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In den Schulschwimmanlagen und Hallenbädern herrscht grosses Gedränge. Doch nicht alle können gut schwimmen. Anfängerschwimmkurse und Kraulkurse boomen. Schwimminstruktor Urs Zgraggen (im Shirt) unterrichtet. Bild: Swim4u

Kopf unter Wasser

Von: Ginger Hebel

13. Februar 2018

Nichtschwimmer Anfängerschwimmkurse erfreuen sich in Zürich grosser Nachfrage. Denn viele Erwachsene können nicht oder nicht gut genug schwimmen.

Im Oktober 1964 eröffnete mit der Schwimmanlage Letten die erste Schulschwimmanlage der Schweiz. «Der Schwimmunterricht in Zürcher Schulen hat eine lange Tradition und gehört zur Grundausbildung,» sagt Urs Kessler, Leiter Schwimmsport beim Sportamt der Stadt Zürich. In der 1. bis 4. Klasse ist eine Stunde Schwimmen pro Woche obligatorisch. Doch während Zürcher Schulkinder die verschiedenen Schwimmstile erlernen, können deren Eltern oft gar nicht schwimmen. «In kleinen, ländlichen Gemeinden gibt es häufig keine Hallenbäder. Somit haben viele Erwachsene nie richtig schwimmen gelernt», sagt Kessler. Aber auch im zürcherischen Weiningen oder in Schlieren fehlen Hallenbäder für den Schulschwimmunterricht.

Mit dem Lehrplan 21 wird Schwimmen in der ganzen Deutschschweiz obligatorisch. «Viele Gemeinden, die keine Hallenbäder haben, werden jetzt gefordert sein», so Kessler. Dieses Defizit spürt auch Urs Zgraggen von Swim4u.ch. Er bringt Erwachsenen im Hallenbad Altstetten das Schwimmen bei und nimmt ihnen die Angst vor dem Wasser. «Viele Immigranten, die in Zürich leben, können nicht schwimmen. Aber auch Schweizer, darunter viele der älteren Generation, fühlen sich häufig unsicher, wenn sie im tiefen Wasser den Boden unter den Füssen nicht mehr spüren.» Viele würden beim Brustschwimmen zudem den Kopf über Wasser halten, was einer falschen Technik entspreche.

Auch Bernadette Pape von der Schwimmschule Pape spricht von einer grossen Nachfrage. «Es geht darum, mit dem Element Wasser vertraut zu werden. Den Kopf unter Wasser zu halten, auszuatmen und zu schweben.» Wer als Erwachsener schwimmen lernen möchte, brauche Geduld. «Es sind nicht alle motorisch gleich geschickt», so Pape.

Bei Sportaktiv führt man für die Anfängerschwimmkurse gar Wartelisten. Die Kurse würden vielfach auch von Expats und Menschen mit Migrationshintergrund besucht. «In vielen südlichen Ländern haben die Leute nie schwimmen gelernt», sagt René Nötzli von Sportaktiv. Wie die Zahlen der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRG) belegen, sind in der Badesaison 2017 34 Menschen in Schweizer Gewässern tödlich verunglückt; 26 Männer, 7 Frauen und 1 Kind. Unter den Opfern waren 15 Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft (Stand Sept. 2017). Mit organisatorischer Unterstützung der Zürcher Fachorganisation AOZ führen Freiwillige seit letztem Jahr dreimal wöchentlich kostenlose Schwimmkurse für Asylsuchende und Flüchtlinge in der Schulschwimmanlage Altweg durch. «In erster Linie geht es um die Sicherheit der Flüchtlinge, aber auch um Integration. Je sicherer sich Personen im Wasser aufhalten, desto gefahrloser können sie der Freizeitbeschäftigung Schwimmen nachgehen, die ja in Zürich sehr beliebt ist», sagt Natalia Briner von AOZ.

Zu wenig Hallenbäder

Sport- und Schwimmlehrer Urs Zgraggen hat aber noch eine andere Erklärung für das grosse Interesse an Schwimmkursen. «Zürich ist eine Bäderstadt, und Schwimmen ist ein beliebter Sport. Events wie die Seeüberquerung locken die Leute an.» Auch seine Kraulkurse seien sehr gut besucht. In den siebzehn Schulschwimmanlagen und sieben Hallenbädern der Stadt herrscht ein Gedränge. In den letzten zehn Jahren haben die Eintritte um rund ein Drittel zugenommen. «Das Hallenbad City ist dank seinem 50-Meter-Becken sehr beliebt, platzt jedoch aus allen Nähten. Wir haben in Zürich zu wenig Hallenbäder und Schwimmanlagen», sagt Urs Kessler vom Sportamt. Als möglicher Standort für ein neues Hallenbad wird das Areal der Kehrrichtanlage Josefstrasse geprüft, die ab 2022 nicht mehr in Betrieb ist. Im boomenden Kreis 5 gibt es aktuell weder ein Hallenbad noch eine Schwimmanlage. Dies sei aber wichtig. «Richtig gut schwimmen lernt man nur im warmen Wasser», sagt Urs Kessler.

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