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Schonfrist für Besetzer
Von: Christian Saggese
Das besetzte Juch-Areal hätte am Freitag geräumt werden sollen. Nach Protesten und einer neuen Lagebeurteilung gewährte der Stadtrat eine Fristverlängerung.
Die ehemalige Asylunterkunft auf dem Juch-Areal in Altstetten ist letzten Oktober von Hausbesetzern eingenommen worden. Der Stadtrat tolerierte dieses Vorgehen, aufgrund seiner Grundlagen über die städtische Hausbesetzerpolitik. Letzte Woche nun hätte das Gelände geräumt werden sollen. Grund: Abbruch- und Aufräumarbeiten, um das Areal Ende Mai dem neuen Mieter zu übergeben. «Dieses Datum wurde bereits vor der Coronazeit festgelegt», erklärt Stadtrat Raphael Golta. Die Besetzer erhielten am 20. April vom Sozialdepartement die Aufforderung, das Gelände bis am 24. April um Mitternacht zu verlassen. Doch es kam anders.
Die Besetzer des Juch-Areals wehrten sich gegen diese Verfügung, veröffentlichten online die Aufforderung der Stadt und kritisierten in erster Linie, dass es unverantwortlich sei, während der Coronakrise Menschen «so kurzfristig auf die Strasse zu stellen, obwohl es immer heisst, man solle zu Hause bleiben». Weiter wird in einem Schreiben der Hausbesetzer bemängelt, dass nie öffentlich kommuniziert wurde, wofür das Juch-Areal künftig verwendet werde, «wodurch sich unweigerlich die Frage stellt, ob ein Abriss auf Vorrat vorgenommen wird». Support erhielten die Hausbesetzer von der SP, der AL und den Grünen, die öffentlich ihre Solidarität bekundeten. Zudem wurde von Unbekannten im Internet zu einer «Telefon-Demo» aufgerufen, um gegen das städtische Vorgehen zu protestieren. Im Rahmen dieses Aufrufs wurden auch die Handynummern von Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart und Sozialvorsteher Raphael Golta öffentlich gemacht.
Am letzten Freitag folgte dann seitens Sozialdepartement die Kehrtwende. Die Frist, das Areal zu verlassen, wurde bis Freitag, 22. Mai, verlängert. «Rechtlich lief alles korrekt ab. Auch kurzfristige Räumungen sind nichts Ungewöhnliches», bekräftigt Raphael Golta. Da es auf Teilen des Juch-Areals zu Bodensenkungen gekommen sei, seien aufwendige Sanierungsmassnahmen vor der Übergabe an den neuen Mieter dringend nötig. Trotzdem wurde die Lage neu beurteilt. «Ein Augenschein von uns vor Ort hat ergeben, dass sich mehr Personen auf dem Areal befinden, als wir ursprünglich angenommen hatten.» Und mit den aktuellen coronabedingten Einschränkungen und Verhaltensregeln «konnten wir einen fristgerechten Auszug aller Bewohnenden nicht sicherstellen». Durch die Fristverlängerung könnten die Besetzer nun gestaffelt ausziehen, so die Hoffnung von Raphael Golta. Seitens Sozialdepartement wurde auch angeboten, den Besetzern bei einer Nachfolgelösung zu helfen. «Doch dieses Angebot wurde von den Besetzenden nicht angenommen», weiss der SP-Stadtrat.
Der neue Entscheid der Fristerstreckung habe nichts mit dem öffentlichen Druck zu tun. Die Fakten seien ganz einfach sorgfältig abgewägt worden, betont Raphael Golta. Aufgrund der Telefon-Demo habe er tatsächlich einige Anrufe erhalten, «doch es war im verkraftbaren Ausmass».
FDP kritisiert Stadtrat
Während sich die rot-grünen Parteien über die Fristerstreckung der Stadt freuen, kritisiert die FDP, die bereits letzten November die Räumung forderte, das Vorgehen. «Wir sind überzeugt, dass sich dort kaum Leute aufhalten», so die Partei in einer Medienmitteilung. Und dass die wenigen Bewohnenden keine andere Bleibe finden würden, könne niemand ernsthaft glauben. «Als Alternative bliebe schliesslich auch noch das riesige, seit 2013 mit stadträtlichem Segen besetzte Koch-Areal, ebenfalls in Altstetten.»
Was aber ist auf dem Areal geplant? Laut städtischer Medienmitteilung ist das Grundstück für 2,5 Jahre von der HRS Real Estate AG gemietet worden. Diese ist für den Bau der neuen Eishockeyarena auf dem benachbarten Grundstück zuständig und benötigt das Juch-Areal für Bauplatzinstallationen.
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