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Mädchen im Teenageralter machen sich häufig Sorgen über alle möglichen Themen. Der schulische Druck führt häufig zu Kopf- und Bauchschmerzen. Bild: Unsplash

Psychische Gesundheit als neues Schulfach

Von: Ginger Hebel

26. Januar 2021

Jugend: Depressive Verstimmungen treten häufig erstmals im Jugendalter auf. Die Stadt Zürich sieht Handlungsbedarf: In der 2. Sekundarklasse soll das Thema psychische Gesundheit Unterrichtsstoff werden. 

Die Jugendliche will nicht zur Schule. Sie ist müde, der Bauch tut weh, der Kopf schmerzt. Etwa 16 Prozent der 2. Sekundarschülerinnen und Schüler in der Stadt Zürich zeigen Hinweise auf eine Depression. «Depressive Tendenzen treten häufig zum ersten Mal im Jugendalter auf. Sie werden aber oft nicht als solche erkannt und auch nicht behandelt, weil es gerade in der Pubertät viele emotionale Hochs und Tiefs gibt», sagt Claude Hunold, Direktor der Zürcher Schulgesundheitsdienste.

Die Stadt Zürich möchte, dass Depressionen bei Jugendlichen früh erkannt werden, und lanciert ab diesem Sommer für alle Sekundarschulen das Programm Heb Sorg! «Durch rechtzeitige Beratungen und Hilfestellungen können Depressionen deutlich gemildert und chronische Verläufe verhindert werden», ist Claude Hunold überzeugt.

Mehr Mädchen betroffen

Die Befragungen der Schulgesundheitsdienste zeigen: Es sind mehr Mädchen, die bereits im jungen Alter unter depressiven Verstimmungen leiden. Sie machen sich häufig mehr Sorgen über alle möglichen Themen als Jungs. Auch sind sie weniger oft sehr zufrieden mit ihrem Leben und mit sich selbst. «Wir wollen bewirken, dass Schulen, aber auch das soziale Umfeld, sprich die Eltern, Hinweise auf eine psychische Erkrankung erkennen und wissen, wie sie reagieren können», so Hunold. Das Programm umfasst regelmässig stattfindende Weiterbildungen für Lehrpersonen und Schulleitungen, Elternabende, Lektionen für alle 2. Sekundarklassen sowie Erste-Hilfe-Kurse zu psychischer Gesundheit für Schulsozialarbeitende. Mehrere städtische Fachdienste arbeiten hierfür zusammen. Für Stadtrat Filippo Leutenegger zeigt sich beim Thema ein deutlicher Handlungsbedarf. «Jugendliche suchen in der Pubertät Autonomie und Unabhängigkeit, benötigen in schwierigen Phasen manchmal aber auch Unterstützung. Mit dem Programm können wir die Jugendlichen stärken und die Schulen entlasten.»

Zu dick, zu dünn

Vielen Jugendlichen ist es wichtig, wie sie aussehen und wie sie von den anderen wahrgenommen werden. Sie wollen dazugehören. Mehr als die Hälfte der Zürcher Teenager betrachtet ihr Aussehen kritisch. 49 Prozent der Mädchen möchten abnehmen, 51 Prozent der Jungen glauben, dass ihnen mehr Muskeln auch mehr Selbstsicherheit bringen würde. «Extrovertierte Jugendliche können ihre Schoggi-Seiten präsentieren und Stärke zeigen. Jugendliche, die eher auf sich bezogen sind und sich sozial stärker isolieren, haben es häufig schwieriger», erklärt Hunold. Die Schulgesundheitsdienste lancierten nach der letzten Befragung ein Schwerpunktprogramm zur Förderung eines positiven Körperbilds.

Laut Direktor stehe auch die Schule in der Pflicht, ein gesundes Selbstbewusstsein zu fördern. Indem man zurückhaltende Kinder ermutige, sich aktiv am Unterricht zu beteiligen und ihre Meinung zu äussern, oder sie im Sportunterricht unterstütze. «Das stärkt das Selbstwertgefühl.» In den letzten Jahren haben sämtliche Schmerzformen bei Jugendlichen zugenommen. Viele klagen regelmässig über Bauch- und Kopfschmerzen, oftmals ausgelöst durch psychische Belastungen wie Stress, schulischen Druck und Prüfungsangst. «Auch Mobbing ist ein Thema, das oft verborgen bleibt», sagt Hunold. Ungefähr jeder achte Schüler bezeichnet sich als Aussenseiter oder fühlt sich frustriert oder fehl am Platz.

Rund zehn Prozent äussern Gefühle von Einsamkeit. Aber auch gesunde Jugendliche haben mal den berüchtigten Montagskoller oder schlicht keinen Bock auf Schule. «Negative und bedrückte Gefühle gehören zum Erwachsenwerden dazu», sagt Hunold. Doch wenn ein Kind über längere Zeit kein Interesse und keine Freude zeigt, unter Konzentrationsschwierigkeiten leidet oder keinen Appetit mehr hat, sei eine Abklärung sinnvoll. Es ist geplant, dass 20 bis 30 Fachpersonen aus der Schulpsychologie das Thema Depression und psychische Gesundheit aufgreifen werden. «In der Unterrichtslektion muss niemand seine Gefühle an die grosse Glocke hängen. Es geht uns darum, zu sensibilisieren und Informationen weiterzugeben.»

Was ist Ihre Meinung zum Thema? echo@tagblattzuerich.ch

 

 

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