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Die Idylle trügt: Auf dem Piratenspielplatz der Kollerwiese entsorgen viele Raucher ihre Zigarettenkippen. Bild: PD

Kippenalarm im Kinderparadies

Von: Sacha Beuth

06. Dezember 2022

Bei einer kürzlich vom Verein «stop2drop» landesweit initiierten Anti-Littering-Aktion auf Spielplätzen kam Erschreckendes zu Tage. Im Durchschnitt wurden dort 77 Zigarettenstummel gefunden, auf dem Piratenspielplatz auf der Kollerwiese sogar über 400. Dass damit eine grosse Gefahr für Kinder und Umwelt ausgeht, ist rauchenden Jugendlichen und Erwachsenen offenbar nicht bewusst.

Als Nanny und ehemalige Waldkindergärtnerin hat Sandra Vyskocil auf Spielplätzen schon einiges erlebt. Doch was ihr vor einigen Wochen auf dem Piratenspielplatz auf der Kollerwiese im Kreis 3 vor Augen geführt wurde, machte selbst sie sprachlos. 426 Zigarettenstummel hatten sie und die von ihr betreuten Kinder im Rahmen der freiwilligen «Aktion Spielplatz» des Vereins «stop2drop» dort in einer halben Stunde gesammelt. «Und vermutlich haben wir nicht einmal alle gefunden, denn das Laub am Boden dürfte einige Kippen verdeckt haben.»

Das Ergebnis ist kein Einzelfall. Laut Markus Dick, Geschäftsführer stop2drop, fanden sich im Schnitt auf den 42 Spielplätzen in der Schweiz, auf denen im Rahmen der Aktion von Mitte September bis Mitte Oktober 2022 gesammelt wurde, 77 Zigarettenstummel. Generell lässt sich sagen: Je urbaner die Gegend, desto mehr Kippen wurden gefunden. So nimmt denn mit 268 Kippen auch Platz vier der unrühmlichen Skala ein Stadtzürcher Spielplatz ein.

7000 giftige Chemikalien

Bei «stop2drop», einer NGO, die vor rund vier Jahren aus einem Schulprojekt hervorgegangen ist und seither gegen Zigaretten-Littering ankämpft, läuten nun die Alarmglocken. Denn in Zigarettenstummeln seien über 7000 giftige Chemikalien enthalten. Für Kleinkinder, die in ihrer oralen Phase alles Mögliche in den Mund nehmen, eine grosse Gefahr, drohen in einem solchen Fall schwere Übelkeit bis hin zu Vergiftungserscheinungen. Auch die Folgen für die Natur sind gravierend. «Ein einziger Zigi-Stummel verunreinigt 1000 Liter Wasser. Und ein einziger Stummel kann einen Liter Wasser derart vergiften, dass 50 Prozent der Fische, die sich darin aufhalten, sterben», erklärt Dick.

Nebst den unmittelbaren Risiken ist das Rauchen auf Kinderspielplätzen noch aus anderen Gründen ein Problem. «Wenn ältere Jugendliche und Erwachsene vor Kindern rauchen, dann erhöht das die Chance um das Dreifache, dass Kinder später selbst damit anfangen», erklärt Dick.

Gefahren und Folgen, denen sich die rauchenden Personen auf den Spielplätzen laut Dick und Vyskocil meist gar nicht bewusst seien. «Wenn aber die Stummel-Sammler – und zwar vor allem die Kinder – die Raucher angesprochen und auf die Problematik hingewiesen haben, hatten die meisten ein Einsehen und haben ihre Zigaretten dann korrekt entsorgt», erzählt Vyskocil. Dagegen würden Rauchverbote nicht selten ignoriert. Obwohl es leichter ist, Personen beim Rauchen als beim illegalen Entsorgen von Abfall in flagranti zu erwischen und zu büssen, hält Dick mehr Kontrollen durch die Polizei nicht für die effizienteste Massnahme. Und verstärkte Reinigungsmassnahmen würden allenfalls vorübergehend für eine Verbesserung sorgen. In dieser Hinsicht übernimmt die Stadt Zürich laut ERZ-Mediensprecher Daniel Eberhard ohnehin schon grosse Anstrengungen. «Uns ist das Problem bekannt. Die Stadtreinigung stellt über 4000 Abfallbehälter zur Verfügung und bewirtschaftet diese. Zudem werden an besonders exponierten Stellen zusätzliche grössere Container platziert. Auf den Boden geworfene Zigarettenstummel sind für die Stadtreinigung jedoch eine Herausforderung, da sie klein und darum auf Grünflächen oder bei Dunkelheit nur schwer erkennbar sind. Zudem müssen sie von Hand einzeln eingesammelt werden.»

Letztlich liege es an den Verursachern, ihr Verhalten zu ändern. ERZ könne betreffend der korrekten Entsorgung von Zigarettenstummeln allenfalls verstärkt informieren und appellieren. Das sieht auch Dick so. «Darum wollen wir die jeweils zuständigen Behörden für Sensibilisierungskampagnen gewinnen.» Ein entsprechendes Angebot sei bereits an Stadtpräsidentin Corine Mauch abgeschickt worden. «Nun warten wir gespannt auf ein Feedback.»

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