mobile Navigation

News

Der Lehrerin die Hand geben? Für zwei muslimische Schüler ein Problem. Bild: Easy_Company

«Händedruck ist nicht gleich Kopftuch»

Von: Clarissa Rohrbach

05. April 2016

Der Händedruck zwischen Lehrerinnen und Schülern ist gang und gäbe. Bei einer Verweigerung würde man in Zürich die Eltern ansprechen.

Ein Junge gibt seiner Lehrerin die Hand. Ist das unmoralisch? Ja, meinten die Eltern zweier muslimischer Schüler in Therwil BL.  Die Jugendlichen verweigerten den Händedruck, die Schule akzeptierte das. Seit Sonntag empört der Vorfall die ganze Schweiz. Tausende finden bei Onlineumfragen, Andersgläubige müssten sich unserer Kultur anpassen.


Dem kantonalen Volksschulamt sind solche Fälle in Zürich nicht bekannt. Die Bundesverfassung garantiere die Religionsfreiheit, darauf sei Rücksicht zu nehmen. Doch dies betreffe meistens nur wenige Situationen wie die Dispensation an hohen Feiertagen. «Grundsätzlich gelten in der Schule der Lehrplan und unsere traditionellen Werte. Diese Punkte sind nicht verhandelbar. Ob man sich die Hände gibt, ist eine Entscheidung der einzelnen Lehrpersonen», sagt Leiter Martin Wendelspiess.


Die Begrüssung mit Handschlag sei zwar keine Vorschrift, aber in Zürcher Schulen gang und gäbe, erklärt Regina Kesselring, Sprecherin vom Schulamt der Stadt Zürich. «Das Kind individuell zu begrüssen, gehört vielerorts zur Schulkultur und schafft Verbindlichkeit.» Wäre eine Lehrerin mit einem solchen Problem konfrontiert, würde man in Zürich nicht klein beigeben, sondern Lösungen suchen. «Die Verweigerung des Händedrucks ist einerseits ein Mangel an Anstand und Respekt gegenüber der Lehrerin und andererseits steht sie für eine grundsätzliche Haltung gegenüber Frauen», meint Kesselring. In solchen oder ähnlichen Fällen würden die Schulen das Gespräch mit den Eltern suchen, um der Sache nachzugehen.


Selbst Alt-Nationalrat und Rechtsanwalt Daniel Vischer findet, dass die Ablehnung des Händedrucks unverhältnismässig sei. Obwohl er sich mehrmals für muslimische Mädchen eingesetzt hat, die verhüllt in die Schule wollten. «Das ist nicht mit dem Kopftuch vergleichbar. Ein Kopftuch stört den Unterricht nicht. Wenn hingegen ein Schüler den Händedruck verweigert, erschwert das die Beziehung zur Lehrerin.» Die Hand zu geben, gehöre zur normalen alltäglichen Kommunikation in der Schweiz. Religionsfreiheit habe ihre Grenzen, wenn sie sich mit den Grundlagen unserer Gesellschaft beisse. «Ein Händedruck muss möglich sein, schliesslich besuchen diese Jugendlichen eine öffentliche Schule.»

Was meinen Sie? Schreiben Sie uns auf echo@tagblattzuerich.ch

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir 2 ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare