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Sechseläuten-Chef Markus Notter in der Zunfstube der Zunft zur Letzi im Restaurant Turm.

"Organisation ist ein Privileg"

Von: Ginger Hebel

02. April 2019

Traditionsanlass: Markus Notter (54) ist seit bald vier Jahren Präsident des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs. Er führt ein IT-Unternehmen, ist Friedensrichter und ein waschechter Zünfter.

Das Sechseläuten geht neue Wege. Es hat erstmals in seiner Geschichte einen ausländischen Gast – und zwar das elsässische Strassburg. Weshalb?

Markus Notter: Seit 1991, anlässlich der 700-Jahr-Feierlichkeiten zur Gründung der Eidgenossenschaft, war jeweils ein Schweizer Kanton ans Sechseläuten eingeladen worden. Bis auf Appenzell Ausserrhoden, Jura und Neuenburg waren schon alle mit dabei, einige sogar mehrmals. Die Zunftmeisterversammlung hat entschieden, als Ergänzung zu den Kantonen künftig auch historische Bündnisstädte von Zürich ans Fest einzuladen. Strassburg und Zürich haben mit der Hirsebreifahrt zudem eine weitere historische Beziehung.

Sie sind Chef des Sechseläutens. Welche Themen beschäftigen Sie?

Einen Grossanlass mitten in Zürich organisieren zu dürfen, ist ein Privileg. Damit verbunden sind natürlich städtische Auflagen. Gerade Sicherheitsaspekte werden heute viel breiter und intensiver diskutiert. Dazu arbeiten wir eng mit der Stadtpolizei zusammen und haben viele Sicherheitssitzungen, um gut vorbereitet zu sein. Eine weitere Herausforderung ist unsere Gaststadt Strassburg.

Weshalb?

Das Sechseläuten ist auch ein gastronomischer Anlass. Auf dem Lindenhof werden jeweils die Spezialitäten aus den Gastkantonen präsentiert, um kulinarische Vielfalt zu zeigen. Da wir jetzt einen ausländischen Gast haben, sind wir mit komplizierten Zollformalitäten konfrontiert. Es ist schwierig, Waren ein- und auszuführen. Ob elsässische Brauereien kommen werden, ist daher fraglich.

Was bedeutet Ihnen der Anlass?

Ich bin ein gebürtiger Altstetter. Mein Grossvater besass einen Dachdeckerbetrieb und war Gründungsmitglied der Zunft zur Letzi, die 1934 nach der Eingemeindung Alt­stettens und Albisriedens entstanden ist. Auch mein Vater ist in der Zunft und hat mich als kleinen Jungen immer mitgenommen. Meine drei Kinder sind an jedem Umzug mit dabei. Wir haben sie schon mit dem Leiterwagen mitgezogen. Heute sind wir drei Generationen Notter in der Zunft. Mit meinem Vater und meinem Sohn im selben Verein zu sein, das ist schon etwas Besonderes.

Inwiefern hat sich das zürcherische Zunftleben verändert?

Ich wurde 1988 in die Zunft zur Letzi aufgenommen. Nicht erst seit heute erlebe ich eine generationsübergreifende Offenheit. Natürlich, die Weitergabe traditioneller, bürgerlicher Werte wird angestrebt, aber die Jungen und ihre Ansichten haben an Bedeutung gewonnen. In Zunftkreisen findet der gegenseitige Austausch statt, man hört sich zu und lässt andere Meinungen gelten. Das ist eine gute Entwicklung.

Wie wird man Zünfter?

In Zürich existieren 25 Zünfte und 2 Gesellschaften, jede hat ihre eigenen Aufnahmekriterien. Meistens erfolgt der Eintritt über die Familie, immer häufiger erleben wir aber auch eine Auffrischung von aussen. Jemand wird beispielsweise als Gast ans Sechseläuten eingeladen und baut dadurch einen Bezug auf. In der Zunft zur Letzi zählt die Verbundenheit zum Quartier. Wer hier lebt oder arbeitet, hat eine grössere Chance, aufgenommen zu werden. Wir präsentieren uns am Sechseläuten als Bauern und Reisläufer, da Altstetten und Albisrieden als einstige Bauernquartiere landwirtschaftlich geprägt waren.

Auf welchen Ehrengast freuen Sie sich besonders?

Ehrengäste sind die Hoheit der Zünfte. Das Sechseläuten erfreut sich an einem starken Zulauf von prominenten Persönlichkeiten aus Politik, Militär, Sport, Showbiz und Wirtschaft, das macht mich stolz. Dieses Jahr dürfen wir Strassburgs Oberbürgermeister Roland Ries begrüssen. Es ist toll, dass er persönlich anwesend sein wird.

2015 verstarb im Zug der Zünfte ein Reitpferd. Für die reitenden Zünfter gilt seither wegen erhöhter Unfallangst eine Alkoholobergrenze von 0,5 Promille.

Diese Regel wurde nicht neu eingeführt. Der Sechseläuten-Umzug findet auf der Strasse statt, wir sind somit dem Strassenverkehrsgesetz unterstellt und halten uns strikt an die geltenden Gesetze. Das Pferd verstarb damals an einem natürlichen Herzversagen.

Was erwarten Sie vom diesjährigen Züri-Sommer?

Nach dem letztjährigen Supersommer bin ich etwas demütig. Ich hoffe auf schöne Wochen während der Sommerferien, aber ich nehme es, wie es kommt. Ich liebe das europäische Wetter, das alles bietet, auch mal ein Gewitter.

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