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Des einen Freud, des anderen Leid: das neue Rufbus-Angebot «Pikmi» der VBZ: Bild: VBZ

Neues Rufbus-Angebot bringt Taxifahrer in Aufruhr

Von: Sacha Beuth

17. November 2020

Mit dem frischlancierten Pilotprojekt «Pikmi» wollen die VBZ zusammen mit «Mobility» und «Via Van» nun auch für Passagier-Feinverteilung in der Stadt sorgen. Diese sogenannte «letzte Meile» war bisher den Taxidiensten vorbehalten. Entsprechend erzürnt und besorgt sind darum Letztere wegen des neuen Rufbus-Angebots.

Das ÖV-Netz Zürichs braucht weder national noch international Vergleiche zu scheuen. Aber selbst auf hohem Niveau kann die Qualität immer verbessert werden, namentlich in Bezug auf Flexibilität und Feinverteilung im Quartier. Aus diesem Grund haben die Verkehrsbetriebe Zürich VBZ nun zusammen mit «Mobility» als Fahrzeuglieferant und «ViaVan» als App-Entwickler das Projekt «Pikmi» lanciert. Hierbei handelt es sich um ein digitales Rufbus-Angebot, das vorerst auf 18 Monate und die Quartiere Altstetten und Albisrieden beschränkt ist. Der Kunde kann mittels App abends einen Kleinbus mit maximal fünf Sitzplätzen bestellen, der ihn an einen bestimmten Haltepunkt (der nicht einer offiziellen VBZ-Haltestelle entsprechen muss) im Testgebiet bringen soll. Die Fahrten werden vom System gebündelt und durch Mitarbeitende der VBZ ausgeführt. Ziel ist laut VBZ, mit möglichst wenigen Fahrzeugen möglichst viele Personen an ihr Ziel zu bringen. Die neue «On Demand»-Lösung ist vollständig in den ÖV-Zonentarif integriert, das heisst, wer im Besitz eines gültigen Tickets/Abos ist, braucht nichts zusätzlich zu bezahlen.

Ungleich lange Spiesse

Was aus Konsumentensicht überaus erfreulich klingt, ist für das Taxigewerbe ein schwerer Schlag. «Zwar begrüssen auch wir die Idee einer unkomplizierten und systematischen Bedienung der letzten Meile, also von den grossen ÖV-Haltestellen bis nahe oder gar direkt zum Wohnhaus des Kunden. Aber so, wie das jetzt umgesetzt wird, ist das eine Katastrophe und für uns existenzbedrohend. Wir verlieren auf diese Weise 30 bis 40 Prozent des Umsatzes», betont George Botonakis, Präsident des Taxiverbandes Zürich. Schon zuvor hätte der Eintritt von Uber in den Markt dazu geführt, dass viele Taxifahrten kaum mehr profitabel ausgeführt werden können. «Und jetzt greift auch noch die VBZ ein. Nichts gegen Konkurrenz, aber dann braucht es gleich lange Spiesse. Es kann nicht sein, dass wir gegen jemanden antreten müssen, der sich und seine Projekte durch Steuergelder mitfinanzieren lässt, während wir rein privatwirtschaftlich agieren müssen», so Botonakis. Dementsprechend verunsichert und erzürnt seien viele Taxibetreiber.

Zudem stört den Verbandspräsidenten, dass man nicht einmal als Partner für die Fahrdienste angefragt worden sei. Obwohl die Taxikommission, die aus Branchenvertretern besteht und zur Begleitgruppe des Pikmi-Projekts gehört, bei einer Orientierung gebeten hätte, genau dies zu prüfen. «Wir wurden einfach vor vollendete Tatsachen gestellt.»

Tobias Wälti, Mediensprecher der VBZ, schreibt dazu: «Die VBZ haben sich bei der Analyse entschieden, für das Pilotprojekt auf eigenes Betriebspersonal zu setzen. Der Kontakt mit der Taxikommission ist weiterhin über die Begleitgruppe sichergestellt, um zukünftige Möglichkeiten einer Partnerschaft diskutieren zu können.» Und zum Vorwurf der Projektfinanzierung mittels öffentlicher Gelder antwortet Wälti: «Das Projekt wird aus den zweckgebundenen Reserven der VBZ finanziert. Ausserdem hat der Zürcher Gemeinderat die Kosten für den befristeten Projektbetrieb in Höhe von 2,98 Millionen Franken bewilligt.» Diese Summe würde vollumfänglich nur im teuersten Fall benötigt, also wenn ein durchgehender Betrieb mit 5 resp. 7 Fahrzeugen erforderlich werde, und es entstünden auch keine Folgekosten.

Botonakis hält die Erklärungen und Begründungen für unzureichend. «Wenn ich den Stundenlohn eines Taxifahrers mit dem eines VBZ-Fahrers vergleiche, dann hätten wir den Fahrdienst für das Pikmi-Angebot sicher zu den gleichen Kosten, wahrscheinlich aber deutlich günstiger anbieten können. Ausserdem kennen sich unsere Leute in den Quartieren tendenziell eher besser aus als die VBZ-Mitarbeitenden. Die Dienstleistung käme somit nicht nur kostengünstiger, sondern würde auch an Qualität gewinnen.» Einfach kampflos räumen wollen Botonakis und die Taxibetreiber das Feld jedenfalls nicht. «Wir lassen gerade über Anwälte abklären, ob das Projekt überhaupt gesetzeskonform ist. Wir haben da nämlich starke Zweifel.» So würde den Mobility-Fahrzeugen beispielsweise Fahrtenschreiber fehlen. «Vor allem aber sieht das Gesetz vor, dass zur gewerblichen Beförderung von ein bis neun Personen das Taxi vorgesehen ist.»

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

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