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Videogames sollen bei Kindern unter anderem Teamfähigkeit, Konzentration oder Problemlösungsstrategien fördern. Bild: Unsplash/Tyler Lagalo

Lernen mit Super Mario

Von: Jan Strobel

09. April 2024

Ein Projekt an einer Tagesschule in Zürich-Wiedikon möchte Videogames als Unterrichtsinstrument einsetzen. Eine Mutter zeigt sich irritiert. 

Als «Tagblatt»-Leserin und Mutter Marisa T. kürzlich eine E-Mail des Betreuungsteams der städtischen Tagesschule Aegerten in Zürich-Wiedikon las, stellte sich bei ihr Ungläubigkeit und Irritation ein. Angekündigt wurde darin das «Projekt Mittelstufenraum», welches den Schülerinnen und Schülern bis 13 Jahren einen «altersentsprechenden Rück­zugsort» bieten soll – ausgestattet unter anderem mit einer Nintendo-­Switch-Spielkonsole für Videogames. Gamen an der Schule? Für Marisa T., die für diesen Artikel anonym bleiben möchte, ist das höchst problematisch. «Computergames gehören nicht in den Schul- bzw. Betreuungsalltag der Kinder», sagt sie. Besonders stossend findet es die Mutter, dass zwar immer wieder die Computerspiel-Sucht bei Kindern auch von Eltern in der Erziehung thematisiert werde, andererseits nun im Hort Computergames zum Einsatz kommen sollen. Damit untergrabe die Schule die Bemühungen von Eltern, die Kinder zu Hause zu sensibilisieren.

Für die Projektverantwortlichen indessen bringt Gaming im Hort-Alltag mehrere Chancen mit sich. Unter anderem biete es Anknüpfungspunkte an die digitale Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen und fördere das gemeinsame Spielen mit anderen Gleichaltrigen. Überdies soll Gaming die Medienkompetenz und den sinnvollen Umgang mit digitalen Medien fördern. Das Spielen von Games könne sich positiv auf die Lernfähigkeit von Kindern auswirken. «Vor und nach dem gemeinsamen Spielen im Hort können Gespräche über Themen entstehen, die die Heranwachsenden beschäftigen», heisst es im Informationsblatt zum Projekt. Auch dadurch werde niederschwellige Beziehungsarbeit im Jugendraum möglich.

Als Spiele, die für das Projekt Mittelstufenraum in Frage kommen, werden zum Beispiel das Bewegungs- und Rhythmik-Game «Just Dance», die Fussballsimulation «Fifa», das Singspiel «Let’s Sing», das Autorenn-Game «Mario Kart 8 Deluxe» oder das Abenteuer- und Entdecker-Spiel «Minecraft» aufgelistet. Begleitet werden sollen die Kinder stets von einer im Raum anwesenden pädagogischen Fachkraft. Sie soll das Spielverhalten beobachten und auf aufkommende Konflikte oder auch Realitätsverschiebungen reagieren.

Ein «innovativer Ansatz»
Das Schulamt steht dem Projekt an der Tagesschule Aegerten positiv gegenüber. «Wir unterstützen innovative Ansätze zur Bildung, einschliesslich der Integration von Computergames, die pädagogisch wertvoll sind», sagt Hayal Oezkan vom Schulamt. Das Projekt «Gaming im Hort-Mittelstufenraum» in der Tagesschule Aegerten reflektiere diese Haltung. Solche Initiativen seien Teil des Bestrebens, Unterricht und Betreuung im Sinne eines «Lebensraums Schule» zu integrieren. Auch das Schulamt erachtet Computergames als «sinnvolle, ergänzende Unterrichtsinstrumente, sofern sie gezielt und verantwortungsbewusst eingesetzt werden». Im Zürcher Lehrplan sei überdies das Fach Medien und Informatik verankert, das unter anderem den kritischen Umgang mit Medien fördern soll.

«Computergames können, richtig angewendet, zur Förderung von Medienkompetenz sowie zur Verbesserung von Lernfähigkeiten beitragen», unterstreicht Hayal Oezkan. «Um die Sorgen von Eltern aufzugreifen, setzen wir auf Transparenz und Dialog. Es wird klargestellt, dass die ausgewählten Spiele sorgfältig unter pädagogischen Gesichtspunkten gewählt werden.» Zudem würden Eltern über die Ziele des Projekts, die Auswahlkriterien der Spiele und die begleitenden Massnahmen zur Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs informiert, so das Schulamt. Ziel sei es, den Kindern «einen reflektierten und sinnvollen Umgang mit digitalen Medien zu vermitteln und gleichzeitig die Bedenken der Eltern ernst zu nehmen».
 

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