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Immer weniger Läden in der Stadt Zürich
Von: Ginger Hebel
Lädelisterben: Die Innenstädte verändern sich. In den Quartieren verschwinden immer mehr Geschäfte. Experten sehen die Schuld auch bei den Konsumenten.
Der Detailhandel schrumpft. Wie neuste Zahlen belegen, sind schweizweit in den letzten zehn Jahren knapp 32 000 Läden verschwunden. Die meisten Geschäfte schliessen im Kanton Zürich. Dieses Jahr machten 415 Läden und Shops dicht. Das Jahr 2019 verzeichnet einen starken Anstieg an Löschungen gegenüber den Gründungen. In der Stadt Zürich mussten 146 Läden schliessen, 125 neue wurden ins Handelsregister eingetragen. Vom Ladensterben am meisten betroffen sind Bekleidungsgeschäfte, aber auch Schuhläden haben es schwer. Das Zürcher Schuhcafé musste dieses Jahr seine beiden Filialen schliessen, die Schweizer Schuh- und Bekleidungsmarke Navyboot mit Sitz in Zürich schliesst in wenigen Tagen ihre grosse Filiale beim Opernhaus. «Bereits beim Verkauf von Navyboot an Globus wurde mitgeteilt, dass die nicht von Globus übernommenen Shops nur bis spätestens Mitte 2020 fortgeführt würden», sagt Christine Maier.
Quartiere verslumen
Besonders die Quartiere leiden. Traurig über das Lädelisterben ist Daniel Wegmann, Präsident des Vorstands Handel & Gewerbe Höngg, der mit Leidenschaft und Herzblut das Wein- und Obsthaus Wegmann betreibt. «Viele Detailhändler in Höngg haben sich grosse Mühe gegeben, und trotzdem mussten sie dieses Jahr ihre Geschäfte schliessen.» Die Liste ist lang: die Confiserie Schoggi-König, eine Apotheke, das Fachgeschäft Bang & Olufsen und auch der Kinderladen Gwunderfizz an zentralster Lage am Meierhofplatz. Die Ladenflächen stehen seither leer. Die Gründe sind bekannt: hohe Mietzinse, die Konkurrenz aus dem Internet. 2018 kauften Schweizer Konsumenten für 9,5 Milliarden Franken Waren und Güter online, eine Steigerung von zehn Prozent gegenüber 2017. Umsatzstärkste Sortimente sind Heimelektronik sowie Kleider und Schuhe. Daniel Wegmann sieht die Schuld aber auch bei den Konsumenten. «Alle jammern, dass immer mehr Läden schliessen. Doch das Verhalten der Kunden ist ausschlaggebend. Sie können bestimmen, in welchen Läden sie einkaufen.»
Wegmann macht sich Sorgen um die älteren Hönggerinnen und Höngger, die kaum noch wissen, wo sie einkaufen sollen, weil ihre Läden verschwinden. «Die Quartiere verslumen immer mehr.» Markus Rupper, Präsident von Gewerbe Zürich 3, trifft sich jede Woche mit Vorstandskollege Markus Böniger. Die beiden kämpfen für ein belebtes Quartier, besprechen jede Baueingabe und bringen Neuzuzüglern sowie den älteren Bewohnerinnen und Bewohnern Lebkuchen, um danke zu sagen, dass sie in Wiedikon einkaufen. «Man darf nicht dem Internet die Schuld an allem geben, letztlich entscheidet der Benutzer», sagt Rupper. Die 200 Sekundarschülerinnen und -schüler werden durch die lokalen Betriebe geführt mit dem Ziel, die Lehre hier zu machen.
Anna Schindler, Direktorin Stadtentwicklung, ist überzeugt, dass es künftig immer mehr Pop-up-Geschäfte geben wird, die während einer kurzen Zeit ihre Waren präsentieren. «Die Nachfrage ist enorm.» Zudem geht sie davon aus, dass Bahnhöfe als Einkaufszonen zusätzlich an Bedeutung gewinnen werden. Ein gutes Beispiel sind die rund 35 Geschäfte im Bahnhof Oerlikon, die 365 Tage im Jahr geöffnet haben. Allerdings seien auch hier viele Fluktuationen zu beobachten. In der Stadt Zürich werden am häufigsten Blumenläden, Fachläden für Nahrungsmittel und Kioske eröffnet. Für ein Fünftel aller neuen Läden ist jedoch bereits nach einem Jahr wieder Schluss.
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Leserkommentare
Ruth Obrist - In der Innenstadt werden die "Lädeli", das lokale Verkaufsangebot durch die sich immer weiter vermehrenden Weihnachtsmärkte in die Enge getrieben. Sie verlieren ihr Weihnachtsgeschäft, und am Ende die ganze Existenz. Mir hat das ein Ladeninhaber,
mehr anzeigen ... der seinen Laden schon seit Jahrzehnten hat, gesagt.
brigitt eckardt - nur noch mehr auflagen! und man wundert sich... b.eckardt