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Rassismus beim Thema Kolonialismus im Lehrmittel «Durch Geschichte zur Gegenwart, Band 2», das bereits ersetzt wurde. Die Darstellung stammt aus dem Londoner «Punch» aus dem Jahr 1879. Bild: PD

Lehrmittel als Minenfeld

Von: Jan Strobel

01. Dezember 2020

Ein Bericht unterstellt Zürcher Lehrmitteln Rassismus. Der Zürcher Lehrmittelverlag wehrt sich. Manche der untersuchten Bücher seien nicht mehr aktuell. 

Mit der Umstellung auf den Lehrplan 21 seien in Zürich nach wie vor Lehr- und Lernmittel mit diskriminierenden Inhalten in Gebrauch. Auch jüngst entwickelte. Mit diesem Befund sorgte kürzlich die Analyse «Einblick: Rassismus in Lehrmitteln» für Aufsehen.

Verfasst haben den Bericht Rahel El-Maawi, Dozentin für Soziokultur, und Mandy Abou Shoak, Sozialpädagogin, finanziell unterstützt von der Fachstelle für Rassismusbekämpfung des Bundes (FRB) und durch den Integrationskredit der Stadt Zürich. Mit diesem Integrationskredit unterstützt die Stadt «Initiativen und Projekte, die einen Beitrag zur Verbesserung des Zusammenlebens der einheimischen und der zugezogenen ausländischen Bevölkerung leisten.» Pro Jahr stehen insgesamt 200 000 Franken zur Verfügung. Im Rahmen der bisherigen Praxis werden damit jährlich 30 bis 40 Projekte unterstützt (zu diesem Punkt reichte die SVP am 17.11. eine Interpellation im Gemeinderat ein).

Für ihren Bericht untersuchten Rahel El-Maawi und Mandy Abou Shoak aktuelle Schulmaterialien, die 2019 / 2020 in Zürcher Schulen der Mittel- und Oberstufe eingesetzt wurden. Die Analyse, kommen Rahel El- Maawi und Mandy Abou Shoak zum Schluss, habe ein «verstörendes» Bild zu Tage gefördert. Die Ausgrenzung und Abwertung von schwarzen Menschen und «People of Color» sei eine «selbstverständliche Praxis». Rassistische Sterotype seien sowohl in den Texten als auch in der Bildsprache gang und gäbe.

Besonders auch bei den Lehrmitteln für das Fach Geschichte sehen die Autorinnen massive Defizite, gerade im Hinblick auf das Thema Kolonialismus. Hier stehe ein «eurozentrischer Blick» im Mittelpunkt, so der Bericht. Geschichte werde meistens aus der Perspektive westlicher Unterdrücker dargestellt. Gerade für «Schüler/-innen of Color und schwarze Schüler/-innen» könnten rassistische Bilder und Darstellungen Einfluss auf die psychische und körperliche Gesundheit haben, kommt die Untersuchung zum Schluss. Der Bericht fordert unter anderem eine vollständige Überarbeitung der diskriminierenden Schulbuchinhalte und diskriminierungskritischen Schulungen für Lehrpersonen.

Strenger Prozess
Die Kritik zielt damit auch auf den Lehrmittelverlag Zürich, der einige der untersuchten Lehrmittel herausbringt. «Die unterschiedlichen Menschen in unserer Gesellschaft sollen sich diskriminierungsfrei in den Lehrmitteln wiederfinden», bekräftigt Verlagsleiter Beat Schaller. Was als diskriminierend empfunden werde, ändere sich im Lauf der Zeit. «Deshalb finden sich in älteren Lehrmitteln Inhalte, die heute als diskriminierend empfunden werden. Unsere neuen Lehrmittel jedoch, entwickelt gemäss dem Lehrplan 21, sind nicht diskriminierend», stellt Beat Schaller klar.

Die Lehrmittel würden einen strengen Entwicklungsprozess durchlaufen, an dem neben internen Projektleitern diverse externe Expertinnen – Personen aus der Unterrichtspraxis, aus der Fachdidaktik sowie Fachexperten – beteiligt seien. Die grundlegenden Qualitätsansprüche des Kantons halten fest, dass ein Lehrmittel keine diskriminierenden Aussagen unter anderem bezüglich der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder bezüglich einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung machen darf.

Gerade das in der Analyse erwähnte Lehrmittel «Durch Geschichte zur Gegenwart» (1. Auflage 1988) sei überdies nicht mehr aktuell. «Dieses Lehrmittel ist zwar noch erhältlich, es wurde aber bereits 2017 durch unser neues Lehrmittel ‹Gesellschaften im Wandel› ersetzt», so Beat Schaller. «Letzteres beleuchtet die Themen Rassismus und Menschenrechte sowohl historisch als auch politisch vielfältig und regt zur Auseinandersetzung dazu an – auch aktuelle Debatten wie jene zu Denkmälern sind bereits enthalten.» Das neue, Lehrplan-21-kompatible Lehrwerk «Deutsch» vom Kindergarten bis zur 3. Sekundarklasse erscheine ab dem Schuljahr 2022/23.

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