heutigen Zeit wichtig, die Existenz solcher Videos nicht abzustreiten, sondern die jüngeren Generationen auf den Kontakt mit dem Material vorzubereiten: «Dabei ist es nicht zwingend notwendig, ins Detail zu gehen. Es reicht zu erklären, dass es Videos gibt, deren Inhalte sich dauerhaft ins Gedächtnis brennen, obwohl man sich wünschte, sie sofort wieder zu vergessen.»

Wenn man als Jugendlicher ein solches Video sieht, sei es wichtig, dieses nicht weiterzuschicken und sich stattdessen an eine erwachsene Vertrauensperson zu wenden. «Generell müssen wir dieser Problematik mit Sensibilisierung und Aufklärung entgegenwirken, wie es heute bereits Schulen gut machen. Unnütz wäre es, dem Kind einfach das Handy zu verbieten, weil darüber auch ein wichtiger und unterstützender Austausch mit Gleichalterigen stattfindet», so Gregor Waller.

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