mobile Navigation

News

Was sich an den Uferstellen ansammelt, ist immens. Hier ein Bild eines Uferchecks des Vereins Stop Plastic Pollution Switzerland. Bild: PD

Giftige Plastikabfälle auch im Zürichsee

Von: Stine Wetzel

24. April 2018

Eine Studie hat gezeigt, dass der Genfersee aufgrund von Kunststoffabfällen mit giftigen Stoffen belastet ist. Man geht davon aus, dass es auch im Zürichsee toxische Substanzen gibt.

Die Plastikflut in den Weltmeeren ist ein riesiges Problem. Derzeit schwappen 150 Millionen Tonnen Plastik in den Ozeanen, bald wird es sogar mehr Plastik als Fisch sein. Weniger bekannt (und untersucht) ist, dass auch Seen und Flüsse mit Kunststoffpartikeln belastet sind.

Kunststoff ist biologisch nicht abbaubar, er zerfällt unter Einflüssen wie Wind und Sonne in kleine Teile und gelangt so in Organismen. Der Verein Stop Plastic Pollution Switzerland zeigt mit seinen Uferchecks, dass die Schweizer Gewässer keinesfalls so sauber sind, wie man ­gemeinhin annimmt (siehe unten). Eine weitere neue Erkenntnis: Im teils jahrzehntealten Plastikmüll sind giftige Stoffe verarbeitet. Dass der Kunststoff im Genfersee teilweise Schwer­metalle enthält, hat die Umweltchemikerin Montserrat Filella gerade in einer Studie an der Universität Genf nachgewiesen. Im «Tages-Anzeiger» ist von überraschenden Altlasten die Rede – giftige Substanzen wie Kadmium und Quecksilber wurden früher in der Kunststoffherstellung als Farbpigmente oder Stabilisatoren eingesetzt, sind heute aber verboten.

Nur die Spitze des Eisbergs

Man geht davon aus, dass die «Genfersee-Gift-Diagnose» auch auf andere Schweizer Gewässer zutrifft, etwa auf den Zürichsee. Bernhard Wehrli, Professor für Aquatische Chemie an der Eawag und der ETH Zürich, schätzt die Gefahr für Mensch und Tier aber als gering ein. «Die Schwermetalle im Plastik lösen sich nämlich kaum oder nur sehr langsam im Wasser.» Das Problem mit Plastik sei, dass Vögel und andere Wassertiere Plastikteilchen oft mit Plankton verwechselten und «damit leeren Ballaststoff statt Nahrung aufnehmen» – und verhungern.

Für Wehrli zeigt sich am «Fall Genfersee» vor allem, dass unser Plastikkonsum problematisch ist. Zum einen, weil sich der Kunststoff jahrzehntelang in der Umwelt ansammelt. Zum anderen seien die hohen Konzentrationen von Kadmium und Quecksilber in den Plastikpartikeln am Genfersee «nur die Spitze des Eisbergs». «Es gibt viele tausend Zusatzstoffe im Plastik, deren Auswirkungen auf die Umwelt nicht bekannt sind.»

Ufermüll besteht zu 62 Prozent aus Plastik

Der gemeinnützige Verein Stop Plastic Pollution Switzerland (Stoppp) zeigt zusammen mit dem WWF auf, wie stark die Gewässer hierzulande mit Abfällen belastet sind. Seit April letzten Jahres haben 150 Freiwillige den Ufermüll an 112 Standorten gesammelt, darunter auch acht Sammelstellen am Zürichsee, davon zwei auf Stadtgebiet. 80 000 Abfallgegenstände kamen bei der monatlichen Sammlung an den Wasserlinien, die gleichzeitig Reinigungsaktion war, zusammen. Die Auswertung wird im «Swiss Litter Report» im Juni veröffentlicht. Eines können die Initianten schon jetzt sagen: 62 Prozent des Mülls ist Plastik, allen voran Zigarettenstummel, plastifizierte Zellulose. Daneben: Plasteflaschen und Verpackungen von Nahrungsmitteln, aber auch Kondome oder Windeln. Insbesondere die Chinawiese am See sei stark verschmutzt – «und das, obwohl die Stadt dort im Sommer jeden Tag putzt», sagt Stoppp-Präsidentin Gabriele Kull. 
www.stoppp.org

«Mikroplastik: Zürcher ARA effizient»

Das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel) hat 2016 die kantonalen Seen und Flüsse als Gewässer, die gereinigtes Abwasser enthalten, auf Mikroplastik untersucht. Im Zürichsee befinden sich laut Bericht 8133 Milliarden winzige Plastikpartikel. Allerdings schwebten im Wasser mindestens 10 000-mal mehr natürliche Partikel, sagt Awel-Sprecher Wolfgang Bollack. «Die Studie hat gezeigt, dass Zürcher ARA Mikroplastik sehr effizient entfernen.» Das Awel stellt auch der Sihl und der Limmat ein gutes Zeugnis aus. «Wir teilen nach wie vor die Einschätzung des Bundesamts für Umwelt aus dem Jahr 2014, wonach Mikroplastik keine unmittelbare Gefährdung für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen darstellt. Die Problematik der Mikroverunreinigungen durch Pestizide, Medikamentenrückstände oder weitere Chemikalien wird als schwerwiegender eingestuft.» Dennoch seien weitere Studien zu Mikroplastik in Binnengewässern erwünscht, so Bollack.

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir 2 ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare