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Torsten Seidel, Obergärtner bei Grün Stadt Zürich und zuständig für den Friedhof Eichbühl, zeigt auf die vom Pilz

Jeder gefällte Baum wird ersetzt

Von: Werner Schüepp

19. Januar 2021

Im Friedhof Eichbühl in Altstetten werden neun Eschen gefällt. Die 40 Jahre alten Bäume sind von einem Pilz befallen und stellen für Friedhofbesucher ein Sicherheitsrisiko dar, weil sie nicht mehr bruch- und standhaft sind. Tritt diese Baumkrankheit noch an anderen Orten in Zürich auf?

Der Mann, der nach der Mittagszeit mit schnellen Schritten dem Ausgang des Friedhofs Eichbühl zustrebt, stoppt vor einer Tafel, liest den Text darauf und schüttelt den Kopf. Seine empörte Mimik scheint zu sagen: «Muss das wirklich sein?» Es muss. Auf der Tafel kündigt Grün Stadt Zürich die Fällung von Bäumen in der in den 1960er-Jahren erbauten Anlage an. Torsten Seidel, als Obergärtner zuständig für den Friedhof Eichbühl, kennt solche Reaktionen gut. Er weiss: Tauchen Fachleute mit Kettensägen auf und fällen Bäume in Zürich, löst dies bei einem Grossteil der Bürgerinnen und Bürger immer starke Emotionen aus, die sich meistens in negativen Reaktionen äussern. «Das Unverständnis und die Unwissenheit der Leute sind gross. Aber wir fällen nicht gerne unsere Bäume, sondern tun dies, weil sie nicht mehr bruch- und standfest sind.»

Für einen Laien sieht ein Baum äusserlich oft noch durchaus gesund und intakt aus. Seidel, der seit bald 30 Jahren als Gärtner arbeitet, sucht in solchen Fällen das Gespräch, beruhigt die aufgebrachten Gemüter, indem er erklärt, weshalb eine Fällung zwingend notwendig ist.

Im Friedhof Eichbühl sind es neun Eschen, die gefällt werden müssen. Die ungefähr 15 bis 18 Meter hohen, mehrstämmigen Bäume sind vom sogenannten Eschentriebsterben befallen. Diese Baumkrankheit wird durch einen Pilz verursacht, der ursprünglich von Ostasien herkommt. In der Schweiz wurde die Erkrankung 2008 zum ersten Mal nachgewiesen. Die Krankheit wird über Sporen mit dem Wind verbreitet und infiziert die Bäume über die Blätter oder den Stammfuss. Betroffen sind Eschen aller Altersklassen, diejenigen Exemplare im Friedhof Eichbühl, die jetzt gefällt werden müssen, sind ungefähr 40 Jahre alt.

Wie äussert sich das Eschentriebsterben? «Die Blätter des Baums werden zuerst braun», erklärt Torsten Seidel, «später verdorren die Zweige. Die Krone lichtet auf und schliesslich stirbt der Baum ab. Damit wird er zum Risiko, denn er könnte vollständig umfallen und Menschen verletzen». Bis heute ist es nicht möglich, das Eschentriebsterben wirkungsvoll zu bekämpfen. Ist eine Baumgruppe davon betroffen, müssen meistens gleich mehrere Eschen gefällt werden.

Schädlinge nehmen zu

«Unsere Baumkontrolleurinnen und -kontrolleure legen mit Kontrollen während des Jahres fest, welche Bäume in der Stadt Zürich ersetzt werden müssen», sagt Tanja Huber, Sprecherin Grün Stadt Zürich. Die neun Eschen im Friedhof Eichbühl müssen gefällt werden, weil sie nicht mehr stand- und bruchsicher sind. «Die Eschen im Eichbühl wurden von einem Pilz massiv geschädigt und stellen ein Sicherheitsrisiko dar», sagt Huber, «je nach Wetterverhältnissen können herunterfallende Äste oder ein umkippender Baum die Besucher des Friedhofs gefährden».

Obwohl die Esche kein typischer Stadtbaum ist, sieht man die Art in verschiedenen Quartieren. Da stellt sich die Frage, ob in der Stadt Zürich noch weitere Eschen von diesem Pilz befallen sind. «An der Winzerhalde musste ebenfalls eine Gruppe von Eschen gefällt werden. Auch dort waren die Bäume wegen dem Eschentriebsterben nicht mehr stand- und bruchfest, deshalb mussten wir sie fällen», sagt Tanja Huber. Sie weist darauf hin, dass es gemäss der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) allerdings auch resistente Eschen gibt. Sie seien möglicherweise weniger anfällig für den Pilz und können diese Eigenschaft auf ihre Nachkommen übertragen.
Allerdings kennt jede Baumart ihre spezifischen Schädlinge und mit der Klimaerwärmung werden diese allgemein noch zunehmen, befürchtet die Sprecherin von Grün Stadt Zürich. «Wir wirken dem entgegen, indem wir beim Baumersatz planen und langfristig einen durchmischten Baumbestand mit verschiedenen Arten anstreben», sagt Huber. Dieses Vorgehen reduziere das Risiko für einen Totalausfall bei einem Schädlingsbefall einer Baumart.

Keine Eschen mehr

In der Stadt Zürich wird gemäss Tanja Huber jeder gefällte Baum ersetzt. Diese Arbeiten geschehen in der Regel in den Monaten Dezember bis Februar, also während der Vegetationspause, während die Pflanzungen hingegen im Frühling oder Herbst stattfinden. «Die neun Eschen werden nächste Woche gefällt», sagt Torsten Seidel, «diese Aufgabe übernimmt ein Spezialisten-Team». Die zu ersetzenden Bäume stehen in der Nähe von Privatgräbern und da sei Vorsicht geboten.

Um das Risiko eines erneuten Pilzbefalls zu vermeiden, werden die neu zu pflanzenden Bäume keine Eschen mehr sein. «Im Eichbühl stehen einheimischer Ahorn, Eiche oder Linde zur Diskussion», sagt Tanja Huber. Die Entscheidung darüber, welche Art es sein wird, ist noch nicht gefallen. Als nächster Schritt wird mit der Gartendenkmalpflege abgeklärt, welche Baumart am besten in das gartenkulturelle Umfeld des Friedhofs Eichbühl passt.

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