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«Teurer Moscht». Seit Beginn des Ukraine-Krieges sind die Treibstoffpreise wie hier an einer Tankstelle nahe des Bahnhofs Tiefenbrunnen massiv gestiegen. Bild: SB

Preisanstieg bei Benzin und Brot, Knappheit bei Gas

Von: Sacha Beuth

15. März 2022

Der Krieg in der Ukraine beeinflusst auch die ökonomische Entwicklung in Zürich und im Rest der Schweiz direkt und indirekt. Viele Artikel des täglichen Bedarfs werden teurer, einige könnten laut Alexander Rathke, Experte der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF), sogar knapp werden.

Aussendienstmitarbeiter, selbständige Lieferanten, Zeitungsverträger und andere Personen, die für die Ausübung ihres Jobs aufs Auto angewiesen sind, machen derzeit wegen des Krieges in der Ukraine finanziell eine schwere Zeit durch. Grund: Seit Beginn des Konflikts sind die Treibstoffpreise um bis zu 20 Prozent gestiegen. 2.20, 2.30 oder gar 2.40 Franken kostet an den Tankstellen in und um Zürich inzwischen ein Liter Benzin. Je nachdem, wie sich die Situation in der Ukraine entwickelt, halten Experten sogar einen Preis von 3 Franken für möglich.

Auch Erdgas, das vorab in Liegenschaften zum Heizen zum Einsatz kommt, hat sich massiv verteuert. Laut Alexander Rathke von der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich KOF stammen 21,6 Prozent des Energieverbrauchs der Schweizer Haushalte von Erdgas. Davon wiederum kommt rund ein Drittel aus Russland. «Die Schweiz ist zwar insgesamt weniger abhängig von russischem Öl und Gas als das übrige Europa. Bei einem kurzfristigen Ausfall oder Aussetzen der Versorgung aus Russland könnte alternativ vermehrt Gas aus den USA oder Norwegen bezogen werden. Die Schweiz könnte zudem ihre strategischen Reserven auflösen oder / und man lockert die Sanktionen gegen den Iran oder Venezuela», beruhigt Rathke, fügt dann aber warnend hinzu: «Bleibt die Zufuhr jedoch langfristig aus, wird es zu Knappheiten kommen.» Mit beträchtlichen Folgeschäden. Laut Berechnungen der KOF ginge bei einem Importstopp von russischem Erdöl und Erdgas das Bruttoinlandprodukt der Schweiz – verteilt über zwei Jahre – um drei bis vier Prozentpunkte zurück. Eine Rezession könnte dann nur knapp dank des Aufschwungs im Nachgang der Covid-Krise vermieden werden.

Lieferverzögerung wegen Produktionsunterbrechung

Öl und Gas sind nicht die einzigen russischen beziehungsweise ukrainischen Rohstoffe, deren Preis und Liefermenge einen direkten Einfluss auf die Schweizer Wirtschaft haben. Weizen zählt ebenfalls dazu. «Die Ukraine und Russland gehören zu den grössten Weizenproduzenten der Welt. Wenn dort die Ernte ausbleibt, wird Weizen beziehungsweise die daraus hergestellten Produkte sicher teurer», so Rathke. Schon jetzt gab es in der Schweiz bei Brot und Teigwaren kleinere Preisanpassungen nach oben. Einen stärkeren Teuerungsschub verzeichnet die metallverarbeitende Industrie. Die Preise für eine Tonne Aluminium sind innert einer Woche von 2600 auf 3800 Dollar gestiegen. Und in Deutschland kam es wegen des Ukraine-Krieges laut Rathke zu Unterbrechungen in der Automobilproduktion, was vermehrt zu Preisdruck und Lieferverzögerungen bei den Autos führen wird.

Sind die direkten Einflüsse des Ukraine-Krieges für die Schweizer Wirtschaft noch kein, so könnten sich die indirekten zu einem grösseren Problem entwickeln. Rathke: «Vieles hängt davon ab, inwieweit die Weltwirtschaft und insbesondere Europa unter der erhöhten politischen Unsicherheit und den höheren Weltmarktpreisen für nicht erneuerbare Energieträger leiden werden.» Eine Rezession in der EU werde jedenfalls nicht an der Schweizer Grenze Halt machen.

Generell erwartet die KOF einen Teuerungsanstieg in der Schweiz. Wie stark dieser ausfallen wird, will das Institut am 23. März bekanntgeben. 

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