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Knusprige Grillen zum Aperitif
Von: Jan Strobel
Gastronomie: Gerichte mit Insekten stehen in vielen Metropolen längst auf den Speisekarten. In Zürich tun sich Gastronomen noch schwer.
Als der Brasilianer Alex Atala, der zu einem der besten Köche der Welt erkoren wurde, eine Schale mit Ameisen aus dem Amazonas ass, war das für ihn eine Offenbarung. Der Geschmack erinnerte ihn an frischen Ingwer. Seither tüftelt er in seinem Restaurant D.O.M. in São Paulo immer wieder an neuen Kreationen mit dem Getier. Auch in anderen Metropolen gehört der Verzehr von Insekten bereits zum selbstverständlichen gastronomischen Angebot. Im Le Festin Nu in Paris werden knusprige Grillen zum Aperitif gereicht, im Restaurant Mongos in Hamburg ist Dienstag Insektentag, und auch in New York, Los Angeles oder London gibt es gleich mehrere Lokale, die sich dem «Fleisch der Zukunft» verschrieben haben.
In Zürich allerdings gehen die Gastronomen verzagt an den neuen Hype heran. Insekten auf den Speisekarten sucht der experimentierfreudige Gourmet hier vergebens. Heiko Nieder, Chef Fine Dining im The Restaurant im Dolder Grand, sagt: «Grundsätzlich bin ich gegenüber allem aufgeschlossen, was lecker ist. Aber ich werde keine Insekten in die Speisekarte aufnehmen, da dies nicht meiner Philosophie entspricht und nicht zu unserem Angebot passen würde.» Ähnlich sieht das Giusep Fry vom Uto Kulm: Die Nachfrage für Insektengerichte sei schlichtweg zu gering. Auch kleinere Zürcher Lokale sehen das so. «Bevor wir Insekten in unsere Speisekarte aufnehmen, werden wir eher unser Fleischangebot weiter reduzieren, unser Gemüseangebot ausbauen und uns auf diesem Gebiet weiterhin kreativ austoben», sagt man bei der Wirtschaft im Franz in Wiedikon. Fabio Cabriotti, Küchenchef in der Hofküche an der Manessestrasse, bezweifelt, dass Insekten als «Fleisch der Zukunft» gehandelt werden können. «Wenn es um die Proteinlieferanten der Zukunft gehen soll, bietet die Natur auch noch eine Menge pflanzliche Alternativen.» Das Thema brauche noch ein bisschen Zeit, bis es vielleicht in der Gesellschaft angekommen sei.
«Wir Zürcher sind mutig und zukunftsorientiert», meint Köchin Meta Hiltebrand. «Die krabbelnden Viecher sind aber noch nicht ganz angekommen bei uns, es ist etwas erklärungsbedürftig, Insekten aufzutischen. Ich selber bin offen diesem Thema gegenüber, selber mag ich einfach keine Würmer. Heuschrecken allerdings sind sehr fein, zum Beispiel gebraten oder in einem Salat an einer fruchtigen Vinaigrette. Meinen Gästen diese zu servieren: Ich denke, das hat noch etwas Zeit.»
Zumindest bei den Detailhändlern will man sich jetzt aber dem Insektenverzehr verschreiben. Coop und Migros unterstützen mit jährlich je 250 000 Franken das Zürcher Start-up-Förderprogramm Kickstart Accelerator. Im Programm vertreten ist auch eine finnische Firma, die Grünabfälle an Grillen verfüttert und die Tiere anschliessend zu Proteinpulver verarbeitet.
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Leserkommentare
walter e. spörri - Ich bin vor ca. 12 jahren in Vietnam, Cambodscha,und Laos gewesen. Dort kann man Insekten zu 100 gramm kaufen. Kein problem wenn der Hunger quähli. Sind gar nicht so schlecht