mobile Navigation

News

«Wegen Corona können und wollen viele Menschen nicht verreisen. Sie feiern zuhause mit einem schönen Baum», sagt Stadtförster Willy Spörri. Bilder: Ginger Hebel

Hohe Ansprüche an Zürcher Christbäume

Von: Ginger Hebel

08. Dezember 2020

Wegen Corona und des befürchteten Andrangs kaufen viele ihren Baum nicht erst kurz vor dem Fest, sondern schon jetzt. Aufgrund der Corona-Pandemie hat Grün Stadt Zürich den Selberschneiden-Event abgesagt. Es ist aber weiterhin möglich, unter Einhaltung des Schutzkonzepts den Baum vor Ort zu kaufen. Stadtförster Willy Spörri und sein Team liefern den Wunschbaum auch bis vor die Haustüre.

Unter den Schuhen knirscht der Schnee. Stadtförster Willy Spörri steht mitten in seinem grünen Weihnachtsbaum-Paradies im Forstgarten Albisgüetli. Hier wachsen 120 000 Fichten und Tannen, kleine und grosse, dünne und solche mit runden, üppigen Formen. Rund 5000 Stück verkauft Grün Stadt Zürich jedes Jahr während der Weihnachtszeit.

Seit drei Jahrzehnten hegt und pflegt Willy Spörri mit seinem 24-köpfigen Team die Christbäume auf der Landwirtschaftsfläche am Waldrand. «Einen Baum direkt aus dem Wald will heute niemand mehr, da dieser durch das fehlende Licht nicht schön gleichmässig und rund wächst. Wir züchten die Bäume deshalb in unseren Kulturen.» Alle Christbäume werden ökologisch angebaut, verwendet wird weder Dünger noch Verdunstungsschutz. Die Pflege ist aufwendig. Zur Unterstützung grasen 30 Shropshire-Schafe zwischen den Bäumen. Mit ihren weichen Lippen fressen sie das Gras, nicht aber die Nadelbäume.

Der zweite Verkaufssamstag in der Adventszeit ist erfahrungsgemäss der umsatzschwächste Tag. Dieses Jahr aber ist alles anders. Bereits am frühen Nachmittag des 5. Dezember waren schon viele Bäume verkauft. «Wegen Corona verreisen wenige, also feiern sie zuhause im kleinen Rahmen – mit einem schönen Baum», sagt Willy Spörri. Rund 75 Franken müssen Kunden für einen mannshohen Zürcher Frischbaum Marke Nordmanntanne hinblättern. Sie ist das Flaggschiff im Stadtwald. 20 bis 25 Jahre dauert es, bis aus dem Samen ein zwei Meter grosser Baum wächst.

Maske an der frischen Luft

Für viele Menschen ist es ein alljährlicher Höhepunkt, den Baum in der Natur selber auszusuchen und zu fällen. Wegen Corona hat Grün Stadt Zürich den beliebten Selberschneiden-Event jedoch abgesagt. Das Schutzkonzept «Frischbaumverkauf» basiert auf den Verordnungen und Empfehlungen des BAG, des Kantons Zürich sowie des Schweizerischen Marktverbandes. Es gilt Maskenpflicht auf dem gesamten Gelände. Werkzeuge wie Holzsägen und Messer sowie Oberflächen werden regelmässig gereinigt und desinfiziert. Willy Spörri fällt auf, dass wegen Corona viele Leute den Baum bereits jetzt kaufen und nicht erst kurz vor Heiligabend. Andere kommen erst gar nicht vorbei, sondern bestellen im Internet und lassen sich den Wunschbaum gegen Aufpreis nach Hause liefern. «Die Kunden sind fordernder, wählerischer und ungeduldiger geworden», sagt Spörri.

Auch Philipp Gut von der IG Suisse-Christbaum empfiehlt, aufgrund der Pandemie den Baum so früh wie möglich zu besorgen, am besten ausserhalb der Stosszeiten. «Den Event-Charakter gilt es dieses Jahr zu vermeiden.» Die beliebtesten Tannen – die Nordmanntannen – sind, anders als die günstigeren Rottannen, besonders robust und halten zwei bis drei Wochen. «Man kann sie gut schon jetzt in der Adventszeit aufstellen und schmücken», sagt Philipp Gut. Er ist selber gespannt, ob Corona Einfluss auf den Christbaumverkauf haben wird. «Vielleicht denken sich die Leute: jetzt erst recht. Denn viele Schweizer sind Traditionalisten.»

Mehr Menschen im Wald

Sava Caretta verpackt im Forstgarten Albisgüetli die verkauften Christbäume ins Netz, damit sie transportfähig sind. Der 16-Jährige befindet sich im 1. Lehrjahr zum Forstwart. Er kennt sich schon gut aus mit den Fichten, Eiben und Tannen. «Damit Weihnachtsbäume schön wachsen, brauchen sie viel Licht und Platz», sagt Sava. Sein Kollege Pascal Arnet betreut den Pflanzgarten und kümmert sich um die Aufzucht junger Bäume. Zu sehen, wie sie gross und kräftig werden, fasziniert ihn immer wieder aufs Neue. Auch Julian Bachmann ist ein Naturbursche. Er befindet sich im 3. Lehrjahr zum Forstwart. Ist Corona spürbar, draussen, an der frischen Luft? «Ja, es hat viel mehr Leute als sonst im Wald. Dadurch auch mehr Abfall und Vandalismus, der an den Bäumen betrieben wird», sagt Julian.

Qualität zahlt sich aus

Viele Gastrobetriebe und Firmen verzichten dieses Jahr auf grosse Feiern, zahlreiche Weihnachtsmärkte wurden abgesagt. 40-jährige Prachtbäume wie der legendäre Swarovski-Christbaum im Zürcher Hauptbahnhof stammen normalerweise aus dem Forstgarten. Doch dieses Jahr bleibt die Bahnhofshalle leer. Meterhohe Züri-Tannen stehen derzeit jedoch geschmückt am Paradeplatz oder auf dem Sechseläutenplatz und stimmen auf das bevorstehende Fest ein. Schweizer Bäume, darunter Exemplare aus dem Zürcher Stadtgebiet, werden allesamt frisch geschnitten, dadurch halten sie länger als Importe aus Dänemark und Deutschland, die bereits im Oktober abgeholzt und auf lange Transporte geschickt werden. Aufgrund der tieferen Löhne im Ausland und der dortigen industriellen Massenproduktion sind sie auch günstiger als einheimische Christbäume. «Nachhaltigkeit und Lokalität haben in der Corona-Krise noch mehr an Bedeutung gewonnen», beobachtet Philipp Gut. Ihm scheint, die Geiz-ist-geil-Mentalität sei dadurch etwas in den Hintergrund gerückt.

1,5 Millionen Bäume wurden schweizweit letztes Jahr verkauft; Nordmanntannen, Fichten, Korktannen. Der Umsatz betrug rund 50 Millionen Franken. 650 Landwirte und Forstbetriebe produzieren Schweizer Weihnachtsbäume, doch nur ein paar wenige können von der Christbaumproduktion leben. Geschnittene Zürcher Bäume, die bis Weihnachten keinen Besitzer finden – meistens sind es zwischen 50 und 100 Stück – kommen als Holzhackschnitzel ins Heizkraftwerk Aubrugg und in den Tierpark Langenberg und Waidberg.

Stadtförster Willy Spörri macht es wie jedes Jahr: Kurz vor Heiligabend nimmt er ein verwaistes Bäumchen mit nach Hause. «Wenn man ihn an die Wand stellt, fällt es auch gar nicht auf, dass der Christbaum hinten keine Äste hat.»

Christbaum-Pflege:

· Je frischer der Baum, desto länger hält er im Wohnzimmer durch. Ist die Schnittstelle schön hell, wurde der Baum erst vor Kurzem gefällt.
· Baumstamm anschneiden, bevor man ihn in ein Gefäss mit Wasser stellt. So kann er die Feuchtigkeit besser aufnehmen.
· Den Baum im Netz und im Freien an einem trockenen, kühlen Ort aufstellen. In die Wohnung kommt er idealerweise erst kurz vor dem Schmücken.
· In der Stube nicht direkt vor die Heizung oder das Cheminée stellen. Sonst trocknet er aus und verliert seine Nadeln.
· Nadeln regelmässig mit Wasser besprühen.
· Wasser stets nachfüllen.
· Nach dem Fest lässt sich der Baum kompostieren. Er geht also zurück in den Naturkreislauf.

Verkauf von Weihnachtsbäumen,
Zweigen und Dekorationen aus
Zürcher Eibenholz:

> Forstgarten Albisgüetli,
Uetlibergstrasse 355, 8045 Zürich,
bis 23. Dezember 8 bis 17 Uhr ohne Sonntage. Sonntagsverkauf:
20. Dezember, 11 bis 16 Uhr.
Heiligabend: 8 bis 12 Uhr.
> Werkhof Hönggerberg,
Kappenbühlstrasse 149, 8049 Zürich (hinter Friedhof Hönggerberg)
18. und 19. Dezember sowie
21. bis 23. Dezember 9 bis 16 Uhr.
Wegen Corona findet dieses Jahr kein Selberschneiden-Event statt.
> Stadtgärtnerei,
Sackzelg 25/27, 8047 Zürich
16. bis 23. Dezember 9 bis 17 Uhr, auch sonntags. GH
www.frischbaum.ch

Brandgefahr: 3 Fragen an Rolf Zimmermann,
Fachberater Einsatzplanung bei Schutz & Rettung Zürich

Adventszeit ist Kerzenzeit. Was sind die leichtsinnigsten Fehler, die mit Kerzen gemacht werden?

Rolf Zimmermann: Die häufigsten Christbaum- oder Adventskranzbrände geschehen, wenn leicht entflammbare Kerzenständer und Halter verwendet werden, herunterlaufender Wachs auf leicht entflammbaren Untergrund tropft oder nicht genügend Abstand zu brennbaren Gegenständen und Materialien eingehalten wird, wie zu Ästen, Vorhängen, Teppichen etc. Leichtsinnig ist es auch, wenn brennende Kerzen unbeaufsichtigt gelassen werden oder diese bis zum Ansatz herunterbrennen und so die Äste oder Unterlagen entzünden.


Wie kann die Brandgefahr möglichst vermieden werden?

Nehmen Sie den Weihnachtsbaum so spät wie möglich ins warme Wohnzimmer. Auf dem Balkon beziehungsweise im Freien bleibt er länger «frisch» und ist dadurch weniger rasch entflammbar. Geben Sie dem Baum in seiner Halterung immer genug Wasser, um diesen länger feucht zu halten. In der Nähe des Baums sollte auch immer ein Eimer Wasser bereitstehen. Dazu einen mit Wasser gefüllten Zerstäuber. Sie können auch ein kleines Bäseli mit Wasser tränken, so kann es wie ein Zerstäuber angewendet werden. Dies kann im ersten Moment viel bewirken, ohne einen ganzen Eimer Wasser über den Baum zu schütten. Alternativ kann eine Löschdecke ebenfalls gute Dienste leisten. Und eben, Abstand halten zu brennbaren Gegenständen sowie eine stabile Unterlage sind wichtig.


Was tun, wenn es doch brennt?

 
Sollte es trotz aller Vorsichtsmassnahmen zu einem Brand kommen, schliessen Sie alle Fenster und Türen, verlassen Sie sofort den Raum und alarmieren Sie ohne zu zögern die Feuerwehr über die Telefon-Nummer 118. SAG

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

Weitere Informationen: Schweizer Landwirte und Forstbetriebe verkaufen dieser Tage Christbäume. Auch Grossverteiler haben einheimische Weihnachtsbäume im Sortiment. Die Herkunft wird gekennzeichnet von der «IG Suisse-Christbaum» oder durch das Label «Schweizer Holz». www.suisse-christbaum.ch

zurück zu News

Artikel bewerten

Gefällt mir ·  
Noch nicht bewertet.

Leserkommentare

Keine Kommentare