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«Wie schreibt man ‹Rekurs›?»: Von den Schülern im Kanton Zürich, die eine Gymi-Aufnahmeprüfung bestreiten, bestehen nur rund 45 Prozent. Symbolbild: iStock

Ins Gymnasium – auf Biegen und Brechen

Von: Sacha Beuth

02. Juli 2019

Besteht ihr Kind die Aufnahmeprüfung ins Gymnasium oder eine Mittelschule nicht, legen immer mehr Eltern im Kanton Zürich Rekurs bei der Bildungsdirektion ein. Die Chancen auf Erfolg sind jedoch gering – und lösen das eigentliche Problem nicht.

7704 Schülerinnen und Schüler sind dieses Jahr im Kanton Zürich zur Gymi-Aufnahmeprüfung angetreten, davon 2001 aus der Stadt Zürich. Aufnahme in eine Kantonsschule fanden hernach 3504 (Stadt Zürich: 935). Doch ist gut möglich, dass noch ein paar über den Rechtsweg hinzukommen werden. Immer häufiger legen nämlich Eltern Rekurs bei der Bildungsdirektion des Kantons Zürich ein, wenn ihre Kinder die Aufnahmeprüfung ins Gymnasium nicht bestanden haben. Gab es 2016 noch 41 entsprechende Rekurse, so stieg deren Zahl bis 2018 auf 85 und erreichte dieses Jahr bereits 89. «Bezogen auf die Anzahl nicht bestandener Prüfungen ist die Anfechtungsquote mit 1 bis 2 Prozent aber weiterhin sehr tief», erklärt Niklaus Schatzmann, Leiter Mittelschul- und Berufsbildungsamt bei der Bildungsdirektion des Kantons Zürich.

Bedingungen für alle gleich

Zudem sind die Chancen, dass ein Rekurs gutgeheissen wird, äusserst gering. Von den im Jahr 2018 eingegangenen Rekursen wurden beispielsweise nur deren 5 gutgeheissen. Eine Zahl, die Beat W. Zemp, Zentralpräsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz LCH, nicht erstaunt: «Die Bedingungen sind bei den jeweiligen kantonalen Aufnahmeprüfungen für ­jeden Teilnehmer grundsätzlich gleich. Da etwas Gegenteiliges nachzuweisen, ist schwierig. Am ehesten hat man wohl Erfolg, wenn es technische Schwierigkeiten gab, etwa die Navigation der Prüfungssoftware nicht funktionierte.»

Warum aber ziehen Eltern trotz der geringen Aussichten alle Register, damit ihr Kind aufs Gymnasium kommt? «Das ist schwer abzuschätzen», sagt Schatzmann. «Wir beobachten jedoch, dass bei manchen Personen, die aus Ländern mit einer hohen Mittelschulquote zuwandern, das Verständnis für die Dualität unseres Bildungssystems – und damit auch für die Chancenvielfalt aller Abschlüsse – fehlt. Ob sich dies auf die Anzahl der Rekurse auswirkt, können wir jedoch nicht bestätigen.» Beat Zemp hat ähnliche Beobachtungen gemacht und hält dies darum für eine plausible Ursache. «Eltern ohne Kenntnis unseres Bildungssystems haben Angst, dass eine Berufslehre nicht genügt. Nur das Gymi ist für sie bzw. ihre Kinder gut genug.» Pasquale Russo, Präsident der Kantonalen Elternmitwirkungs-Organisation (KEO), geht sogar noch einen Schritt weiter. «Die wirtschaftlichen Veränderungen führen dazu, dass nur gutausgebildete Personen auch einen guten Lohn erhalten. Das wiederum führt dazu, dass nicht nur ausländische, sondern auch viele Schweizer Eltern auf Biegen und Brechen ihre Kinder an eine Kantonsschule bringen wollen. Ich fürchte, dass wir uns deswegen eines nicht allzu fernen Tages vom dualen System verabschieden müssen.»

Den Druck wegnehmen und das duale Bildungssystem stärken wäre also – unabhängig von den Rekurszahlen – die Devise. Dies tut offenbar gerade in der Stadt Zürich not. Dort nahmen dieses Jahr 27 Prozent der berechtigten Schülerinnen und Schüler an einer Gymi-Aufnahmeprüfung teil. Damit weist Zürich hinter Meilen die zweithöchste Prüfungsquote im Kanton auf.

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