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Claudia Kaufmann ist seit 15 Jahren Ombudsfrau der Stadt Zürich. Viele Angestellte beschweren sich bei ihr über die Zusammenarbeit mit den Chefs oder sind unzufrieden mit ihren Zeugnissen. Bild: GH

Kranke Mitarbeiter, fehlende Zeugnisse und die Kinderfrage

Von: Ginger Hebel

15. Oktober 2019

Claudia Kaufmann vermittelt seit 15 Jahren zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Zürcher Stadtverwaltung. Sie greift unangenehme Themen auf und sucht hartnäckig nach Lösungen bei Konflikten.

Spannungen am Arbeitsplatz. Fehlende Zeugnisse. Geschlechterdiskriminierung. 1400 Personen, die sich in einem Konflikt mit den Zürcher Behörden befinden oder sich ungerecht behandelt fühlen, wandten sich letztes Jahr an die Ombudsstelle der Stadt Zürich. Diese bietet eine kostenlose, neutrale und unabhängige Hilfe. Juristin Claudia Kaufmann leitet die Stelle seit 15 Jahren mit viel Sachwissen und Herzblut. 551 neue Geschäfte und 900 Anliegen landeten letztes Jahr auf ihrem Schreibtisch. Dabei geht es zum Beispiel um Rückforderungen der Sozialhilfe, um übermässigen Baulärm oder Polizeikontrollen. Sie prüft, ob eine Beschwerde berechtigt ist, und arbeitet eng mit der städtischen Verwaltung zusammen. «Erfahrung ist in diesem Beruf ein wichtiges Gut, dadurch wachsen das gegenseitige Verständnis und das Vertrauen.»

Ein häufiges Thema ist aber auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Vermehrt melden sich bei Claudia Kaufmann Frauen, die unangenehme Bewerbungsgespräche ­hinter sich haben. «Wieder häufiger werden Frauen nach ihrem Kinderwunsch und der persönlichen Organisation ihrer Familie gefragt. Doch diese Frage ist nicht zulässig, es ist ein klarer Fall von Geschlechterdiskriminierung», betont Kaufmann. Es gehe einen Arbeitgeber schlicht nichts an, ob eine Mitarbeiterin Nachwuchs plant oder nicht. «Ich suche dann in erster Linie das Gespräch mit den Vorgesetzten. Es ist wichtig, solche Fälle anzusprechen, damit sie sich künftig möglichst nicht wiederholen.» Viele Angestellte beschweren sich bei ihr über die Zusammenarbeit mit den Chefs, wenn sie unbezahlte Ferien an den Mutterschaftsurlaub anschliessen wollen oder eine Pensumreduktion wünschen.

Kaufmann berät in ihren Sprechstunden auch Personen, die unzufrieden sind mit ihren Zeugnissen. Diese seien sprachlich oftmals nicht korrekt abgefasst oder würden inhaltliche Fehler aufweisen. «Alle haben ein Anrecht auf ein vollständiges Zeugnis, das der Wahrheit entspricht», erklärt die Ombudsfrau. Sie erlebt es immer wieder, dass Mitarbeitende erst Wochen oder gar Monate nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses ihr Zeugnis erhalten, oft erst auf Druck der Ombudsstelle.

Der Druck wächst

Auch Mitarbeiter, die krankheitsbedingt längere Zeit arbeitsunfähig waren, suchen bei ihr Rat. «Der berufliche Wiedereinstieg gestaltet sich häufig schwierig, der Druck wächst.» Sie appelliert an die erhöhte Fürsorgepflicht der Arbeitgeber, speziell gegenüber älteren Mitarbeitenden. «Oft fehlen der Wille und das Engagement, eine geeignete Lösung zu finden.» Sie ist überzeugt: Integrationsversuche müssen im schlimmsten Fall auch scheitern dürfen. Es ist ihre Aufgabe, kritisch hinzuschauen, dabei aber immer fair und allparteilich zu bleiben. Ihr ist aufgefallen, dass bei der Stadt Zürich immer häufiger Verwandte, Verschwägerte, Partner und Freunde nicht nur im gleichen Departement arbeiten, sondern vermehrt im selben Team, was zu Spannungen und Loyalitätskonflikten führen kann. «Eine Liebesbeziehung zu führen, ist ein Persönlichkeitsrecht, das auch der Arbeitgeber zu achten hat. Aber es kann nicht grenzenlos geschützt werden», erklärt sie. Sobald es hierarchische Verhältnisse betreffe oder im Team zu Konflikten komme, seien Massnahmen erforderlich. «In der Stadtverwaltung ist die Bereitschaft gross, Themen aktiv anzugehen. Das freut mich sehr.»

Die gebürtige Baslerin arbeitete lange in der Bundesverwaltung in Bern. 2004 wurde sie vom Zürcher Gemeinderat in das Amt der Ombudsfrau gewählt und zog für den Job nach Zürich. «Ein Umzug in eine andere Stadt war für mich nie ein Problem.» Die Tatsache, dass sie alleinstehend sei, habe es ihr aber ­sicher noch leichter gemacht. Noch bis nächsten Sommer ist sie im Amt. Danach tritt die 63-Jährige in den Ruhestand. An den Abschied denken mag sie nicht. «Der liegt noch fern. Noch bin ich mit Haut und Haar Ombudsfrau.»

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

 

 

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